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Mit der Wiederwahl von Sandu bleibt das Land auf Westkurs

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Nach der knappen Annahme des EU-Referendums vor zwei Wochen bestätigen die Bürger der Moldau Präsidentin Sandu im Amt. Trotz präzedenzloser Einflussnahme aus Moskau blickt das kleine Land weiter nach Westen – vorerst.

Die moldauische Präsidentin Maia Sandu schafft mit gut 55 Prozent der Stimmen die Wiederwahl.

Dumitru Doru / EPA

Die Moldau bleibt auf prowestlichem Kurs. Nach der hauchdünnen Annahme des Referendums vor zwei Wochen, das den EU-Beitritt in der Verfassung als politisches Ziel verankert hat, ist am Sonntag Präsidentin Maia Sandu die Wiederwahl gelungen. Zwar vereinte ihr Herausforderer Alexandr Stoianoglo, der für eine Äquidistanz der ehemaligen Sowjetrepublik zwischen dem Westen und Russland eintritt, im Land selber eine knappe Mehrheit der Stimmen auf sich. Aber die prowestliche Amtsinhaberin errang dank den Stimmen der grossen Diaspora den Sieg. Mit mehr als 55 Prozent für Sandu war das Ergebnis deutlicher als erwartet.

Eine Präsidentin für alle

Sie wolle eine Präsidentin für alle Moldauer sein, sagte Sandu mit heiserer Stimme, als sie sichtbar erleichtert gegen Mitternacht vor die Kameras trat. Dabei sprach sie nicht nur in der Staatssprache Rumänisch, sondern wandte sich auch auf Russisch an die Menschen des zwischen Rumänien und der Ukraine eingeklemmten Landes.

Auch von wohlgesinnten Kreisen wird dem prowestlichen Lager vorgeworfen, die grosse russischsprachige Bevölkerung lange pauschal als fünfte Kolonne Moskaus betrachtet und sich nicht um deren Unterstützung bemüht zu haben. Auch der Herausforderer Stoianoglo äusserte sich in einer Stellungnahme versöhnlich. Demokratie bedeute vor allem Respekt vor dem Ergebnis, sagte der frühere Generalstaatsanwalt. Seine Anhänger forderte er auf, Ruhe zu bewahren.

Präzedenzlose Einflussnahme aus Moskau

Das ist ein positives Zeichen. Wahlen haben in der kleinen Moldau immer eine starke geopolitische Komponente. Russland, das in der abtrünnigen Region Transnistrien mehrere Militärbasen unterhält, betrachtet die ehemalige Sowjetrepublik weiterhin als Teil der eigenen Einflusssphäre. Die weitere Annäherung des Landes an die EU – es ist seit vergangenem Jahr Beitrittskandidat – soll um jeden Preis verhindert werden.

Vor dem EU-Referendum und der Präsidentschaftswahl hatte die russische Einflussnahme bisher unbekannte Ausmasse angenommen. Beobachter sprachen von einem hybriden Krieg Moskaus. Sandu erwähnte nach der ersten Wahlrunde den Kauf von insgesamt 300 000 Stimmen durch ihre Gegner und sprach von einem präzedenzlosen Angriff auf die Demokratie. Die Präsidentin wiederholte am Sonntag die Vorwürfe.

Gemässigtes Auftreten von Sandus Herausforderer

Besonders im Fokus steht in diesem Zusammenhang der flüchtige Geschäftsmann Ilan Sor. Aus dem Moskauer Exil nimmt dieser weiterhin Einfluss auf die moldauische Politik, auch mit unlauteren Mitteln. Sor war wegen seiner Rolle in einem spektakulären Betrugsmanöver, bei dem Guthaben im Gegenwert von fast einer Milliarde Dollar von lokalen Banken verschwanden, in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.

Einer jungen Journalistin gelang es kurz vor dem Referendum aufzuzeigen, wie Sors Umfeld in der Moldau systematisch Geldzahlungen einsetzt, um Stimmen zu gewinnen. Besonders einflussreich ist seine Partei in der Region Gagausien im Süden des Landes, wo eine türkischsprachige, aber orthodoxe Minderheit lebt, die traditionell stark auf Russland ausgerichtet ist.

Wie am türkisch anmutenden Nachnamen zu erkennen ist, stammt Sandus Herausforderer Stoianoglu ebenfalls aus Gagausien. In geopolitischen Fragen tritt der Jurist, der als Kandidat der Sozialisten antrat, jedoch ambivalenter auf. Er spricht sich für einen EU-Beitritt aus und besitzt, wie die Mehrheit der Moldauer, auch einen rumänischen Pass. Seine Tochter arbeitet sogar für die europäische Zentralbank. Dies sollte ihn auch für proeuropäische, aber von Sandus Regierung enttäuschte Bürger wählbar machen. Dennoch wäre seine Wahl ein Triumph für den Kreml gewesen und hätte dessen Einflussmöglichkeiten erhöht.

Sandu hat die Bekämpfung der oligarchischen Machtstrukturen im Land zu einer Priorität ihrer Präsidentschaft gemacht, weil diese Russlands Einflussnahme begünstigen. Stoianoglos Bilanz im Kampf gegen die Korruption ist als Generalstaatsanwalt bestenfalls gemischt.

Grosse Bedeutung der Diaspora

Anders als in Georgien ist es in der Moldau gelungen, trotz russischem Druck den prowestlichen Kurs beizubehalten. Dass die grosse Diaspora daran entscheidenden Anteil hatte, ist bezeichnend. Im westlichen Ausland, wo besonders viele Moldauer ihr Leben verdienen, sind die Möglichkeiten zur Einflussnahme kleiner, auch wegen geringerer Abhängigkeitsverhältnisse. Das Phänomen ist nicht auf die Moldau beschränkt. Auch beim Widerstand gegen die Aushöhlung des Rechtsstaats in Rumänien etwa war das Engagement der Auslandrumänen ausschlaggebend.

Moskau dürfte die Bedeutung der Auslandstimmen nutzen, um die Legitimität der Wahl infrage zu stellen. Bereits im Vorfeld des Urnengangs bezeichnete der Kreml die Verfügbarkeit von lediglich zwei Orten zur Stimmabgabe in ganz Russland als Versuch, prorussische Moldauer im Land von den Urnen fernzuhalten.

Ohnehin ist fraglich, ob das Land mit Sandus Wiederwahl nun tatsächlich in ruhigere Fahrwasser eintritt. Im kommenden Sommer steht die Parlamentswahl an. Die Präsidentin hat als Symbolfigur für die Ausrichtung des Landes zwar eine grosse Bedeutung, ist zur Umsetzung ihrer prowestlichen Politik aber auf eine Mehrheit im Parlament angewiesen.

Die Regierung von Ministerpräsident Dorin Recean geniesst in der Bevölkerung deutlich weniger Popularität als das Staatsoberhaupt. Die Führung in Chisinau kann dank dem Kandidatenstatus der EU aussenpolitisch zwar Erfolge vorweisen, aber die Lebenssituation der Bürger hat sich bisher kaum verändert. Zu den Hauptproblemen zählen eines der niedrigsten Wohlstandsniveaus Europas und die noch immer von Korruption zerfressene Justiz.

Nicht zuletzt wirft der Krieg in der Ukraine seinen Schatten auf das kleine Land. In keinem Staat Europas, mit Ausnahme Russlands und der Ukraine, ist die Sicherheitslage so direkt vom Kriegsverlauf abhängig.

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