Wahlen in Rapperswil-Jona –
Erste Stadtpräsidentin oder reines Männergremium? Heisser Wahlkampf steuert auf Höhepunkt zu
Am Sonntag wählen die Stimmberechtigten von Rapperswil-Jona ihr Oberhaupt. Noch selten hat es einen so erbitterten Wahlkampf gegeben.
Publiziert: 23.11.2024, 20:00
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Nach acht Jahren im Amt könnte die Karriere von Martin Stöckling, Stadtpräsident von Rapperswil-Jona, abrupt zu Ende gehen.
Ernüchternd war für ihn bereits das Resultat im ersten Wahlgang. Nach starker Kritik an seiner Amtsführung landete der Freisinnige im September abgeschlagen hinter seiner parteilosen Herausforderin Barbara Dillier. Trotzdem hielt er an seiner Kandidatur fest. Die zweitgrösste Stadt im Kanton St. Gallen wurde seither von einem ungewöhnlich heftigen Wahlkampf in Atem gehalten.
Dabei waren es nicht einmal so sehr die beiden Kandidierenden, die sich ein erbittertes Duell lieferten. Für Wahlkampfgetöse sorgten vielmehr ein umstrittener Medienunternehmer und eine Gruppe «besorgter Bürgerinnen und Bürger».
Neue Präsidentin aus Fischenthal?
Zu den lautesten Gegnern von Martin Stöckling gehört der Verleger des Onlineportals «Linth24», Bruno Hug. Er hat den Amtsinhaber in den letzten vier Jahren immer wieder angegriffen und in Artikeln scharf kritisiert. Er kreidet dem Stadtpräsidenten Verfehlungen in diversen Projekten an und wirft ihm Intransparenz und Unehrlichkeit vor. Hug war es auch, der die Sprengkandidatin Barbara Dillier gegen Stöckling lanciert hat.
Dillier, die aktuell als Gemeindepräsidentin der Zürcher 2600-Seelen-Gemeinde Fischenthal amtet, betonte derweil stets ihre Unabhängigkeit. Ihre Wahlkampffinanzierung und ihre Unterstützer hat Dillier dennoch lange nicht offengelegt, was ihr in der Stadt unter anderem auch Kritik von einigen Lokalparteien einbrachte. Erst kürzlich gab sie bekannt, dass rund ein Sechstel ihres 120’000-Franken-Wahlkampfbudgets von privaten Gönnern stamme. Bruno Hug habe aber nicht gespendet.
Vorteil Dillier
Obschon Dillier im Wahlkampf kaum mit politischen Inhalten aufgefallen ist, gilt sie als klare Favoritin im zweiten Wahlgang. Dies nicht nur, weil sie 1500 Stimmen Vorsprung aus dem ersten Wahlgang mitnimmt. Dillier holte 4101 Stimmen, verpasste aber das absolute Mehr um gut 550 Stimmen.
Ohne Dillier wäre der Stadtrat von Rapperswil-Jona ab nächstem Jahr rein männlich besetzt. Die Zürcherin könnte überdies die erste Frau an der Spitze der Stadt am oberen Zürichsee werden.
Flyerkampagne für Stöckling
Gleichzeitig wäre die Mehrheit im Stadtrat dann parteilos. Die SVP als wählerstärkste Partei sowie die Grünen und die GLP sind nach dem ersten Wahlgang nicht mehr vertreten. Mit der Abwahl von Stöckling würde auch die FDP erstmals aus der Exekutive von Rapperswil-Jona verschwinden. Das will ein Komitee von «besorgten Bürgerinnen und Bürgern von Rapperswil-Jona» verhindern. Ende Oktober lancierte es darum eine Flyerkampagne.
Als Oberhaupt von Rapperswil-Jona brauche es «politische Erfahrung», war auf den Flugblättern zu lesen. Und: «Wir sind überzeugt, dass Martin Stöckling hierfür die geeignetere Person ist!»
Dillier oder Stöckling, Start-Ziel-Sieg oder rasantes Comeback: Bald ist klar, wer die nächsten vier Jahre die Geschicke von Rapperswil-Jona lenken wird. Die Frage wird dann sein, wie schnell der erbitterte Wahlkampf vergessen und die Sachpolitik wieder in den Fokus gerückt werden kann.
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Fabienne Sennhauser ist diensthabende Redaktorin im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft.Mehr Infos
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