Sanija Ameti meldet sich zurück –
«Es war keine Provokation, es war ein Fehler»
Drei Monate nachdem ihr Instagram-Post für einen Shitstorm sorgte, spricht GLP-Politikerin Sanija Ameti erstmals über die Schiessübungen und ihre politische Zukunft.
Publiziert heute um 03:13 Uhr
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Mit einem Instagram-Post, das ein durchlöchertes Bild von Maria und Jesus zeigte, sorgte GLP-Politikerin Sanija Ameti für Empörung. Auch wenn sie den Post damals rasch wieder löschte und sich entschuldigte, dauerte der Shitstorm tagelang an. Ameti verlor ihren Job und tauchte ab.
Drei Monate danach meldet sich Ameti in einem Interview mit den Zeitungen von CH-Medien erstmals wieder zu Wort und spricht über den verhängnisvollen Abend, die Wucht des Shitstorms und ihre politische Zukunft.
Ameti: «Habe einen groben Fehler gemacht»
Ausführlich schildert Ameti die Vorgänge an jenem verhängnisvollen Abend. Sie sei überarbeitet und übermüdet gewesen. Sportschiessen helfe ihr in solchen Situationen. «Also ging ich in den Keller. Vor der Tür war ein Stapel Altpapier, zuoberst der Katalog des Auktionshauses Koller. Ich riss irgendeine Seite heraus, steckte sie an die Wand, ohne etwas zu überlegen.»
Beim Schiessen habe sie – wohl auch aufgrund des Ukrainekriegs – an ihre Mutter und an ihren Bruder denken müssen, der während der Kriegswirren in Ex-Jugoslawien erschossen wurde. «Beim Anblick des Bildes an der Wand sah ich gar nichts. Ich fühlte nur einen Schmerz.» Spontan teilte sie das Bild auf Instagram: «Ich habe einen groben und dummen Fehler gemacht».
Ameti entschuldigte sich öffentlich und löschte den Post umgehend, doch Screenshots verbreiteten sich bereits rasant. Die heftigen Reaktionen im Netz trafen sie hart, dennoch las sie jeden Kommentar, um sich der Realität zu stellen. Sie betont: «Sie (die Schüsse) haben keinen Zweck, keine Aussage, ich schäme und entschuldige mich dafür. Es war keine Provokation, es war ein Fehler.»
Wohin wechselt Ameti bei einem GLP-Ausschluss?
Ameti stellt im Interview zudem klar, dass sie sich weder aus der Partei noch aus der Politik zurückziehen wolle: «Als gewählte Gemeinderätin und Co-Präsidentin der Operation Libero will ich meine Verpflichtungen nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen.» Parteipräsident Jürg Grossen forderte dennoch ihren Ausschluss. Auf die damit wohl einhergehende drohende Zerreissprobe der GLP entgegnet Ameti: «Was ich getan habe, war eine Dummheit, ohne jede Absicht. Ich wollte niemandem schaden, auch meiner Partei nicht. Ich spüre viel Rückhalt.»
Auf die Frage, wohin Ameti bei einem Ausschluss wechseln würde, schildert die Politikerin ihre Überschneidungen mit den verschiedenen Parteien und betont: «Ich bin grünliberal und bleibe grünliberal».
Die katholische Kirche zeigte sich nach dem Vorfall überraschend versöhnlich. «Ausgerechnet bei der katholischen Kirche fand ich einen Humanismus und eine Aufklärung, die ich an anderen Orten vermisst habe.»
Europa müsse Konsequenzen aus Trumps Sieg ziehen
Die Erfahrung habe sie geprägt, sagt Ameti. Sie will künftig striktere Grenzen zwischen ihrem Privatleben und Social Media ziehen. Politisch wolle sie jedoch aktiv bleiben: «Mein Engagement ist ein zentraler Teil meiner Identität.» Auch in der Europapolitik bleibt sie kämpferisch und sieht den Ukrainekrieg als Schlüsselmoment: «Jetzt braucht es einen wehrhaften Liberalismus. Keinen Wohlfühl-Liberalismus.» Europa müsse die Konsequenzen aus dem Sieg Trumps ziehen: «Auf die Amerikaner können wir uns nicht mehr verlassen.» Dabei müsse es nicht gleich ein Nato-Beitritt sein: «Eine kluge Kooperation reicht.»
Beruflich plant Ameti einen Neuanfang, der offenbleibt. Sie sei sich bewusst, dass ihre Gegner versuchen werden, den Fehler gegen sie zu nutzen: «Damit muss ich leben. Ich trage nun diesen Beton-Schuh. Aber er hindert mich nicht daran, weiterzugehen.»
Das sagt die GLP Zürich
Die GLP Zürich schreibt auf Anfrage dieser Redaktion, dass der Post von Ameti immer noch die Partei beschäftige. Vom Inhalt und Tonalität distanziere sich die GLP Zürich deutlich – der Post widerspiegle in keiner Weise die Werte der Grünliberalen. Die Entscheidung über einen möglichen Ausschluss von Ameti sei noch nicht gefallen. Der Prozess sei komplex und brauche deshalb seine Zeit. Aufgrund Ametis Krankschreibung habe sich die interne Aufarbeitung noch weiter verzögert. Weitere Details könnten aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht genannt werden. Man freue sich bei der GLP Zürich aber, dass es Ameti wieder besser gehe. Die Partei geht davon aus, dass ein Entscheid in den nächsten Wochen gefällt werde.
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