So funktioniert das Elite-Netzwerk für Superreiche

So funktioniert das Elite-Netzwerk für Superreiche
So funktioniert das Elite-Netzwerk für Superreiche
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Viele Reiche sind verunsichert – noch nie sind so viele umgezogen. Im Netzwerk Tiger 21 können sie im Vertrauen reden. Sofern sie mehr als 20 Millionen Franken besitzen.

Wer Geld hat, ist auch sehr mobil – sei es auf der Flucht vor politischen Unwägbarkeiten, sei es zum eigenen Vergnügen.

Fabrizio D’Aloisio

Die Welt der Reichen ist in Aufruhr. Allein dieses Jahr verlassen 130 000 Millionäre ihre Heimat und ziehen in ein neues Land. Das sind so viele wie noch nie, wie die Beratungsfirma Henley & Partners errechnet hat. Ein Grund für den Exodus sind die klammen Staatskassen. Länder wie Grossbritannien oder Frankreich planen deshalb höhere Steuern für die Reichen. Auch die gesellschaftliche Polarisierung und die abnehmende Sicherheit vertreiben viele Millionäre.

Doch wo sollen sie ihre neuen Zelte aufschlagen? In Dubai, wo sämtliche Einkünfte steuerfrei sind, oder doch lieber in einem beschaulichen Städtchen wie Lugano? «Vermögende brauchen einen sicheren, geschützten Raum, wo sie solche existenziellen Fragen unter ihresgleichen besprechen können – und zwar in völliger Offenheit», sagt der Basler Investor Eric Sarasin. «Genau einen solchen Safe Space bieten wir an.»

Sarasin führt den Schweizer Ableger der Organisation Tiger 21. Laut dem amerikanischen Magazin «Forbes» handelt es sich um die reichste und mächtigste Social-Networking-Gruppe der Welt. Tiger 21 zählt weltweit 1500 Mitglieder mit einem durchschnittlichen Vermögen von 110 Millionen Dollar.

Die Zahl der Mitglieder hat sich verfünffacht

Zutritt zu diesem exklusiven Klub erhalten nur die sogenannten UHNWI (Ultra High Net Worth Individuals mit einem investierbaren Vermögen von mindestens 20 Millionen Franken). Ein weiteres Merkmal: Viele der Mitglieder haben ihr Unternehmen verkauft und können daher frei entscheiden, wie sie ihr Kapital einsetzen.

Tiger 21 verzeichnet ein enormes Wachstum. In nur zehn Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder verfünffacht. «Unser Erfolgsgeheimnis ist die absolute Vertraulichkeit innerhalb des Netzwerks», erklärt der amerikanische Gründer und Chairman Michael Sonnenfeldt. «Für reiche Menschen ist die Diskretion das A und O – dies gilt erst recht in diesen Zeiten der Radikalisierung und der geopolitischen Unsicherheiten.»

Michael Sonnenfeldt hat Tiger 21 im Jahr 1999 gegründet.

PD

Ein wichtiges Prinzip lautet ebenso, dass Tiger 21 nicht als Plattform für geschäftliche Zwecke dient. Im Fokus stehe vielmehr der private Austausch, betont Sonnenfeldt: «Für viele unserer Mitglieder ist es der einzige Ort, an dem sie ehrlich und respektvoll miteinander diskutieren können – unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrer politischen Ausrichtung.» Dies gelte etwa für Ukrainer und Russen im Netzwerk. Die Jahresgebühr von 33 000 Franken ist nicht billig, dafür erhält man über eine spezielle App Zugang zu sämtlichen Mitgliedern.

Polemik gegen Superreiche

Besonders in Europa werden Reiche zunehmend zu einer politischen Zielscheibe. Die Schweizer Jungsozialisten geisselten sie kürzlich als «Steuerkriminelle», die sich auf Kosten der Allgemeinheit bereicherten. Dieser Darstellung widerspricht Sonnenfeldt vehement: «Weltweit waren vor einer Generation noch 80 Prozent der Vermögen geerbt und nur 20 Prozent erarbeitet. Bei den heutigen Reichen ist das Verhältnis genau umgekehrt: Hier handelt es sich zu 80 Prozent um Unternehmer, die sich ihren Besitz selbst aufgebaut haben.»

Sonnenfeldt spricht aus eigener Erfahrung: Im Alter von 43 Jahren hatte er bereits zwei florierende Firmen gegründet und wieder verkauft. Unternehmertum könne man nicht lernen, oft entspringe der Erfolg sogar einer Inselbegabung, welche aber ebenso mit Beeinträchtigungen wie etwa bei ADHS zusammenfalle: «Einige unserer Mitglieder erlebten eine prekäre Kindheit und wuchsen beispielsweise in einer Wohnwagensiedlung auf. Andere kämpften mit gravierenden Lernschwächen.» Gemeinsam sei diesen Unternehmern jedoch, dass sie mit dem Aufbau einer Firma grosse Risiken eingegangen seien und alles auf eine Karte gesetzt hätten. «Das erfordert eine eiserne Disziplin, um sich gegenüber den Zweiflern und auch sich selbst zu beweisen.» Doch trotz ihrem Erfolg blieben manche von ihnen gesellschaftlich isoliert, weshalb sie den Austausch mit Gleichgesinnten in einer Organisation wie Tiger 21 suchten.

Reiche leben mit dem Gegensatz, dass sie für die einen als Feindbilder gelten, während andere intensiv um sie werben. Denn weltweit stehen Länder und Städte in einem harten Konkurrenzkampf, um Millionäre als neue Steuerzahler anzulocken. Was auch daran liegt, dass diese Leute sehr mobil sind und oft einen kosmopolitischen Hintergrund mitbringen.

Intensives Buhlen um Millionäre

Wie intensiv dieser Wettstreit um die Reichen geführt wird, zeigt das Beispiel der Stadt Lugano. Ihr Stadtrat Marco Chiesa, bekannt auch als Ständerat und ehemaliger SVP-Präsident, reiste vor wenigen Tagen mit einer Delegation für einen Werbeanlass extra nach London: «Als kleine Stadt wollen wir selbstbewusst auftreten und zeigen, dass wir punkto Lebensqualität viele Grosszentren in den Schatten stellen.»

Lugano sei sogar innerhalb der Schweiz jene Stadt mit der grössten Sicherheit, so Chiesa. Gleichzeitig punkte man bei der Infrastruktur für Gesundheit und Bildung sowie mit der guten internationalen Erreichbarkeit. Schon bei der Auswanderungswelle vermögender Norweger vor zwei Jahren gelang es Lugano, den reichsten Industriellen des Landes zu angeln.

Für die städtischen Finanzen sind die Zuzüger ein Segen: Das reichste Prozent der Einwohner finanziert über 30 Prozent der Steuereinnahmen. Gegen 400 Pauschalbesteuerte zählt Lugano inzwischen. Das Timing von Chiesas Offensive in London könnte nicht besser sein: Ende Oktober hat die britische Regierung beschlossen, die Steuerprivilegien für die Non-Doms, wie die zugewanderten Superreichen genannt werden, radikal zu reduzieren. Die Grossbank UBS schätzt, dass bis 2028 jeder sechste Millionär die britische Insel verlassen wird.

Zwar habe Lugano gute Karten, etwa dank dem drittgrössten Schweizer Finanzplatz, erklärt Marco Chiesa. «Im Vergleich zu manchen anderen Ländern jedoch stellen unsere Steuergesetze ein Handicap dar. Das gilt besonders für die Regelung, dass Pauschalbesteuerte hier keine Arbeit ausüben dürfen.» Man spüre es, dass das benachbarte Italien die Superreichen derzeit mit aggressiven Konditionen ködert. Wer dorthin zieht, zahlt eine Einheitssteuer von lediglich 200 000 Euro.

Gemäss der Wanderungsstatistik von Henley & Partners sind dieses Jahr 1500 Millionäre in die Schweiz zugezogen. Dies reicht im internationalen Vergleich für Rang sieben hinter Italien. Die stärkste Anziehungskraft besitzen die Vereinigten Arabischen Emirate, es folgen die USA und Singapur.

Auch bei Tiger 21 gebe es Mitglieder, welche die Gelegenheit für einen Umzug nach Mailand genutzt hätten, bestätigt Eric Sarasin. Für den ehemaligen Bankier, der lange in führenden Positionen bei der Bank Sarasin tätig war, ist diese Mobilität wenig überraschend. Denn in diesen Kreisen seien mehrere Wohnsitze oder gar Pässe weit verbreitet. «Viele unserer Mitglieder wohnen im Ausland und reisen jeweils extra für die monatlichen Treffen in die Schweiz.»

Eric Sarasin arbeitete viele Jahre für die Basler Privatbank Sarasin.

PD

Ohnehin sei die Steuerlast nur einer von vielen Faktoren: «Wer ein Vermögen aufgebaut hat, möchte dieses für seine Familie erhalten. Deshalb ist die Sicherheit ein entscheidender Faktor», so Sarasin. «Während die politischen Spannungen fast überall zunehmen, erlebe ich die Schweiz als Oase der Stabilität.»

Laut Sonnenfeldt sind es aber nicht allein die geopolitischen Unsicherheiten, welche Tiger 21 zu neuen Mitgliedern verhelfen. Manche suchten ebenso ein offenes Ohr bei persönlichen Lebenskrisen wie einer Scheidung. Auch bei medizinischen Notfällen habe das Netzwerk schon erstklassige Dienste geleistet. Kürzlich habe jemand über die App mitgeteilt, dass er einen dringenden Flug in eine Spezialklinik benötige. Postwendend hätten darauf sechs Mitglieder ihr Privatflugzeug angeboten, welches in der Nähe stationiert gewesen sei.

Hier geht es nicht um die Karriereförderung

Im Gegensatz zu Rotary oder dem Lions Club ist Tiger 21 kein Netzwerk, um die eigene Karriere voranzubringen. Denn die Mitglieder haben ihren Aufstieg bereits geschafft. Wer bei Tiger 21 beitritt, will vielmehr seine eigenen Lebensentscheidungen ohne Tabus mit Gleichgesinnten diskutieren können. In der Schweiz ist die Organisation seit sechs Jahren präsent und innerhalb von zwei Gruppen organisiert: Geleitet werden diese vom ehemaligen Bankier und Investor Eric Sarasin sowie vom Unternehmer und Governance-Experten Eelco Fiole.

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