Die Aktien des Software-Unternehmens brechen um 40% ein. Obwohl Verhandlungen über einen Verkauf laufen, ist keine zufriedenstellende Lösung mehr in Sicht.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
SoftwareOne hat das Vertrauen vollends verspielt. Der heute kommunizierte sofortige Abgang von CEO Brian Duffy sowie die zum wiederholten Mal gesenkten Finanzziele haben das Fass zum Überlaufen gebracht.
Seit dem Börsengang im Oktober 2019 hat der Schweizer Wiederverkäufer von Software vor allem in einem brilliert: immer wieder viel zu viel zu versprechen und danach zu enttäuschen.
Der Aktienkurs gleicht einer Berg-und Tal-Fahrt – und stürzt heute an einem einzigen Tag um 40% ab:
Begonnen hatte der bislang letzte Aufstieg der Aktien im Juni 2023. Damals machten die Gründungsaktionäre von SoftwareOne – Daniel von Stockar, die B. Curti Holding und René Gilli – publik, dass sie eine Aktionärsgruppe mit der Private-Equity-Gesellschaft Bain Capital gebildet haben.
Ihr Ziel: SoftwareOne zu einem unverbindlich vorgeschlagenen Übernahmepreis von 18.50 Fr. je Aktie von der Börse zu nehmen – zu einer Prämie von 22% gegenüber dem Vortagesschlusskurs.
Der vorgeschlagene Übernahmepreis entsprach damit exakt dem Schlusskurs des ersten Tags, an dem SoftwareOne an der Börse war. Zu diesem hätte das Unternehmen also wieder in private Hände zurückgehen sollen.
Für die Publikumsaktionäre wäre es zu einem fünfjährigen Nullsummenspiel gekommen – dennoch hätten sie angesichts ihrer Frustration über die schlechte Entwicklung des Unternehmens voraussichtlich angedient.
Widerstand des Verwaltungsrats
Doch soweit kam es nie: Der Verwaltungsrat von SoftwareOne sträubte sich gegen eine Übernahme und teilte im Januar mit:
«Im Anschluss an eine umfassende Due-Diligence-Prüfung erhielt der Verwaltungsrat von Bain Capital eine unverbindliche Wertindikation von 18.80 Fr. pro Aktie». Und weiter: «Der Verwaltungsrat hat den Vorschlag sorgfältig geprüft und ist […] einstimmig der Meinung, dass die unverbindliche Wertindikation weder genügend Gewissheit bietet noch den zugrundeliegenden Wert von SoftwareOne angemessen abbildet und daher nicht im besten Interesse der Gesellschaft und aller Stakeholder ist.»
Der Deal war damit tot, doch das Gezänk ging weiter: Die Gründungsaktionäre verlangten die Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung, an der das Gremium komplett abgewählt und stattdessen eigene Leute installiert werden sollten – mit Daniel von Stockar als Präsident.
Weg zum Deal freiräumen
Nun lautete ihr Ziel: Ist der alte Verwaltungsrat weg, ist die Bahn für eine Übernahme frei – mit Bain als wahrscheinlichstem Bieter.
Doch seither wurde es ruhig, obwohl SoftwareOne mit einem komplett erneuerten Verwaltungsrat immer wieder beteuerte: «Gespräche mit interessierten Parteien bezüglich einer möglichen Going-Private-Transaktion sind weiter im Gang.» So wird es auch in der heutigen Mitteilung wiederholt.
Allerdings drängte sich immer stärker die Frage auf: Ist Bain tatsächlich noch an einer Übernahme interessiert – und wenn ja, zu welchem Preis?
Denn die Zahlen, die SoftwareOne in diesem Zeitraum von mehr als einem Jahr seit der ersten Interessensbekundung des Private-Equity-Hauses vorlegte, zeigten klar nach unten – und heute hat das Management auch seine Ziele dieser Tatsache angepasst – sprich: zum wiederholten Mal gesenkt.
Frage des Preises
Schon länger war hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass Private-Equity-Häuser zwar weiterhin Interesse an einer Übernahme von SoftwareOne bekunden würden, angesichts der operativen Entwicklung aber nicht zu einem Preis auf der Höhe, die Bain aufgerufen hatte.
Ein Investment Banker vermutet, dass der heutige Kommunikationsschritt das Ziel hatte, den Börsenkurs nun so weit zu dämpfen, dass eine Transaktion dennoch in den Bereich des Möglichen rückt: Ein tieferer Börsenkurs soll einem Bieter erlauben eine Prämie zu offerieren, ohne dabei zu überzahlen.
Die Gründer sind ja explizit und zum Wohl des Unternehmens mit dem Anspruch an die Macht zurückgekehrt, einen Deal zu zimmern: «Die Gründeraktionäre sind nach wie vor überzeugt, dass für die nächste Wachstumsphase von SoftwareOne die besten Voraussetzungen in einem privaten Umfeld gegeben sind», schrieben sie vor der ausserordentlichen Generalversammlung.
Das Fazit heute lautet: Sie sind gescheitert.
Operativ ist das Unternehmen vom Weg abgekommen – oder hat ihn nach fünf Jahren an der Börse sowie der Rückkehr der Gründer noch immer nicht gefunden. CEO Duffy hat das Weite gesucht – es soll heute Abend bekanntwerden, dass er zu einer zehnmal so grossen US-Gesellschaft wechselt: der Börsenkurs ist abgestürzt.
Der heutige Kurseinbruch um 40% auf rund 8 Fr. könnte zwar tatsächlich neues Interesse an einer Übernahme wecken. Es ist auf diesem Niveau aber illusorisch, dass selbst eine Prämie von 50% die Publikumsaktionäre noch zufriedenstellen würde.
Genau in deren angeblichem Interesse hatte übrigens der vormalige Verwaltungsrat die Offerte von Bain über 18.50 Fr. zurückgewiesen – da sie «den zugrundeliegenden Wert von SoftwareOne nicht angemessen abbildet».
Auch das war offensichtlich eine komplette Fehleinschätzung.
Viele Investoren sind sich einig: SoftwareOne hat wegen operativer Schwächen sowie wiederholtem Versagen der Führung an der Börse nichts zu suchen. Doch genau aus diesen beiden Gründen dürfte das Unternehmen nun auf absehbare Zeit nicht verschwinden, jedenfalls nicht zu einem Preis, der für die Publikumsaktionäre akzeptabel wäre.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Ruedi Keller
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