Nach Aus für „Ampelkoalition“: Nächster Knalleffekt in Deutschland

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Scholz habe ihn gefragt, ob er bereit sei, das Amt unter den neuen Bedingungen fortzuführen, sagte Wissing in Berlin. Er habe darüber nachgedacht und das Scholz gegenüber bejaht. Wissing will der Regierung – spätestens im März dürfte es zu einer Neuwahl kommen – künftig als Parteiloser angehören, wie er weiter mitteilte. „Ich möchte keine Belastung für meine Partei sein.“ Daher habe er Parteichef Christian Lindner seinen Austritt aus der FDP mitgeteilt.

„Ich distanziere mich damit nicht von den Grundwerten meiner Partei und möchte nicht in eine andere Partei eintreten.“ Das sei eine persönliche Entscheidung, die seiner Vorstellung von Verantwortung gerecht werde. „Ich möchte mir selbst treu bleiben.“

Reuters/Liesa Johannssen

Volker Wissing hat sich für die Regierung und gegen seine Partei entschieden

FDP-Führung offenbar überrascht

FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte am Vorabend noch angekündigt, alle Ministerinnen und -minister seiner Partei wollten ihren Rücktritt geschlossen beim Bundespräsidenten einreichen. Der Verkehrsminister hatte sich Anfang November in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ für einen Verbleib der Liberalen in der Koalition ausgesprochen. Am selben Tag war ein Papier Lindners bekanntgeworden, in dem er eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik forderte – was zum Auslöser für das endgültige Aus der schon lange bröckelnden Koalition wurde.

Die „Ampel“ war am Mittwoch zerbrochen. Nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Budgetpolitik kündigte Scholz an, Lindner aus dem Kabinett zu werfen. Scholz kündigte an, Mitte Jänner die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Dann wäre eine vorgezogene Neuwahl im März wahrscheinlich. Regulär endet die Legislaturperiode im September.

Debatte

„Ampel“ geplatzt: Wer kann sich am besten in Stellung bringen?

Merz fordert Vertrauensfrage nächste Woche

Die Unionsfraktion forderte Donnerstagfrüh Scholz auf, spätestens in der kommenden Woche die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen, nicht erst Mitte Jänner. Die „Ampelkoalition“ sei „gescheitert“, sagte Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag nach einer Fraktionssitzung in Berlin. Die Unionsfraktion habe die Forderung einstimmig beschlossen, wonach die Vertrauensabstimmung spätestens kommende Woche erfolgen solle.

Wenn Scholz den Weg zu schnellen Neuwahlen frei mache, werde die Union prüfen, welche Gesetzesprojekte sie bis dahin unterstützen könne, so Merz’ Versuch, Scholz für einen rascheren Zeitplan zu gewinnen. Dieser beharrte am Donnerstag aber darauf, die Vertrauensfrage erst im Jänner im Bundestag stellen zu wollen. Die Regierung werde auch in den kommenden Wochen und Monaten ihre Arbeit machen. Am Donnerstag treffen Scholz und Merz einander, um die aktuelle Lage zu besprechen.

Von Wirtschaftsseite kamen – etwa vom Automobilverband VDA und vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) – Rufe nach einer möglichst raschen Neuwahl.

Riskanter Schritt von Lindner

Unklar ist, ob es im Hintergrund Absprachen zwischen Lindner und Merz über eine künftige Zusammenarbeit gibt. Die FDP liegt in Umfragen unter der Fünfprozenthürde. Ihr steht eine Zerreißprobe bevor: Das Vorgehen Lindners, der öffentlich starken Druck auf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck von den Grünen ausgeübt hatte, ist bei den Liberalen nicht unumstritten.

Neuer Interimsfinanzminister wird Jörg Kukies. Der frühere Goldman-Sachs-Investmentbanker ist ein Scholz-Vertrauter und war zuletzt Staatssekretär im Kanzleramt.

Deutsche „Ampelkoalition“ am Ende

Die deutsche „Ampelkoalition“ ist gescheitert. Deutschlands Kanzler Olaf Scholz (SPD) entlässt Finanzminister Christian Lindner (FDP), teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwochabend mit. Scholz kündigte an, dass er im Jänner die Vertrauensfrage stellen werde, damit könnte schon im März die Neuwahl stattfinden. Die oppositionelle Union forderte eine schnellstmögliche Neuwahl.

Erinnerungen an 1982

Die Situation erinnnert viele Beobachterinnen und Beobachter an 1982. Damals war die FDP in einer Koalition mit der SPD. Der damalige FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff legte – ähnlich wie jetzt Lindner – ein Grundsatzpapier zur Ankurbelung der Wirtschaft vor.

Es enthielt viele Maßnahmen, die für die SPD und deren Kanzler Helmut Schmidt nicht akzeptabel waren. Das führte schließlich zum Bruch der Koalition und der Abwahl Schmidts per Misstrauensvotum. Es kam zum fliegenden Regierungswechsel: Denn die FDP ging eine Koalition mit der CDU von Helmut Kohl ein. Die Voraussetzungen für einen fliegenden Koalitionswechsel sind aktuell allerdings nicht gegeben: FDP und CDU/CSU haben gemeinsam keine Mehrheit.

Eine Kooperation mit der AfD wäre ein Tabubruch. Eine solche hat Merz darüber hinaus kategorisch ausgeschlossen. SPD und Grüne wollen nun bis ins Frühjahr als Minderheitsregierung weiterarbeiten – und für einzelne Projekte, besonders aber wohl das Budget 2025 wechselnde Mehrheiten im Bundestag suchen.

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