Abstimmungsumfrage 2. Welle –
Autobahnvorlage verliert massiv an Zustimmung – Nervosität bei Befürwortern wächst
Die Abstimmung vom 24. November wird zur Zitterpartie. Ja- und Nein-Anteile nähern sich vor allem beim Autobahnausbau an. Bei Efas sind viele immer noch unentschlossen.
Publiziert heute um 06:00 Uhr
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- Die Zustimmung zum Autobahnausbau ist von 56 auf 49 Prozent gesunken.
- Besonders junge Menschen und Städter lehnen den Ausbau verstärkt ab.
- Bei der Gesundheitsvorlage Efas ist die Unterstützung gestiegen, bei den Mietrechtsvorlagen gesunken.
Der Rückhalt für den Autobahnausbau bröckelt markant. Gemäss der neuesten Umfrage von «20 Minuten» und Tamedia ist die Zustimmung seit der ersten Umfragewelle von Anfang Oktober von 56 auf 49 Prozent gesunken. Für eine Vorlage von Bundesrat und Parlament ist ein solcher Rückgang um sieben Prozentpunkte ungewöhnlich.
Der aktuelle Umfragetrend deutet nun auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin: Denn 49 Prozent Ja stehen 48 Prozent Nein gegenüber. Besonders in den Städten und bei den Jüngeren stösst der Ausbau auf Widerstand, während die Landbevölkerung die Vorlage deutlicher gutheisst.
Die Gegner des Autobahnausbaus setzen laut der Umfrage vor allem auf das Verkehrsargument: 50 Prozent der Ablehnenden sind überzeugt, dass mehr Strassen zu mehr Verkehr führen. Staus würden bei einem Ausbau nur kurzfristig abnehmen, wie die Erfahrung und die Verkehrsforschung zeigten.
Für ein Viertel der Gegner steht der Klimaschutz im Vordergrund – der Ausbau stehe im Widerspruch zu den Klimazielen, die erreicht werden könnten, wenn der Autoverkehr eingedämmt werde.
Die Parteipräferenzen beim Autobahnausbau zeigen den klassischen Links-rechts-Graben: Die bürgerlichen Parteien befürworten die Vorlage deutlich – allen voran die FDP und die SVP. Auch die Mitte-Basis unterstützt den Ausbau mehrheitlich.
Auf der anderen Seite steht ein klares Nein des links-grünen Lagers: Die Grünen lehnen die Vorlage mit 93 Prozent wuchtig ab, die SP-Basis mit 78 Prozent. Die GLP-Anhängerschaft positioniert sich mit 61 Prozent Nein ebenfalls deutlich im ablehnenden Lager.
Gewerbeverband engagiert PR-Agentur
Die Nervosität im Befürworterlager wächst bereits seit der SRG-Umfrage von Mitte Oktoberdie bereits damals nur eine knappe Mehrheit von 51 Prozent auswies.
So engagierte der Gewerbeverband, der den Lead bei der Abstimmungskampagne hat, einen Berater der Dynamics Group, einer externen PR-Agentur. Dies, obwohl die Geschäftsstelle des Gewerbeverbands mit acht Personen in der Kommunikationsabteilung eigentlich gut aufgestellt wäre.
Zuvor hatte das Bundesamt für Strassen für Schlagzeilen gesorgt, weil es gleich mehrere Kommunikationsagenturen engagierte, die den Ausbau der Autobahnen positiv darstellen sollten, wie der «SonntagsBlick» berichtete.
Allein die Agentur Infrakom wurde mit einem Kostendach von 250’000 Franken ausgestattet, um Anlässe und Ausstellungen zum geplanten Rheintunnel zu organisieren. Ausserdem sollte sie alle Medienanfragen einem «Philosophiecheck» unterziehen, wie es im Papier zum Kommunikationsauftrag heisst.
Ja-Trend bei der Gesundheitsvorlage
Gegenläufig zum Trend beim Autobahnausbau entwickelt sich die zweite Vorlage, die von Bundesrat und Parlament stammt: Die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (Efas) hat an Zustimmung gewonnen.
Während sich in der ersten Umfragewelle die Ja- und die Nein-Stimmen noch die Waage hielten, hat sich das Bild nun gedreht: 46 Prozent würden die Vorlage annehmen, 44 Prozent ablehnen.
Besonders auffällig ist aber: Mit 10 Prozent ist der Anteil der Unentschlossenen nach wie vor ungewöhnlich hoch. Damit bleibt der Ausgang offen.
Der Politologe Lucas Leemann, der mit dem Institut Leewas die Umfrage verantwortet, führt die nach wie vor grosse Zahl Unentschiedener darauf zurück, dass bei diesem Thema politisch von Anfang an «Kakofonie» geherrscht habe: Bei der SVP war die Fraktion dafür, die Parteispitze dagegen und die Delegiertenversammlung wieder dafür; bei der SP stimmten die Präsidiumsmitglieder Cédric Wermuth und Mattea Meyer im Parlament zu dem Thema gegensätzlich ab.
Auffällig bei der Efas-Vorlage sind auch die parteipolitischen Gräben: Während FDP und GLP die Reform klar unterstützen, lehnen SP und Grüne sie ebenso deutlich ab. Auch zeigt sich ein markanter Unterschied zwischen Stadt und Land sowie nach Einkommen: je höher das Einkommen, desto grösser die Zustimmung.
Nein-Trend bei den Mietrechtsvorlagen
Beide Mietrechtsvorlagen haben seit der ersten Umfragewelle an Unterstützung verloren. Die Verschärfung der Regeln bei der Untermiete wurde ursprünglich von 47 Prozent abgelehnt. Nun sprechen sich 51 Prozent dagegen aus.
Besonders in den Städten ist die Skepsis gross: Nur 37 Prozent würden dort zustimmen, während auf dem Land die Vorlage mit 54 Prozent noch eine Mehrheit findet.
Die Befürworter argumentieren, die Gesetzesänderung verhindere überhöhte Untermietpreise etwa auf Vermietungsplattformen. Die Gegner halten die Vorlage für überflüssig, da bereits heute zu hohe Untermieten verboten seien.
Einen Abwärtstrend gibt es bei der Eigenbedarf-Vorlage: Die Unterstützung ist von 43 auf 41 Prozent gesunken. Auch hier zeigt sich ein ausgeprägter Stadt-Land-Graben sowie eine klare Einkommensabhängigkeit.
Während Personen mit einem Haushaltseinkommen über 16’000 Franken die Vorlage mit 66 Prozent unterstützen, lehnen sie Personen mit einem Einkommen unter 4000 Franken mit 64 Prozent ab. Die Gegner befürchten vor allem Kündigungen unter dem Vorwand des Eigenbedarfs.
Die Umfrage wurde von der Firma Leewas durchgeführt. Zwischen dem 6. und 7. November 2024 nahmen 11’961 Personen aus allen Landesteilen teil. Der statistische Fehlerbereich liegt bei ±1,6 Prozentpunkten. Bei Analysen nach Merkmalen wie Parteizugehörigkeit oder Sprachregion ist die statistische Unschärfe aufgrund der kleineren Fallzahlen jeweils grösser.
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Edgar Schuler ist Inlandredaktor mit Schwerpunkt Politik und verfasst regelmässig den Newsletter «Der Morgen».Mehr Infos
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