Die GLP-Politikerin hat mit einem provokativen Social-Media-Post einen Shitstorm ausgelöst. Nun erklärt sie die Hintergründe ihrer Handlung. Und sie will in die Politik zurückkehren.
Im September sorgte die grünliberale Politikerin Sanija Ameti mit einem einzigen Post auf der Social-Media-Plattform Instagram für landesweite Empörung. Auf dem Bild schoss sie mit einer Sportpistole auf ein Bild der heiligen Maria und Jesus.
Sie löschte den Post zwar sogleich und entschuldigte sich. Doch sie brachte Öffentlichkeit und Politik gegen sich auf. Sie trat aus dem Gemeinderat zurück und wurde von ihrer Stelle als PR-Beraterin entlassen. Seither hat sie sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
Drei Monate nach den Vorkommnissen hat sich die Politikerin in einem Interview mit der «Schweiz am Wochenende» erstmals zu ihrer Handlung geäussert. Die Co-Präsidentin der Operation Libero stellt zudem ihre Rückkehr in den politischen Betrieb in Aussicht.
«Völlig übermüdet»
Ameti bekräftigte im am Samstag erschienenen Interview wiederholt, dass ihre Handlung ein Fehler gewesen sei. Es tue ihr nach wie vor «unendlich leid, was ich getan und damit ausgelöst habe», sie wolle den Vorfall keineswegs rechtfertigen. «Ich schäme mich für diesen Fehler», sagte sie. Verantwortung dafür zu übernehmen heisse auch, sich den Konsequenzen zu stellen. Ameti erhielt Morddrohungen, sie stand zeitweise unter Polizeischutz. GLP-Präsident Jürg Grossen forderte zudem ihren Parteiausschluss.
Dass Ameti an jenem Abend überhaupt auf die Idee gekommen sei, auf das Marienbild zu schiessen, begründet sie damit, dass sie überarbeitet und nach mehreren Nachtschichten «völlig übermüdet» gewesen sei: «In solchen Situationen hilft mir Sportschiessen», sagt sie.
Doch dann sei etwas in ihrem Kopf passiert, dass sie «aus der Bahn» geworfen habe: Sie habe an ihre Familie und an ihren in den 1990er-Jahren auf der Flucht umgebrachten Bruder gedacht. «Beim Anblick des Bildes an der Wand sah ich gar nichts. Ich fühlte nur einen Schmerz», sagt Ameti.
Um mit dem Schmerz umzugehen, habe sie das Bild auf Social Media gestellt. An einem «normalen Tag» hätte sie mit jemanden darüber gesprochen. «Das Handy war da, und so tat ich, was ich mit etwas Überlegen nie getan hätte», erklärt sie ihre Handlung.
Social Media habe einen grossen Teil des Alltags der Politiker übernommen. Die Grenzen zwischen realem, privatem Leben und digitalem, öffentlichen Leben würden irgendwann verschwinden.
«Ich bin Atheistin»
Eine Erklärung, weshalb sie auf ein religiöses Bild geschossen habe, bleibt Ameti jedoch schuldig. Sie habe einfach eine Seite aus einem Auktionskatalog als Zielscheibe genommen, der auf einem Stapel Altpapier lag.
«Ich habe Religion immer so weit wie möglich von mir ferngehalten», sagt sie und unterstreicht, dass sie eine «Atheistin» sei. Ihre muslimische Herkunft werde aber bemüht, sobald sie einen Fehler mache. Es irritiere sie, wenn ihr «eine Identität aufgezwungen werde».
Die Reaktion des katholischen Frauenbundes und dass ihr Bischof Bonnemain vergeben habe, sei indes «etwas vom Schönsten», was sie erlebt habe. Bei der katholischen Kirche habe sie Humanismus und Aufklärung gefunden, den sie andernorts vermisst habe.
Ameti erklärt, dass sie sich in den letzten Wochen nicht mehr getraut habe, das Haus zu verlassen, was sie nun aber wieder tun könne. Sie sei auch nicht mehr krankgeschrieben und wieder in der Lage, ihren Verpflichtungen nachzugehen.
Ausschluss Ametis ein «komplexer Prozess»
Von der GLP-Basis habe sie viel Zuspruch bekommen. Zu GLP-Präsident Jürg Grossen will sich Ameti nicht äussern. «Es war für mich nie eine Option, mein politisches Engagement zu beenden», sagt sie. Sie wolle grünliberal bleiben, die GLP sei ihre «politische Heimat».
In einer Stellungnahme vom Samstag schreiben die Grünliberalen Zürich, dass sie im September ein Schreiben der nationalen Partei erhalten haben betreffend des Ausschlusses von Sanija Ameti aus der Partei. Dies sei vereinsrechtlich ein «komplexer Prozess».
Zur Zeit seien Gespräche mit Ameti am Laufen, doch aufgrund ihrer Krankschreibung habe sich die interne Aufarbeitung verzögert. Der Prozess würde «in den nächsten Wochen» abgeschlossen.
Der Vorstand der Operation Libero schreibt in einem Blog-Eintrag, dass er an Ameti als Co-Präsidentin der Bewegung festhalten wolle.
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