DieseÜberraschender Abgang bei Bank –
Warum Firmenchef Heinz Huber Raiffeisen verlässt
Nach den turbulenten Jahren der Ära Pierin Vincenz brachte Heinz Huber Ruhe in die Raiffeisen. Doch die missglückte Lancierung einer Super-App hinterliess Kratzer am Image des Vincenz-Nachfolgers.
Publiziert heute um 15:58 Uhr
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- Heinz Huber verlässt Raiffeisen Ende Jahr.
- Huber übernahm Raiffeisen 2019 und führte wichtige Reformen und Dezentralisierung durch.
- Die geplante Super-App von Raiffeisen scheiterte aufgrund technischer Hürden.
- Ab Juli 2025 soll Huber als Verwaltungsratspräsident der Bündner Kantonalbank agieren.
Über Heinz Hubers Rücktritt als Chef der zweitgrössten Bankengruppe des Landes wurde schon lange spekuliert. Er wies die Gerüchte jedes Mal zurück. Er sei noch voll im Saft, die Aufgabe reize ihn weiterhin, und er könne noch viel bewirken.
Nun endet seine Amtszeit abrupt: Er verlässt Raiffeisen auf Ende des Jahres und wird per 1. Juli Präsident der Bündner Kantonalbank. Raiffeisen sucht innerhalb und ausserhalb der Bank nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Zwischenzeitlich übernimmt Finanzchef Christian Poerschke.
Huber übernahm bei der Raiffeisen ein schweres Erbe. Die Bank war nach der Vincenz-Ära geschwächt, der Ruf angeschlagen. Unter Hubers Führung seit 2019 hat sich das Finanzinstitut von den Nachwirkungen erholt und neu aufgestellt.
Dabei genoss er bei seinem Antritt wenig Kredit. Er war Chef der Thurgauer Kantonalbank, wo er elf Jahre solide arbeitete. Der Sprung zur wesentlich grösseren Raiffeisen-Gruppe war gross.
Huber gab sich bodenständig und schüchtern
Denn Raiffeisen zählt zu den national systemrelevanten Bankengruppen, hat eine Bilanzsumme von fast 300 Milliarden Franken, ist klarer Marktführer bei Hypotheken. Doch der scheidende Raiffeisen-Chef gab sich stets bodenständig – manchmal fast schon schüchtern.
Als Huber Anfang 2019 die Leitung von Raiffeisen Schweiz übernahm, befand sich die Bankengruppe in einer turbulenten Phase. Die Skandale rund um seine Vorgänger Pierin Vincenz und Patrik Gisel haben das Vertrauen in die Genossenschaftsbank erschüttert.
Die Aufräumarbeiten waren umfangreich. Huber wurde vom damaligen Raiffeisen-Präsidenten Guy Lachappelle geholt, der 2021 wegen einer privaten Affäre den Hut nehmen musste.
Nach dessen Abgang rückte Huber plötzlich als der starke Mann bei Raiffeisen in den Fokus. Dabei war für ihn eigentlich nur eine Nebenrolle neben dem prominenteren Lachappelle vorgesehen.
Huber übernahm die Hauptrolle und setzte dabei klare Prioritäten: Reformen für die Steuerung von Raiffeisen, ein besseres Risikomanagement und die Stärkung der genossenschaftlichen Identität. Besonders die Dezentralisierung der Entscheidungskompetenzen und eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den regionalen Raiffeisenbanken und dem Hauptsitz in St. Gallen standen im Mittelpunkt seiner Strategie.
Probleme mit der Digitalisierung, Frust bei der Genossenschaft
Ein wichtiger Punkt in Hubers Agenda war die Digitalisierung. Raiffeisen sollte den Spagat zwischen Kundennähe und technologischer Modernisierung meistern. Unter seiner Führung sollte eine neue Super-App lanciert werden, welche alle bisherigen Apps in einer einzigen Anwendung vereinen sollte: das eigentliche Log-in, das klassische Alltagsbanking, die Geldanlagen sowie den Zugang als Genossenschafter zum Mitgliederportal.
Dieser Zeitung sagte Huber in einem Interview: «Derzeit sind wir daran, vor allem das Kundenerlebnis zu verbessern. Dazu nehmen wir 500 Millionen Franken in die Hand, das Geld investieren wir unter anderem in eine neue App, in die Beratungsleistung und eine komplett digitale und kundenfreundliche Hypothekarvergabe.»
Doch daraus wurde nichts: Im vergangenen Oktober gab Raiffeisen in einem Nebensatz einer Medienmitteilung bekannt, dass die Super-App vorerst nicht komme. Die Ablösung wäre für Herbst 2024 vorgesehen gewesen.
Der Testbetrieb mit 12’000 Kunden ergab laut «Handelszeitung», dass die Informatik bei zusätzlichen Nutzern möglicherweise überlastet gewesen wäre. Deshalb hat das Unternehmen die Notbremse gezogen.
Ganz ohne Nebengeräusche konnte Huber diese Massnahme nicht umsetzen. Der verantwortliche Chief Operating Officer Uwe Krakau verliess Raiffeisen; seine Funktion wurde abgeschafft.
Gemäss «Inside Paradeplatz» läuft eine interne Untersuchung, wie es zu dem Fehler kommen konnte. Wie viel der Investitionen von 500 Millionen Franken durch den Stopp der App infrage gestellt werden, legt die Bank nicht offen. Sicher ist: Bei den Genossenschaften sorgt die Übung für Frust.
Wechsel in die strategische Führungsebene
Nun wagt Huber den nächsten Schritt auf der Karriereleiter: Er wechselt vom operativen Tagesgeschäft in die strategische Führungsebene. Ab Juli 2025 soll er Verwaltungsratspräsident der Bündner Kantonalbank werden.
Dort wird er Peter Fanconi ersetzen. Der sorgte in den letzten Monaten für Schlagzeilen, weil er für den gestrauchelten Immobilienunternehmer René Benko bei Schweizer Kantonalbanken die Türen geöffnet haben soll.
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