Angeklagten droht wegen Erpressung bis zu vier Jahre Haft

Angeklagten droht wegen Erpressung bis zu vier Jahre Haft
Angeklagten droht wegen Erpressung bis zu vier Jahre Haft
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Drei Männer forderten 15 Millionen Euro für Privataufnahmen von Michael Schumacher. Ihnen drohen mehrere Jahre Haft. Für die Familie des ehemaligen Rennfahrers geht es im Prozess um viel mehr als um juristische Gerechtigkeit.

Michael Schumache gehört zu den erfolgreichsten Rennfahrern.

Rainer Schlegelmilch / Imago

Michael Schumacher hat in seiner Karriere alle grossen Rennen gewonnen. 1994 schrieb er Sportgeschichte als erster deutscher Weltmeister in der Formel 1. Mit dem Titelgewinn löste er in der Heimat einen riesigen Motorsport-Hype aus. Aus Schumacher wurde die Marke «Schumi», stets begleitet von Reportern und Kameras, die sein Leben und das seiner Familie dokumentierten.

Seit dem 29. Dezember 2013 jedoch herrscht Stille um «Schumi». An jenem Tag stürzte er beim Skifahren in den französischen Alpen und erlitt schwere Kopfverletzungen. Seither wollen die Fans des siebenfachen Formel-1-Weltmeisters nur noch eines wissen: Wie geht es Michael Schumacher?

Mehr als zehn Jahre nach dem schweren Skiunfall bleibt diese Frage unbeantwortet. Die Familie behält der Öffentlichkeit Details zu seinem Gesundheitszustand vor. Wie es Schumacher geht, wissen nur jene, die mit ihm auf dem Anwesen im waadtländischen Gland zusammenleben – oder dort ein und aus gehen dürfen.

Festplatten mit Hunderten Fotos und Videos

Drei Männer sahen darin das grosse Geschäft. Seit Dienstag stehen sie vor dem Amtsgericht in Wuppertal – angeklagt wegen schwerer Erpressung, Verletzung der Persönlichkeitsrechte und Beihilfe dazu. Der Prozess zieht grosse Aufmerksamkeit auf sich. Erstmals seit elf Jahren könnten Details zu Schumachers Zustand an die Öffentlichkeit gelangen.

Einer der Angeklagten arbeitete laut Anklage mehrere Jahre für eine Sicherheitsfirma, die das Anwesen der Schumachers in der Schweiz schützte. In jener Zeit erhielt er Einblicke in das Privatleben der Familie. Dabei soll er auf zwei Festplatten Hunderte Fotos und Videos gesammelt haben, die Michael Schumacher vor und nach dem Unfall zeigen.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die Daten an einen 53-jährigen Komplizen verkauft zu haben. Dieser setzte sich mit der Familie in Verbindung und forderte 15 Millionen Euro. Andernfalls, drohte der Komplize, würden die gestohlenen Aufnahmen im Darknet veröffentlicht. Der Erpressungsversuch scheiterte.

Zwei der drei Angeklagten stehen unter Bewährung

Ein Mitarbeiter der Familie Schumacher verlangte einen Beweis für die gestohlenen Daten. Der Erpresser sollte der Familie einige Fotos an eine E-Mail-Adresse senden. Daraufhin weihte dieser seinen Sohn in den Erpressungsversuch ein und bat ihn, ihm dafür eine anonyme E-Mail-Adresse zu erstellen. Laut Anklage soll der Sohn mitgemacht und die Spuren seines Vaters im Internet verwischt haben.

Der Schweizer Polizei gelang es jedoch, die Telefonnummer der Erpressungsanrufe nach Kassel zurückzuverfolgen. Im Juni nahm die deutsche Polizei die beiden Verdächtigen in Hessen fest. Das Vater-Sohn-Duo war der Polizei bereits bekannt, sie standen in einem anderen Fall unter Bewährung.

Während der Sohn auf Kaution wieder freikam, blieb der Vater in Haft. Er machte den Ermittlern daraufhin Angaben zu dem ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter, von dem er die Dateien erhalten hatte. Dieser war den Ermittlern bis zu jenem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Zwei Wochen später nahmen sie den 53-Jährigen in Nordrhein-Westfalen fest.

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«Ein bisschen Geld verdienen»

Seit Dienstag steht das Trio vor dem Amtsgericht in Wuppertal. Das Gericht hat fünf Verhandlungstage angesetzt. Bereits am ersten Prozesstag haben der Hauptangeklagte und sein Sohn Geständnisse abgelegt. «Ich stehe dafür gerade. Ich habe den Scheiss gebaut», sagte der 53-jährige Wuppertaler.

Er habe zwei Festplatten mit Bild- und Videomaterial vom Mitangeklagten bekommen. Der habe ihm gesagt, dass er das Material von einer Krankenschwester habe. «Ich wollte es der Familie zurückgeben. Ich dachte, ich könnte mit der Geschichte ein bisschen Geld verdienen. Die Summe sollte durch drei geteilt werden.»

Sein mitangeklagter 30-jähriger Sohn sagte, dass er seinen Fehler einsehe. Er habe die E-Mail-Adresse für seinen Vater eingerichtet, ein Video aufgenommen von einem Telefonat seines Vaters mit einer Mitarbeiterin der Schumacher-Familie und E-Mails für seinen Vater verschickt. Dass es um Michael Schumacher ging, habe er erst spät erfahren.

Der dritte Angeklagte liess von seinem Verteidiger eine Erklärung verlesen. Darin räumt er ein, von der Familie unter anderem mit der Digitalisierung von Bildmaterial beauftragt gewesen zu sein. Als seine Anstellung bei der Familie endete, sei sein Zimmer, als er seine Sachen abholen wollte, durchwühlt gewesen. Eine Festplatte sei verschwunden und ihr Verbleib nie hinterfragt worden. Sein Mandant habe mit der Sache nichts zu tun, sagte der Verteidiger am Rande der Verhandlung.

Der Prozess wird am Tag vor Heiligabend fortgesetzt, ein Urteil wird erst im Februar 2025 erwartet. Den Angeklagten drohen bis zu vier Jahre Haft. Doch für die Familie Schumacher geht es um mehr als juristische Gerechtigkeit.

Corinna Schumacher will die Öffentlichkeit ausschliessen

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es seien nicht nur 900 Bilder und fast 600 Videos der Familie sichergestellt worden, sondern auch die digitalisierte Krankenakte von Michael Schumacher. Die Daten seien ausserordentlich sensibel.

Schumachers Ehefrau Corinna hatte aus diesem Grund noch vor Prozessbeginn einen Antrag auf Nebenklage gestellt. Damit könnte der Anwalt der Familie versuchen, die Öffentlichkeit vom Verfahren auszuschliessen. Ausserdem könnte er verhindern, dass Aussagen zugelassen werden, die Rückschlüsse auf Michael Schumachers Gesundheitszustand erlauben, oder dass sensitive Bilder Teil der Akten werden.

Corinna Schumacher im August beim Formel-1-Rennen in den Niederlanden.

Jan Hübner / Severing / Imago

Die Familie setzt alles daran, dass Michael Schumacher der Welt als Ausnahmerennfahrer in Erinnerung bleibt. Sie will, dass er seine Würde bewahren kann. Seine Ehefrau Corinna sagte 2021 in einer Netflix-Biografie: «Michael hat uns immer beschützt – und jetzt beschützen wir Michael.»

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