Analyse: Die Gründe für Trumps Sieg und Harris’ Niederlage

Analyse: Die Gründe für Trumps Sieg und Harris’ Niederlage
Analyse: Die Gründe für Trumps Sieg und Harris’ Niederlage
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Stand: 06.11.2024 21:55 Uhr

Die Meinungsforscher lagen erneut falsch: Überraschend schnell stand fest, dass Trump erneut US-Präsident wird. Er konnte mit seinen Themen bei den Wählern punkten, die Strategie seiner Rivalin Harris ging nicht auf.

Am Tag danach staunen die Amerikanerinnen und Amerikaner immer noch, dass diese Nacht sich so ganz anders entwickelt hat, als sie erwartet haben. Das hat etwas mit den Meinungsforschern zu tun, die stets von einem knappen Rennen gesprochen damit und alle auf die falsche Fährte gesetzt hatten.

Wie konnte es so schnell ein so klares Ergebnis geben?

Tatsächlich haben sie es – wie 2016 und 2020 auch – nicht geschafft, die Begeisterung der Trump-Anhänger richtig einzuschätzen. Das hat etwas damit zu tun, dass Trump-Anhänger den Medien und den Meinungsforschern misstrauen und nicht an Umfragen teilnehmen. Jedes Mal haben die Demoskopen den Zuspruch deshalb zu niedrig angesetzt, auch diesmal wieder.

Zwar haben in absoluten Zahlen weniger Menschen für Trump gestimmt als 2020. Er hat es aber besser als Harris geschafft, seine Leute in Bewegung zu setzen, vor allem auch in den umkämpften Staaten wie Pennsylvania und Georgia.

Und dann haben ganz offensichtlich auch die Wahlleiter gute Arbeit geleistet und im Gegensatz zu 2020 sehr schnell und sehr effektiv und vor allem störungsfrei gezählt.

Was haben die Demokraten falsch gemacht?

Joe Biden hat vor vier Jahren sehr viel mehr Wähler mobilisiert als Kamala Harris dieses Jahr. Biden holte über 80 Millionen Stimmen, Harris – Stand jetzt – gerade mal 66 Millionen. Wäre es deshalb besser gewesen, wenn Joe Biden angetreten wäre? Wohl kaum. Es wäre schwer geworden, Wählerinnen und Wähler für ihn zu begeistern, nicht nach dem schlimmen Fernsehduell mit Donald Trump.

Allerdings hat Joe Biden zu spät zurückgezogen, weshalb Harris wenig Zeit hatte, sich bekannt zu machen. Und es gab zu wenig Zeit, um nach Alternativen zu suchen. Donald Trump und die Republikaner konnten Harris mühelos mit dem ungeliebten Biden verknüpfen. Ihr Versuch, sich als Kraft der Veränderung zu präsentieren, musste deshalb scheitern.

Hat Harris womöglich auch auf die falschen Botschaften gesetzt? Sie hat es geschafft, viele Frauen zu mobilisieren, dabei aber viele Männer ausgegrenzt. Das Thema Demokratie war ein zweischneidiges Schwert und womöglich zu abstrakt für viele Menschen.

Am Ende ging es, wie so oft, um die wirtschaftliche Situation der Menschen. Und da haben viele Donald Trump mehr zugetraut, weil sie ihn für einen erfolgreichen Geschäftsmann halten.

Was hat Donald Trump richtig gemacht?

Trump hat ganz offensichtlich das Lebensgefühl vieler Menschen getroffen. Sein düsteres Bild hat bei vielen offenbar gewirkt: von einem Land im Niedergang, das von Migranten überflutet wird und nicht mehr die Kontrolle über seine Grenzen hat, in dem Menschen nicht mehr für ihre Familien sorgen und das nötigste bezahlen können.

Und die Rezepte, die er präsentiert hat, auch: Grenzen dicht machen, Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis deportieren, die eigene Wirtschaft mit Zöllen abschotten, sich aus Konflikten anders wo in der Welt raushalten.

Er hat offensichtlich auch die Tonlage getroffen. Seine krasse Wortwahl gegenüber politischen Gegnern, seine Beleidigungen, seine Zuspitzung, seine Ausgrenzung wird zumindest vom harten Kern seiner Unterstützer als Befreiung wahrgenommen. Viele andere haben das ausgeblendet. Trump sei sicherlich kein guter Mensch, aber er mache die richtige Politik, das war im Wahlkampf oft zu hören.

Wer waren Trumps Unterstützer?

Für die Demokraten ist dieses Wahlergebnis eine Katastrophe. Sie waren sich so sicher, dass der demographische Wandel in den USA ihnen politische Mehrheiten auf Jahrzehnte hinaus sichern würde. Sie haben auf junge Einwanderer, gut verdienende Stadtbewohner und gut ausgebildete Frauen gehofft.

Es ist anders gekommen. Vor allem Männer, darunter viele Afroamerikaner, hatten offensichtlich das Gefühl, dass die Demokraten nichts für sie im Angebot haben. Auch die Einwanderer aus Lateinamerika sind den Demokraten nicht treu geblieben. Sie schauen wie alle andern auf ihre wirtschaftliche Lage und halten dann Donald Trump für kompetenter.

Was haben wir in Deutschland und Europa zu erwarten?

Der Rest der Welt tut gut daran, Donald Trump wörtlich zu nehmen. Er bleibt ein Impuls-Politiker, der sich von seinen eigenen Neigungen und Launen steuern lässt. Aber er weiß jetzt, wie es geht. Und er hat genügend Getreue um sich herum, um das, was er im Wahlkampf versprochen hat, auch umzusetzen.

Dazu gehören sicherlich die Zölle, die er gegenüber China und Europa schon angedroht hat und die in einen echten Handelskrieg münden könnten. Dass er kein Interesse daran hat, die Ukraine weiter mit Militärhilfe zu unterstützen, hat er auch deutlich gemacht. Und er hat versprochen, dass er den Krieg noch vor Amtsantritt beenden will. Wie, das hat er nicht gesagt, aber es ist zu vermuten, dass die Ukraine schlechter dabei wegkommt als Russland.

Dass er die USA aus der NATO aussteigen lässt, ist eher nicht zu erwarten. Seinen angekündigten Truppenabzug aus Europa hat er vor vier Jahren auch nicht wahr gemacht. Aber er wird die Europäer sich selbst überlassen.

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