In Genf: Musik am Rande des Lebens

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In Genf: Musik am Rande des Lebens
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Mit Patricia Bosshard, Musik am Rande des Lebens

Mit „Entre deux eaux“, einem neuen Stück, das in Genf entsteht, beschäftigt sich der Komponist mit der Erfahrung des nahenden Todes. Interview während der Abschlussproben.

Veröffentlicht heute um 19:32 Uhr

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Alles, was mit der Nahtoderfahrung zu tun hat, löst bei flüchtiger Betrachtung meist Angstreaktionen aus, die dazu führen, dass diese einschüchternde Frage verdrängt oder ganz verdrängt wird. Der Komponist und Geiger Patricia BosshardSie hat es zu einem reichhaltigen Erkundungsgebiet gemacht, in dem sie faszinierende Werke verankert hat. Vor ein paar Jahren präsentierte sie der Öffentlichkeit „Entre-temps“, die erste Etappe einer Klanguntersuchung, die bereits am Rande des Lebens lagerte. Eine zweite steht nun den Musikliebhabern in der Hochburg von zur Verfügung Rückschüsseim 6 Toits, in Begleitung des Ensembles für zeitgenössische Musik und einer weiteren Formation, Babelbesonders wohl auf dem Gebiet der Improvisation. „Entre deux eaux“, der Titel des vorgeschlagenen Stücks, ist somit die Fortsetzung einer Reise mit Zwischenstopps in Genf und dann in Lausanne.

Im Herzen des Klangs

Am Vorabend dieser Premiere empfängt Patricia Bosshard ein paar Schritte vom Konzertsaal entfernt, unter einer schüchternen Sonne, während die letzten Proben im Gange sind. Ihr klarer und friedlicher Blick, ihre ruhige Stimme und die Stille, die sie hier und da einlegt, bevor sie Fragen beantwortet, scheinen ihre Leichtigkeit widerzuspiegeln, ihre Gelassenheit angesichts eines Themas, nämlich des Todes, das mehr als einem Angst machen kann. Diese Natürlichkeit kommt von weit her: „Ich lese seit langem Werke von Autoren, die Nahtoderfahrungen gemacht und davon erzählt haben. Ich habe auch Dokumentarfilme gesehen und obwohl ich nicht direkt mit dieser Art von Episode konfrontiert worden bin, fühle ich eine Vertrautheit mit all dem, als hätte ich es erlebt. Auf jeden Fall habe ich kein Problem damit, in dieses Feld einzutauchen, um beim Schreiben Inspiration daraus zu schöpfen.“

Man könnte sich fragen, mit welchem ​​Verfahren es gelingt, Ereignisse, die immateriell und extrem persönlich sind, in eine Partitur zu übertragen. Der Workshop des Komponisten offenbart Methoden, die sowohl einfach als auch ausgefeilt sind. „Alles beginnt mit meinem Instrument, der Geige, mit meinen Improvisationen. Von Anfang an achte ich darauf, was in den Klängen steckt, die ich produziere, auf ihre Texturen, ihre physischen Eigenschaften. Auf diese Weise, durch diese Recherche, wird die Basis geschaffen. Später traf ich die Musiker einzeln und sprach mit ihnen über mein Projekt. Dann nahmen wir mit jedem von ihnen Passagen auf. Und mit diesen Spuren begann ich, die Strukturen zu arrangieren, Montagen zu erstellen, bis ich das Puzzle vervollständigte.“

Hier wie auch anderswo in Patricia Bosshards Werk stehen die geschriebenen Teile neben Räumen, die der Improvisation überlassen sind. Die von den Partituren eingerahmten Passagen überfüllen nie jene, die dem freien Willen der Musiker überlassen sind. „Diese Freiheit wird vor allem in der Zeitlichkeit ausgeübt, in der Länge dieser oder jener Passage.“ Um das Werk zu verkörpern, hat sich die Komponistin ein artikuliertes Gerät ausgedacht. Zunächst ein Streichquartett von Contrechamps, dessen verstärkte Klänge von vier Verstärkern im Raum verteilt werden. Dann das Quintett des Ensemble Babel mit seiner elektrischen Gitarre, seiner Flöte, seinem Kontrabass, seinem Schlagzeug und seinem Saxophon.

Untypische Reise

Zwei Instrumentalwelten, eine eher klassisch, die andere anderen musikalischen Kapellen zugewandt, entwickeln sich so harmonisch weiter und veranschaulichen die Phasen, die die Nahtoderfahrung charakterisieren. „All dies nährt sich auch von dem, was mich zu Hause, im Joux-Tal, umgibt. Die Natur, die Berge begleiten mein Schreiben. Ich finde es beunruhigend, dass diese ganze weite Welt, alle Reflexionen, die sie in mir hervorruft, auf nur wenige Seiten reduziert und beschränkt sind. Es wird also an den Musikern liegen, alles wieder zu öffnen und dem, was ich mir vorgestellt habe, Raum zu geben.“

Die Werke von Patricia Bosshard – und „Entre deux eaux“ ist da keine Ausnahme – bewahren eine seit langem gepflegte Freiheit in Ton und Stil. Die Romandie, die seit ihrem 4. Lebensjahr Geigerin ist und als Tochter und Enkelin von Musikern lebt, wich schon sehr früh vom erwarteten Lehrplan ab. Auf ihrem Lehrplan standen keine langen Jahre am Konservatorium, sondern Streifzüge in den Rock – eine Leidenschaft der Teenager –, in den Jazz, in die Improvisation und vor allem in die Welt der Komposition und Elektroakustik. Und gerade in diesem letzten Bereich entwickelte sie eine Leidenschaft für den Klang, die sie nie mehr losgelassen hat.

Seine Handschrift ist in der Konzertreihe in Genf und Lausanne zu entdecken. Andere Züge werden wir noch am 12. Oktober entdecken können, wenn dieLeeres Set wird ihn im Arcoop-Gebäude begrüßen. Dort wird die erste Folge seiner Gespräche mit dem Tod aufgeführt: „In der Zwischenzeit“.

„Entre deux eaux“, mit Contrechamps und dem Ensemble Babel, 6 Toits in Genf, 26. und 27. September um 19.30 Uhr; Espace Amaretto, 28. September um 20.30 Uhr und 29. September um 17.00 Uhr. Infos. www.contrechamps.ch

Rocco Zacheo ist seit 2013 in der Redaktion der Tribune de Genève tätig; er berichtet über klassische Musik und Oper und widmet sich gelegentlich literarischen Nachrichten und verschiedenen kulturellen Veranstaltungen. Zuvor arbeitete er neun Jahre lang für die Zeitung Le Temps und war Mitarbeiter von RTS La Première. Mehr Infos

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