Michael Werner-Boelz (Grüne) machte bundesweit mit dem Vorstoß Schlagzeilen, in dem von ihm verwalteten Hamburger Bezirk Nord keine Einfamilien- und Reihenhäuser mehr zuzulassen. Auch mit seiner Forderung in der gesamten Hansestadt Anwohnerparkzonen einzurichten, weil die Stadt „Lebensqualität“ verschenke, wenn sie freie Parkplätze zur Verfügung stelle, eckte er an. Jetzt steht der Bezirksamtsleiter vor seiner Abwahl. Im Dezember soll seine Nachfolgerin gewählt werden.
Auslöser für die Abwahl sind die Bezirksversammlungswahlen in Hamburg aus dem Sommer. Bei diesen mussten die Grünen im 330.000-Einwohner-Bezirk Hamburg-Nord erhebliche Verluste hinnehmen. Sie blieben zwar wie schon 2019 stärkste Kraft, konnten sich mit dem Wunschkoalitionspartner SPD aber nicht auf eine Fortführung eines rot-grünen Bündnisses verständigen – nach zehn Jahren kam der Bruch der Koalition. Werner-Boelz, der Kritikern zu sehr als Grünenpolitiker und zu wenig Verwaltungschef agiert, bot der SPD zwar einen Amtsverzicht an. Die wollte den Grünen aber das Amt überhaupt nicht überlassen, sondern den hohen Beamtenposten selbst besetzen. Aktuell schmiedet die SPD im Bezirk Nord daher an einer Vierer-Koalition mit CDU, FDP und Volt.
Noch laufen die Verhandlungen, aber auf eine Kandidatin für das Amt der Bezirksamtsleiterin haben sich die vier Parteien bereits geeinigt. Die Wahl soll in der Sitzung der Bezirksversammlung am 12. Dezember 2024 erfolgen. Ausgesucht haben die künftigen Koalitionäre die promovierte Juristin Bettina Schomburg, SPD-Mitglied und ausgewiesene Verwaltungsfachfrau. Aktuell ist sie Abteilungsleiterin im Hamburger Landesbetrieb für Immobilienmanagement und Grundvermögen, war zuvor in der Finanz- und Wissenschaftsbehörde der Hansestadt beschäftigt und hat auch in der Berliner Senatsverwaltung gearbeitet.
Schomburg erfülle „vollumfänglich alle Anforderungen hinsichtlich fachlicher Leistung, charakterlicher Eignung und formaler Befähigung“, erklärte etwa der Chef der FDP im Bezirk Nord, Robert Bläsing. Aus Sicht seiner Partei sei sie daher „genau die Richtige, um das Bezirksamt wieder auf die Erfolgsspur zurückzuführen.“ Vor allem die Opposition hatte sich sehr an Werner-Boelz und dessen öffentlichen Äußerungen gestoßen.
Neue „Wandsbek-Koalition“
Auch in einem anderen Hamburger Bezirk steht nach den Wahlen eine neue Koalition an. Und auch in Wandsbek, dem größten Bezirk der Hansestadt mit mehr als 450.000 Einwohnern, ist der Wahlsieger der Bezirksversammlungswahl nicht an der Regierungsbildung beteiligt. SPD, Grüne und FDP wollen in den kommenden Jahren die Politik gemeinsam bestimmen. Stärkste Kraft im Bezirk war bei den Wahlen im Sommer die CDU geworden. Ihr Versuch, mit der SPD eine Große Koalition zu bilden, scheiterte.
Am Sonntag, gut fünf Monate nach den Bezirkswahlen, stimmten die Parteigremien von SPD, Grünen und FDP einem gemeinsamen 45-seitigen Vertrag zu. Für die neue „Wandsbek-Koalition“ habe man mehrere Wochen lang gut miteinander verhandelt, sagte der Kreisvorsitzende der SPD Wandsbek, Andreas Dressel. Zuletzt hatte die SPD in Wandsbek mit den Grünen koaliert. Für eine Fortsetzung dieses Bündnisses reichten die Mandate in der neuen Bezirksversammlung aber nicht, weshalb man sich die FDP hinzuholte.
Redakteurin Julia Witte genannt Vedder arbeitet in der Hamburg-Redaktion von WELT und WELT AM SONNTAG. Seit 2011 berichtet sie über Hamburger Politik.
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