Irgendwas muss mit den Spielern von Borussia Dortmund passieren, sobald sie in einen Bus, einen Zug oder ein Flugzeug steigen und die Stadtgrenze passieren. Ist es eine besondere Form von Heimweh? Werden alle reisekrank? Ist das Essen zu Hause wirklich so viel besser? Neben den üblichen Erklärungen (Stimmung, Reisezeit) muss es noch was anderes sein, es ist ja absurd. Die BVB-Bilanz zu Hause: sechs Spiele, sechs Siege, Erster der sogenannten Heimtabelle. In der Fremde: fünf Spiele, kein Sieg und nur deswegen nicht Letzter der Auswärtsrangliste, weil Augsburg und Bochum ein paar Tore mehr kassiert haben.
Gegen Freiburg zeigte der BVB wieder sein Heimspielgesicht, Maxi Beier schoss direkt zu Beginn eines dieser Tore, die seine große Stärke sind und ihn zum Nationalspieler machten: Aus der Mitte startete er mit Tempo in die Tiefe, Ramy Bensebaini spielte den Pass in seinen Lauf zum richtigen Zeitpunkt, die Ballmitnahme Beiers genügte dann höchsten Ansprüchen. Der 22-Jährige hatte den Platz zum Sprinten, weil sich Serhou Guirassy kurzfristig krank abmelden musste. Freiburg hätte danach den Ausgleich erzielen müssen, von drei großen Chancen hatte Lucas Höler die größte, er schoss an die Latte. Doch kurz vor der Pause traf Felix Nmecha den Ball perfekt, er senkte sich fies ins kurze Eck, Freiburgs Torhüter Noah Atubolu sah trotzdem nicht glücklich aus. Nach Patrick Osterhages Platzverweis (Gelb-Rot, zwei taktische Fouls) traf Julian Brandt per Freistoß zum 3:0, damit war das Spiel entschieden, Jamie Gittens erzielte noch das 4:0, und Rot wegen Tätlichkeit gegen Junior Adamu machte den Freiburger Tag dann endgültig zum Vergessen.
Und falls der unter Druck geratene BVB-Trainer Nuri Sahin auch das kommende Heimspiel gewinnen sollte, dann hätte er sich in dieser bisher so unsteten Saison wieder ein bisschen Kredit erarbeitet: Nächste Woche kommt der FC Bayern.
Bayer Leverkusen – 1. FC Heidenheim 5:2 (2:2), Tore: 0:1 Niklas Dorsch (10.), 0:2 Mathias Honsak (21.), 1:2 Exequiel Palacios (30.), 2:2, 3:2 und 4:2 Patrik Schick (32., 52., 71.), 5:2 Granit Xhaka (82.)
Zwölf Punkte Rückstand auf den FC Bayern hatte Meister Bayer Leverkusen beim Anpfiff der Partie gegen Heidenheim, und es war klar, dass sich das Team von Trainer Xabi Alonso keinerlei Schwächen mehr erlauben durfte, wenn es noch an den Münchnern dranbleiben wollte. Oder besser: Es hätte eigentlich klar sein müssen. War es zunächst aber ganz und gar nicht. Leverkusen leistete sich erstaunliche Ungenauigkeiten im Spielaufbau. Nach eigenem Einwurf ließ sich Piero Hincapié den Ball von Marvon Pieringer abluchsen, dessen Hereingabe Niklas Dorsch zur frühen Heidenheimer Führung nutzte. Die Gäste setzten sogar noch eins drauf, als Mathias Honsak durch die Bayer-Abwehr spazierte, als würde er sich gerade auf den Slalom in Gurgl vorbereiten, und zum 0:2 abschloss.
Und wo, bitte, blieben die einst so ruhmreichen Leverkusener? Sie zeigten sich mit halbstündiger Verspätung. Da filetierten die Gastgeber erstmals mit zwei schnellen Pässen – Frimpong auf Xhaka auf Palacios – Heidenheims Abwehr, der Argentinier traf zum Anschluss. Zwei Minuten später lupfte Patrik Schick den Ball zum Ausgleich ins Netz, kurz nach der Pause war es erneut Schick, der eine Wirtz-Flanke zur Leverkusener Führung ins Netz lenkte. Und nach Schicks Kopfballtreffer zum 4:2 fragte auch niemand mehr nach dem verletzt fehlenden Bayer-Torjäger Victor Boniface. Zum 5:2-Endstand in dieser dann doch irgendwie souveränen Bayer-Vorstellung traf Granit Xhaka.
VfB Stuttgart – VfL Bochum 2:0 (0:0), Tore: 1:0 Chris Führich (53.), 2:0 Justin Diehl (78.)
Wenn Sebastian Hoeneß sich unter der Woche mit Ohrschützern in einen schalldichten Raum ohne Handyempfang eingeschlossen hätte, wäre das einfach nur verständlich gewesen. Denn alles, was er hörte, muss ihm vorgekommen sein wie eine andauernde Prüfung seiner Leidensfähigkeit: Erst überbrachten ihm die Mediziner die Nachricht, dass eine von Deniz Undavs Muskelfasern gerissen ist, dann brach El Bilal Tourés Mittelfuß und Angelo Stiller wurde auch nicht rechtzeitig fit fürs Spiel gegen Bochum. Ausgerechnet jenes Bochum, das nicht mehr der zuverlässige Punktelieferant ist wie noch zu Beginn der Saison, sondern das unter Dieter Hecking zu Hecking’scher Stabilität gefunden hat.
Die erste Halbzeit geriet entsprechend fad, Stuttgart machte das Spiel, ohne selbst große Chancen zu haben (Josha Vagnoman hatte nach acht Minuten noch die beste), der VfL stand stabil. Es war dann ein für VfB-Verhältnisse simpler Spielzug, der nach der Pause zur Führung führte. Einen langen Ball nahm Chris Führich nicht mal optimal an, aber kein Bochumer störte ihn, er legte sich den Ball zurecht, visierte die lange Ecke an und traf selbige perfekt. Es war der Tag der hohen Bälle beim VfB, ein solcher von Torhüter Alexander Nübel leitete auch das 2:0 ein. Nach einer schönen Aktion des eingewechselten Fabian Rieder war es der ebenfalls eingewechselte Justin Diehl, der das Spiel entschied.
Diehl, 19 Jahre, vorauseilender Ruf eines großen Talents, kam vom Absteiger Köln und erzielte just sein erstes Bundesligator, als er Undav vertreten musste. In der Sekunde konnte Sebastian Hoeneß die Ohrschützer wieder lockern.
TSG Hoffenheim – RB Leipzig 4:3 (1:2), Tore: 0:1 Willi Orban (15.), 1:1 Adam Hlozek (17.), 1:2 Antonio Nusa (19.).), 2:2 Tom Bischof (50.), 2:3 Stanley Nsoki (67./Eigentor), 3:3 Adam Hlozek (82.), 4:3 Jacob Bruun Larsen (87.)
„Berggipfel“, „Alpenschlager“, „Ösi-Power“: Der Sport-Informationsdienst hatte vor der Partie kaum eine Vokabel gescheut, um zu dokumentieren, dass bei der TSG Hoffenheim der neue Trainer Martin Ilzer vor dem Debüt stand. Wie Manager Andreas Schicker war er von Sturm Graz gekommen – und dass zu dieser Premiere ausgerechnet RB Leipzig zu Besuch kam, dessen Kader samt Trainer Marco Rose diverse Verbindungen nach Salzburg aufweist, passte schon ziemlich gut.
Es war dann vor allem eine Wortschöpfung, nämlich „Sturm Hoffenheim“, die hängenblieb. Denn die kriselnde TSG legte beachtlich mutig los. Haris Tabakovic vergab nach fünf Minuten völlig freistehend die erste Chance nach Hereingabe von Marius Bülter. Die TSG hatte weitere Chancen, mehr als zwei Drittel Ballbesitz und ein Selbstvertrauen, mit dem sich sogar Torwart Oliver Baumann in ein riskantes Dribbling traute. Blöd nur, dass sich plötzlich Leipzigs Verteidiger Willi Orban in den Hoffenheimer Strafraum verlaufen hatte, wo er mit der ersten nennenswerten Leipziger Aktion per Mittelstürmergrätsche zum 0:1 traf (15.).
Hoffenheim ließ sich zwar nicht schocken, Adam Hlozek glich zwei Minuten später aus (Orbans Verteidergrätsche ließ er cool ins Leere rauschen), doch noch während der neue Coach Ilzer erstmals sein lässiges Grinsen zeigte, brachte Antonio Nusa Leipzig wieder in Führung; die zuvor weit aufgerückten Hoffenheimer waren noch unsortiert und hatten den Schützen im Rückraum völlig übersehen. Ein bisschen „Abwehr Hoffenheim“ hätte also wohl auch nicht geschadet, doch dann knallte eben Tom Bischof nach der Pause einen Freistoß an den Innenpfosten des Torwartecks von Leipzigs Peter Gulacsi zum verdienten Ausgleich. Und nachdem die Leipziger ein weiteres Mal durch ein Eigentor von Stanley Nsoki schmeichelhaft in Führung gegangen waren, da glich Hlozek aus (82.) und der eingewechselte Jacob Bruun Larsen drehte die Partie per Kopf zum Hoffenheimer Sieg. Kann man sich schon anschauen, einen solchen Alpenschlager fern der Alpen.
VfL Wolfsburg – 1. FC Union Berlin 1:0 (0:0)Tor: 1:0 Ridle Baku (71.)
Es sind doch einige Sitzschalen leer geblieben an diesem Heimspielsamstag in Wolfsburg, und die gekommenen Fans wurden zunächst nicht unbedingt für ihre Entscheidung belohnt. Wolfsburg mühte sich zwar, die an sich favorisierten Berliner verweigerten in der ersten Halbzeit hingegen jede Art von Offensivfußball, abgesehen von einer frühen Chance für Jordan (6.). Ein Spiel wie gemacht für ein tristes November-Nullnull, doch Wolfsburgs Ridle Baku hatte etwas dagegen. Der frühere Nationalspieler legte in seinen Linksschuss mehr Entschlossenheit, als jeder andere Feldspieler in den 70 Spielminuten zuvor. Und belohnte seine Mannschaft für einen nicht immer hochklassigen, aber engagierten Heimauftritt. Dass Union (jetzt mit dem kuriosen Torverhältnis von 9:9 nach elf Spieltagen) nicht mehr zum Ausgleich kam, war ein Akt der Gerechtigkeit.