Bundespräsident Alexander Van der Bellen will morgen den Parteichef der rechten FPÖ, Herbert Kickl, empfangen. Damit besteht die Möglichkeit, dass Kickl noch einen Auftrag zur Regierungsbildung erhält.
Wie kam es zur Regierungskrise?
Die rechte FPÖ hat die Parlamentswahlen im September gewonnen. Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) wollte eine Koalition mit der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos schmieden und so die Rechtspopulisten von der Macht fernhalten. Die Verhandlungen begannen Mitte November. Nun ist dieses Projekt gescheitert. Am Freitag zogen sich die Neos aus den Ampelverhandlungen zurück. Am Samstag beendete Nehammer auch die Gespräche zwischen ÖVP und SPÖ. Das Projekt einer zentristischen Regierung scheiterte an unterschiedlichen wirtschaftlichen Vorstellungen.
Was kommt als nächstes?
Bundespräsident Alexander Van der Bellen will am Montag mit FPÖ-Chef Herbert Kickl Gespräche über eine Regierungsbildung führen. Das gab Van der Bellen am Sonntag bekannt. Die Lage habe sich geändert, sagte der Bundespräsident mit Blick auf den Rücktritt von ÖVP-Chef Karl Nehammer. Die Stimmen in der ÖVP, die eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausschließen würden, sind deutlich leiser geworden. Also rief er Kickl an und lud ihn in die Hofburg ein. Die Sitzung am Montag ist für 11 Uhr geplant
Nehammer bleibe zunächst als Kanzler im Amt, bevor er im Laufe der kommenden Woche einen neuen Kanzler aus einer Übergangsregierung mit dem Amt betrauen werde, so Van der Bellen weiter.
Was macht die ÖVP?
Die ÖVP-Parteispitze hat beschlossen, dass Generalsekretär Christian Stocker kommissarisch neuer Parteichef wird. Der 64-Jährige übernimmt das Amt von Karl Nehammer, der am Samstag wegen gescheiterter Koalitionsverhandlungen seinen Rücktritt angekündigt hatte. Stocker sagte, er gehe davon aus, dass Kickl mit der Regierungsbildung beauftragt werde. Die ÖVP würde solche Gespräche gerne auf Einladung führen, sagte der designierte Parteichef. Unter Nehammers Parteiführung waren zuvor Koalitionsverhandlungen zwischen der ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ gescheitert.
Ist der Weg für die FPÖ nun frei?
Der bisherige Bundeskanzler Nehammer hatte bis vor Kurzem eine Koalition mit der FPÖ unter ihrem Vorsitzenden Herbert Kickl abgelehnt. Der Wirtschaftsflügel der ÖVP arbeitet jedoch lieber mit den Rechten als mit den Sozialdemokraten zusammen. Nun könnte die ÖVP ihren Kurs ändern und mit der FPÖ regieren. In dieser Konstellation wäre die ÖVP nur Juniorpartner, denn Kickl beansprucht als Wahlsieger das Kanzleramt.
Könnte es auch Neuwahlen geben?
Dies könnte aufgrund der langen Vorlaufzeit in etwa drei Monaten erfolgen. Meinungsforscher gehen davon aus, dass die FPÖ bei der Wahl noch deutlicher gewinnen wird als im Herbst. Laut SRF-Auslandsredaktor Peter Voegeli würden alle anderen Parteien voraussichtlich deutlich verlieren, weshalb Neuwahlen eigentlich keine Option seien.
Schweizer