Diese Kaffeetasse von Migrolino ist etwas ganz Besonderes

Diese Kaffeetasse von Migrolino ist etwas ganz Besonderes
Diese Kaffeetasse von Migrolino ist etwas ganz Besonderes
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Migrolino, die Migros-Tochtergesellschaft, verkauft ihre Heissgetränke neu in Take-Away-Bechern, die kein Plastik enthalten. Ein Ansatz, der viele Fragen aufwirft.

Benjamin Weinmann / ch media

In den letzten Tagen sei der Morgenkaffee bei Migrolino nachhaltiger geworden, so zumindest das Versprechen der Migros-Tochter. Ab sofort können Kaffeebecher mit dem Altpapier weggeworfen werden, heißt es in einem Artikel der internen Zeitung. Auf dem Becher befindet sich ein blattförmiges Logo mit der Aufschrift: „Compostable Paper Cup“, d.h. kompostierbarer Pappbecher.

Bisher hatten viele Kunden bei der Bestellung eines Kaffees zum Mitnehmen ein schlechtes Gewissen, insbesondere wenn sie die Tasse in den Hausmüll werfen, der verbrannt wird. In der Tat, Üblicherweise verwendete Becher sind mit einer Kunststoffschicht überzogenwodurch verhindert wird, dass der Karton bei Kontakt mit der Flüssigkeit porös wird und seine Wasserdichtigkeit erhalten bleibt.

Seit 2022 weist ein Logo, das eine sterbende Schildkröte darstellt, auf das Vorhandensein von Plastik hin, um zu verhindern, dass der Becher versehentlich mit altem Papier oder Pappe weggeworfen wird. Laut Branchenangaben schwankt der Kunststoffanteil zwischen 5 und 10 %. In jedem Fall sind die Auswirkungen auf die Umwelt erheblich: Laut dem gemeinnützigen Foodprint-Programm Jährlich werden rund 16 Milliarden Einwegbecher verwendet.

Die Deckel bestehen aus Bagasse

Hat Migrolino also gerade eine Revolution in der Welt ausgelöst? Dank innovativer Technologie sei es nun möglich, Becher aus chlorfreiem Papier herzustellen, erklärt Marco Fallico, Sprecher von Migrolino. Die Barrierefunktion übernimmt ein wasserbasierter Lack. Die Tassen werden in der Europäischen Union hergestellt.

So sehen die neuen, nachhaltigeren Kaffeebecher von Migrolino aus.

Auch die Bezüge wurden ausgetauscht. Sie werden mittlerweile zu 100 % aus Bagasse hergestellt, ein recyceltes Material aus Zuckerrohr. Laut Marco Fallico sind diese Deckel daher frei von per- und polyfluorierten Verbindungen, also schwer abbaubaren chemischen Substanzen, und daher kompostierbar. Mit dieser Umstellung spart Migrolino nach eigenen Angaben 14,2 Tonnen Polyethylen pro Jahr ein.

Dürfen die neuen Tassen also zu den Zeitungen zu Hause oder in die Papiertonne geworfen werden, auch wenn noch etwas Kaffee drin ist?

„Grundsätzlich können Kaffeebecher mit dem Altpapier entsorgt werden, sofern keine oder nur noch wenige Kaffeerückstände zurückbleiben.“

Marco Fallico, Sprecher von Migrolino

Die Recyclingbranche ist skeptisch

Wirklich ? Die Situation ist möglicherweise nicht so einfach. Rahel Ostgen, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei Swiss Recycle, dem Verband der Schweizer Recyclingorganisationen, versichert, dass sie sich zur Recyclingfähigkeit der Becher nicht abschließend äußern könne. Tatsächlich kennt sie die genaue Zusammensetzung der Migrolino-Becher nicht.

Ihrer Meinung nach können die meisten Papier- und Kartonverpackungen, die in direktem Kontakt mit Lebensmitteln stehen, nicht mit Altpapier oder Karton gesammelt werden, sondern müssen über den Hausmüll entsorgt und zur thermischen Verwertung in Verbrennungsanlagen gegeben werden.

Paul Fischer, Direktor des Vereins für Papier- und Kartonrecycling, der sich für den effizienten Einsatz dieser beiden Rohstoffe einsetzt, zeigt sich von der Migrolino-Initiative unbeeindruckt. Er erklärt:

„Dieser Becher bzw. das Material wurde meines Wissens bisher weder bei uns noch in Schweizer Fabriken getestet.“

Bis dies geschehen ist, wird er keine Stellungnahme abgeben können oder wollen. Er fügt hinzu: „Angesichts der großen Komplexität des Themas sollte der Dialog zwischen Handel, Verpackungsherstellern und Recyclingindustrie viel enger und intensiver sein als heute.“

Migrolino präzisiert seine Empfehlungen

Angesichts der Bedenken der Recyclingbranche bleibt Marco Fallico, Sprecher von Migrolino, bestehen: „Die Becher können in den Kompost oder in die Pappe geworfen werden.“ Beide Optionen wurden getestet und zertifiziert:

„Wir empfehlen jedoch, sie zusammen mit der Pappe wegzuwerfen, da es sich um eine Ressource handelt, die wiederverwendet werden kann.“

Für Deckel, die auch kompostierbar sind, empfiehlt Migrolino, die Recyclingregeln des jeweiligen Bioabfallbehälters zu prüfen. Wenn die Gemeinde die Bagasse als kompostierbar anerkennt, kann der Deckel in die Biotonne geworfen werden. Allerdings ist es fraglich, ob sich der Durchschnittsverbraucher unterwegs diese Mühe macht.

Und was ist mit den Bedenken der Industrie hinsichtlich übrig gebliebener Flüssigkeiten, die oft ein Recycling verhindern?

„Es ist zwar darauf zu achten, dass die Becher weitgehend trocken sind und keine großen Flüssigkeitsmengen enthalten. Kontaminierte Materialien können das Recycling stören.“

Marco Fallico, Sprecher von Migrolino

Tests haben jedoch gezeigt, dass 99,52 % der Becher nach Gebrauch recycelbar sind.

Selecta ist skeptisch

Die anderen großen Kaffeeverkäufer in der Schweiz gehen andere Wege. Sarina Künzli, Sprecherin des Automatenherstellers Selecta, sagt, man teste laufend umweltfreundlichere Optionen. Allerdings erschweren mehrere Hindernisse die Einführung solcher Lösungen, insbesondere die Tatsache, dass Becher ohne Kunststoffbeschichtung verlieren bei Kontakt mit Flüssigkeiten oft ihre Form und Stabilität.

„Vor allem bei Heißgetränken, die direkt vom Tassenrand getrunken werden, kann das ein Problem sein, da dieser weicher wird und sich unangenehm anfühlt.“

Allerdings scheint in anderen Märkten, in denen Selecta Kaffeeautomaten anbietet und in denen es Nachhaltigkeitsgesetze gibt, eine nachhaltigere Lösung machbar. „In den Niederlanden sind Einweg-Pappbecher verboten“ erklärt Sarina Künzli. „Wir haben dort bereits nachhaltige Mehrwegbecher eingeführt, die sich als sehr effektiv erwiesen haben.“

Auch Coop und die Kioskgruppe Valora verwenden weiterhin Pappbecher mit Kunststoffbeschichtung:

„Wir haben bereits verschiedene Take-Away-Becher ohne herkömmliche Kunststoffbeschichtung getestet“

Maximilian Schenner, Sprecher Valora

„Allerdings verwenden viele Hersteller auch bei recycelbaren oder kompostierbaren Bechern immer noch alternative Beschichtungen, etwa aus Biokunststoff.“ Laut Schenner stellt dies für Valora noch keine nachhaltige Lösung dar. „Aktuell hat Valora noch keinen 100-prozentigen Pappbecher gefunden, der frei von Plastik, Biokunststoffen oder gesundheitsgefährdenden Beschichtungen ist.“

(Übersetzt aus dem Deutschen von Tim Boekholt)

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