Jürgen Klopp geht zu Red Bull. Viele schütteln den Kopf. Der Fußball-Romantiker und der Fußball-Bösewicht. Das passt doch nicht. Nun ja. Der weltweite Spitzenfußball hat generell nur mehr wenig mit Romantik zu tun. Überall geht es um Geld, Geld und Geld. In Salzburg, Leipzig – auch beim FC Liverpool, wo Klopp werkte.
Bei Red Bull geht es immerhin auch ein Stück weit um Fußball. In Salzburg wurde jahrelang vorexerziert, wie Erfolg gelingen kann: mit einer durchdachten Spielidee, modernen Trainern, jungen Talenten und immensen Transfererlösen. Eine Win-Win-Situation für Verein und Publikum. Traditionalisten aber beklagten kommerziellen Absichten des Konzerns und die jahrelange Vormacht der Bullen in der österreichischen Liga. Ständig Red Bull Meister. Nur noch Fadesse.
Dabei hat das Dosen-Engagement dem Fußball durchaus viel gegeben. Da wäre das ÖFB-Nationalteam, das erst mit der RB-Spielweise, einem RB-Trainer und bei RB ausgebildeten Spielern richtig aufblühte. Und auch die Bundesliga wurde von den Bullen inspiriert: mit einer tollen Spielweise und einem ganzheitlichen Konzept.
Auch Sturm Graz oder Rapid Wien spielen mittlerweile wie Salzburg.
Die Bullen mögen keine Fußballromantiker sein – Fußballliebhaber sind sie allemal. Tradition ist wichtig. Aber viele alteingesessene Clubs stehen nur noch für ihre Geschichte. Schönen Fußball dagegen zeigte Red Bull.
Dennoch gelten die Bullen als Bösewichte. Auch, weil sich der Brausekonzern einst Austria Salzburg schnappte und eiskalt Farben und Tradition auslöschte. Aber die damals maroden Salzburger wären höchstwahrscheinlich auch so von der Bildschwäche verschwunden. Und in der zweiten großen RB-Dependance Leipzig, das sagt auch Klopp, habe Red Bull niemandem etwas weggenommen. „Wäre Leipzig sonst auf der Fußballlandkarte? Wären sie nicht. Dann würden sie wie Dresden zwischen zweiter und dritter Liga dümpeln.“ In der RB-Anfangsphase, das erklärte Klopp bereits 2022, „mag Geld eine große Rolle gespielt haben“. Aber: „Das ist schon lange nicht mehr so.“ Der Brausekonzern verfolge vielmehr eine „Fußballidee, nicht eine Geld-Idee“. In Liverpool etwa soll Klopp jährlich 20 Millionen Euro verdient haben, bei Red Bull, so heißt es, sei es weniger als die Hälfte.
Wer genau hinsieht, bemerkt: So weit sind Klopp und Red Bull gar nicht voneinander entfernt. Auch in sportlicher Hinsicht. Der Trainer Klopp war nämlich immer schon ein Produkt des Zeitgeists und der Moderne.
Klopp, ein Bulle – das ist für Fußball-Romantiker trotzdem ein Schock. Red Bull, das ist doch jener Konzern, der überall auf der Welt Fußballclubs hält und Spieler hin und herschiebt, als wäre man beim Monopoly. Red Bull würde den Fußball doch nur benützen, lautet der Vorwurf – aus Marketinggründe für eine schnöde Dose.
Klopp galt bislang als einer der Guten im immer böser werdenden Fußballgeschäft. Ein Rocker und Quergeist. Einer, der die gelbe Fan-Wand in Dortmund und die Anfield Road in Liverpool zum Beben brachte. Einer, der brüllte und tobte. Also Emotion und Echtheit verkörperte. Red Bull dagegen gilt seit jeher als Anti-Klopp: alles nur Plastik und Zuckerwasser.
Nun soll er Red Bull geben, was die sich trotz der vielen Brausemillionen nicht kaufen können: eine Seele. Klopp ist eine Riesenmarke. Vielleicht der beliebteste Deutsche. Einer, der in den Arbeiterstädten Dortmund und Liverpool malochte und das Image verkörperte, ein Normalo zu sein. Er selbst sagte, der „normal One“ zu sein. Nun unken Fans, er sei zum „The Dosen One“ geworden.
Aber vielleicht ist es auch hier nicht so einfach. Schon als Mainz-Trainer, als Klopp noch kein bekanntes Gesicht war, ließ er sich gerne von Konzernen für Vorträge einladen und fürstlich bezahlen. Schnelles Geld, erklärte er freimütig. Als Weltstar wurde Klopp dann endgültig zum Werbegesicht. Auch hier gab er freimütig zu, dass das einfach verdiente Kohle sei. Drehtag, Scheck her, Abgang.
Wer genau hinsieht, bemerkt: So weit sind Klopp und Red Bull gar nicht voneinander entfernt. Auch in sportlicher Hinsicht. Der Trainer Klopp war nämlich immer schon ein Produkt des Zeitgeists und der Moderne. Kein bekannter Fußballer, nur ein Zweitligakicker, aber dennoch ein visionärer Coach, der sich aus eigener Kraft zum großen FC Liverpool hochhantelte und dort eine Ära prägte. Das ist auch der Geist, der den Red Bull-Kick umweht. Alles ist möglich. Mit jungen Kickern, unbekannten Trainern, einem begeisternden Spielstil – und einer großen Vision.
Vielleicht war Klopp immer schon mehr Red Bull als Romantiker.
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