Ich kann nicht mehr lesen. Ist das ernst, Doktor?

Der Sommer neigt sich bereits dem Ende zu und es ist an der Zeit, – nicht ohne eine gewisse Frustration – den Stapel Romane einzupacken, der meinen langen Aufenthalt in Türkiye begleiten sollte.

Es ist schon eine Weile her, dass ich zum Vergnügen lesen konnte. Ich hoffte, in diesem Urlaub endlich Abhilfe zu schaffen, mit keiner anderen Ablenkung als der Sonne und dem Meer, aber am Ende des Sommers hatte ich fast nichts mehr gelesen. Es lag jedoch nicht daran, dass ich die mitgebrachten Bücher nicht aufgeschlagen hatte, sondern ich legte sie immer wieder schnell zur Seite, um meine Kopfhörer aufzusetzen oder mich stundenlang in der Betrachtung der Wellen zu verlieren – ohne jemals Langeweile aufkommen zu lassen.

„Was wäre, wenn ich nicht mehr richtig lesen könnte?“ flüsterte eine kleine Stimme in meinem Kopf. Die Idee schien lächerlich. Ich liebe das Lesen, sonst hätte ich nicht Literatur studiert und es würde mir heute nicht so viel Spaß machen, Artikel zu diesem Thema zu schreiben. Meine Willenskraft wird nie so stark auf die Probe gestellt wie in einer Buchhandlung, und nichts bereitet mir so viel Freude oder fast so viel, wie mit einem neuen Buch unter dem Arm an der Kasse anzukommen.

Ich kann nicht genau sagen, warum mich diese Unfähigkeit, lesen zu können, so sehr stört. Vielleicht, weil ich mich immer für einen begeisterten Leser gehalten habe.