Nach dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt lieferte die Staatsanwaltschaft an diesem Samstag (21.12.2024) erste Hinweise auf ein mögliches Motiv. „Unzufriedenheit im Zusammenhang mit dem Umgang mit saudischen Flüchtlingen“ könnte der Tat zugrunde liegen, erklärte an diesem Samstag der für die Ermittlungen zuständige Staatsanwalt Horst Nopens. Die Vernehmung des Verdächtigen dauert noch an.
Horst Nopens fügte hinzu, dass der Tatverdächtige Taleb A. nach Abschluss der Verhöre in Untersuchungshaft genommen werden solle. Ihm werden derzeit fünf Morde und 205 Mordversuche mit schwerer Körperverletzung vorgeworfen. Unter den verstorbenen Opfern war ein neunjähriges Kind, die anderen vier waren Erwachsene.
Die Zahl der Todesopfer stieg auf fünf. Darüber hinaus seien 200 Verletzte zu beklagen, viele davon schwer oder schwer verletzt, erklärte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, der konservative Reiner Haseloff (CDU), bei einem Besuch am Ort der Tragödie. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach vor Ort von einer „schrecklichen und sinnlosen Tat“. Er fügte hinzu: „Es gibt keinen friedlicheren und fröhlicheren Ort als einen Weihnachtsmarkt.“ Unterdessen werden weitere Details zum festgenommenen Tatverdächtigen bekannt.
Er saß am Steuer des Autos, das am Freitagabend (20.12.2024) mit hoher Geschwindigkeit auf einem Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts in eine Menschenmenge raste. Ministerpräsident Haseloff nannte den Vorfall einen „verachtenden Angriff auf die Menschlichkeit“. An diesem Samstagmorgen war die Polizei vorsichtig, ob die Tat als vorsätzlicher Angriff angesehen werden sollte, und sagte, die Ermittlungen seien noch im Gange. Für heute Nachmittag ist eine Pressekonferenz der Ermittler geplant.
Wer ist Taleb A.?
Bei dem am selben Abend festgenommenen Tatverdächtigen handelt es sich um Taleb A., einen in Saudi-Arabien geborenen Arzt aus Bernburg. Der Mann gilt als islamkritischer Aktivist. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bezeichnet sich der 50-jährige Arzt, der seit 2006 in Deutschland lebt, als Ex-Muslim. Im Februar 2016 beantragte er in Deutschland Asyl, das ihm im Juli desselben Jahres als politischer Flüchtling gewährt wurde.
In sozialen Netzwerken und in Interviews hatte Taleb A. zuletzt teilweise unverständliche Vorwürfe gegen die deutschen Behörden erhoben und ihnen insbesondere vorgeworfen, nicht ausreichend gegen den Islamismus zu kämpfen. Nachdem er sich öffentlich für fliehende saudische Frauen ausgesprochen hatte, schrieb er später auf seiner Website auf Englisch und Arabisch: „Mein Rat: Suchen Sie kein Asyl in Deutschland.“
Taleb A. arbeitete als Facharzt für Psychiatrie in Sachsen-Anhalt. Eine Sprecherin der Einrichtung, in der er in einer Spezialeinheit für Drogendelikte tätig war, bestätigte, dass er seit März 2020 beschäftigt sei. In der Nacht leitete das Gesundheitsministerium Sachsen-Anhalt seine Personalakte an die Ermittlungsbehörden weiter.
Eine Warnung aus Saudi-Arabien
Saudi-Arabien hatte Deutschland laut saudischen Sicherheitsquellen vor Taleb A. gewarnt. Berichten zufolge forderte das Königreich seine Auslieferung, erhielt jedoch keine Antwort aus Deutschland.
Der Verdächtige soll aus Al-Hofuf im Osten des Landes stammen, einer überwiegend schiitischen Region. Saudi-Arabien verurteilte den tödlichen Angriff und drückte seine Solidarität mit dem deutschen Volk und den Familien der Opfer aus, ohne den Verdächtigen in seiner offiziellen Erklärung zu erwähnen.
Politische Reaktionen und laufende Ermittlungen
Olaf Scholz versprach eine umfassende Aufklärung: „Es darf nichts offen bleiben. Wir müssen die Handlungen und Beweggründe des Verdächtigen verstehen und mit allen rechtlichen Konsequenzen reagieren.“ Ministerpräsident Haseloff kündigte finanzielle und organisatorische Unterstützungsmaßnahmen zur Unterstützung der Opfer und ihrer Angehörigen an.
Politiker, darunter Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, und Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, bekundeten ihre Solidarität. Im Magdeburger Dom ist eine Gedenkfeier geplant.
Ein Trauma, das an Berlin erinnert
Dieser Anschlag erfolgt fast acht Jahre nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, bei dem ein islamistischer Terrorist zwölf Menschen tötete, als er mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge fuhr. Nach dem Anschlag in Magdeburg wurden die Sicherheitsmaßnahmen auf Weihnachtsmärkten im ganzen Land erhöht.
Berichten zufolge wurde die Verhaftung von Taleb A. mit einem Mobiltelefon gefilmt. Dabei war zu sehen, wie ein Polizist seine Waffe auf ihn richtete und ihm befahl, sich hinzulegen und zu gehorchen. Dieser von Zeugen als erschreckend beschriebene Angriff versetzte das Land vor den Feiertagen erneut in ein Klima der Besorgnis.
Aktualisiert am 21.12.2024 um 16:00 Uhr UT