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Finma zieht Millionen ein – Aktien stürzen ab

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Die Finanzmarktaufsicht bestraft die Zürcher Finanzfirma streng und zieht mehr als 9 Millionen Franken ihres Gewinns ein. Die Finma probt bereits die Einführung des Senior-Manager-Regimes.

2023 hat die Finma das Enforcement-Verfahren gegen Leonteq eröffnet.

Gaëtan Bally / Keystone

Die Bankenaufseher gehen energisch gegen Leonteq vor, einen Anbieter von strukturierten Produkten aus Zürich. Wie aus einer Mitteilung vom Donnerstag hervorgeht, hat die Finanzmarktaufsicht (Finma) ein sogenanntes Enforcement-Verfahren gegen die börsenkotierte Finanzfirma abgeschlossen. In diesem Zusammenhang hat sie die Einziehung von 9,3 Millionen Franken des Gewinns von Leonteq angeordnet und will einen Prüfbeauftragten einsetzen.

Die Aktien von Leonteq sackten an der Schweizer Börse ab und verloren am Donnerstag zeitweise mehr als 12 Prozent ihres Werts. Der Gewinneinzug der Finma entspricht fast der Hälfte des letztjährigen Gewinns der Firma. Auch im Verhältnis zum im laufenden Jahr erwarteten Gewinn von über 40 Millionen ist es eine schmerzhafte Sanktion. Leonteq hat ebenfalls am Donnerstag eine Gewinnwarnung publiziert. Der Gewinn vor Steuern für das laufende Geschäftsjahr soll sich nunmehr «im einstelligen Millionenbereich» bewegen.

Finma: schwere Verstösse

Die Finma begründet ihr strenges Vorgehen mit schwerwiegenden Verstössen. Leonteq habe «schwer gegen seine Risikomanagement-Pflichten sowie Gewährspflichten verstossen». Als Anbieter von strukturierten Finanzprodukten arbeitet Leonteq mit eigenen und von Partnern herausgegebenen Produkten. Diese werden über externe Distributoren vertrieben.

Die Untersuchung der Finma habe aufgezeigt, dass Leonteq ihre Distributionskette unzureichend überwacht und in «einigen Fällen mit zweifelhaften, unregulierten Distributoren zusammengearbeitet» habe. Die problematischen Transaktionen mit Parteien aus der Karibik wurden im Herbst 2022 von der Financial Times erstmals enthüllt. Die Gewinn-Konfiszierung bezieht sich auf zwei Transaktionen mit zwei ehemaligen Distributoren, die zwischen 2018 und 2022 stattfanden.

In einer Stellungnahme bedauert Leonteq die festgestellten Mängel und bekräftigt, dass man vollumfänglich mit der Finma kooperiert habe. Man werde künftig nur noch Geschäfte mit Distributoren machen, die reguliert seien. Leonteq begründet die Verstösse mit dem schnellen Wachstum der Firma in dieser Zeit.

«Die Schwachstellen in unserem Risikomanagement hätten trotz des raschen Wachstums nicht passieren dürfen», lässt sich Lukas Ruflin, der langjährige CEO von Leonteq zitieren. Die Firma werde ihr internes Kontrollsystem weiter stärken. Zudem legt das Unternehmen wert auf die Feststellung, dass verschiedene Vorwürfe, die in den Medien und von Dritten erhoben wurden, sich als unbegründet erwiesen. Es gebe etwa keine Hinweise darauf, dass Leonteq «absichtlich an allfälliger Geldwäscherei oder Steuerhinterziehung» beteiligt gewesen sei.

Testlauf für das Senior-Manager-Regime?

Leonteq beteuert, dass das Unternehmen in den letzten Jahren erheblich in die Verbesserung von Compliance und Risikomanagement investiert habe – mitunter wurde die Anzahl Mitarbeitende in diesen Bereichen verdoppelt, wichtige Positionen neu besetzt sowie die Anzahl Absatzmärkte reduziert. Zudem würden die weiteren von der Finma angeordneten Massnahmen mit «hoher Priorität» umgesetzt.

Die Finma versucht derweil auf Nummer sicher zu gehen. Sie will dafür einen Prüfbeauftragten einsetzen. Dieser «Aufpasser» soll kontrollieren, ob alle angeordneten Massnahmen korrekt umgesetzt wurden. Der Beauftragte werde jedoch nicht bei Leonteq stationiert sein, sondern erst nach Abschluss der Arbeiten zum Einsatz kommen, heisst es auf Anfrage.

Solange nicht alle Missstände behoben sind, darf Leonteq keine neuen Distributoren aufnehmen, die als «hohes Risiko» eingestuft werden. Zudem darf die Firma mit 590 Mitarbeitern nur noch mit Distributoren zusammenarbeiten, die einer Regulierung unterstehen, die mit der Schweiz vergleichbar ist. Beziehungen mit unregulierten Distributoren muss sie beenden.

Bemerkenswert ist zudem die Auflage, dass Leonteq ihre Corporate Governance, also ihre Führungsstrukturen, ausbauen muss. Die geforderten Massnahmen erinnern an das so genannte «Senior Manager Regime», das die Finma als zusätzliche regulatorisches Instrument bei durchsetzen möchte. So verlangt die Finma, dass Leonteq «die Verantwortlichkeiten innerhalb ihres Managements umfassend schriftlich darlegt und zuordnet», zudem soll ein Reporting über «reputationsrelevante Governance-Themen» eingeführt werden.

Für die Finma könnte Leonteq somit ein Testfall für die spätere, systematische Einführung des Senior-Manager-Regimes sein. Die Entscheide der Finma sind indes noch nicht rechtskräftig. Die Firmenleitung könnte gegen die Massnahmen Berufung einlegen. Dem Vernehmen nach hat sie aber keine Absicht, dies zu tun.

Negativer Trend setzt sich fort

Für Leonteq kommt der Entscheid der Finma zu einem schlechten Zeitpunkt. Zwar war der Abschluss eines Enforcement-Verfahrens absehbar, doch der Negativ-Trend bei Geschäfts- und Aktienkursentwicklung dürfte anhalten. Seit Jahren verlieren die Leonteq-Aktien an Wert, allein in diesem Jahr sind es 40 Prozent. Auf dem Höhepunkt vor rund zehn Jahren waren sie fast zehnmal mehr wert.

In den letzten vier Jahren musste Leonteq vier Gewinnwarnungen publizieren, zuletzt im Dezember 2023. Damals hatte Leonteq die Gewinnerwartungen deutlich gesenkt. Grund waren hohe Investitionen und die geringe Marktvolatilität. Anbieter von strukturierten Produkten profitieren, wenn die Schwankungen an den Märkten hoch sind.

Die Volatilität ist weiterhin gering, somit schmerzt nicht nur der Gewinneinzug, sondern auch das stabile Marktumfeld. Die Hoffnung auf ein positiveres Umfeld für strukturierte Produkte, die nach den US-Wahlen erwartet worden war, hat sich gemäss Einschätzung der Analysten der ZKB nicht erfüllt.

Auch das Ausmass des von der Finma angeordneten Gewinn-Einzugs und die daraus folgende Gewinnwarnung erachten die Finanzexperten als «überraschend». Leonteq verweist zwar auf ihre nach wie vor solide Eigenkapitalausstattung. Doch solange die Finma im Haus ist, dürfte der Druck auf Unternehmen und Aktien kaum nachlassen.

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