Am Flughafen Zürich bleiben rund 4 Prozent der Koffer von Swiss-Passagieren zurück. In einem Interview kritisiert die Swiss die Flugsicherung Skyguide sowie das Flughafen-Management scharf. Nun setzen sich diese zur Wehr.
Dicke Luft am Flughafen Zürich. Seit der Corona-Pandemie ist die Qualität am wichtigsten Schweizer Flughafen spürbar gesunken. Gegenüber 2019 sind deutlich mehr Flüge verspätet – und das, obwohl die Anzahl Flugbewegungen noch immer geringer ist als vor der Pandemie. Gleichzeitig gehen immer mehr Gepäckstücke vergessen.
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Die Swiss, die in Zürich ein Drehkreuz für ihr internationales Netz betreibt, wird deswegen seit Monaten teilweise heftig kritisiert. Nun geht die Airline in die Offensive. In einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» gibt Oliver Buchhofer, Geschäftsleitungsmitglied der Swiss, dem Flughafen-Management sowie der Flugsicherungsfirma Skyguide eine Mitschuld an der unbefriedigenden Situation.
So ist der Flughafen Zürich Herr über die Gepäcksortieranlage. Und Skyguide koordiniert die An- und Abflüge in Zürich.
«Wir müssen jetzt wieder zu alten Schweizer Tugenden zurückfinden. Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit und konsequente Zusammenarbeit. Daran hängt auch unser Stolz», sagt Buchhofer.
Gepäckanlage streikt
Doch nun wehren sich die zwei kritisierten Firmen. Der Flughafen betont, dass es oftmals nicht an der Gepäckanlage liege, wenn es der Koffer nicht mehr mit aufs Flugzeug schaffe. «Es gibt diverse Gründe für zurückgebliebenes Gepäck. Zu knappe Umsteigezeiten wegen Verspätungen, zu spätes Check-in oder Störungen an der Anlage, um nur einige zu nennen.» Zur Gänze aufschlüsseln liessen sich die Gründe nicht.
Fakt ist aber: Es kommt immer häufiger vor, dass ein Koffer liegenbleibt. Im «NZZ am Sonntag»-Interview nennt der Swiss-Betriebschef Oliver Buchhofer neue Zahlen: So kämen auf dem gesamten Netz der Swiss 2,3 Prozent der Gepäckstücke nicht mit, in Zürich seien es aber 4 Prozent.
Erst am vorletzten Wochenende ist am Flughafen Zürich die Gepäcksortieranlage ausgefallen, welche derzeit vom Flughafen Zürich erneuert wird. Daraufhin haben sich innerhalb kurzer Zeit Hunderte Koffer angestaut, die in einer Nachtschicht von Swiss-Personal abgearbeitet werden mussten.
Der Flughafen Zürich schreibt, es seien weniger als ein halbes Prozent aller Gepäckstücke, die aufgrund des Umbaus der Sortierungsmaschine des Flughafens zurückblieben. Der Umbau sei eine «Operation am offenen Herzen» gewesen. Insgesamt sei man sehr zufrieden mit dem Projekt.
Dominoeffekt am Himmel
Was die Verspätungen angeht, richtet sich die Kritik der Swiss vor allem an die Flugsicherung Skyguide, die zu 100 Prozent in Staatsbesitz ist. Der Swiss-Betriebschef Buchhofer sagt, es fehle die Bereitschaft, neue Ideen zu testen, um Entlastung zu schaffen. «Es braucht einfach die Bereitschaft, ans Limit zu gehen.»
Doch das sieht Skyguide völlig anders. Die Firma antwortet, der Flughafen Zürich sei aus ihrer Sicht schon heute am Limit. Die Ursache für die schlechten Zahlen sehe man am europäischen Himmel. Das Netzwerk sei voll ausgelastet. «Bei Verspätungen entsteht ein Dominoeffekt mit Auswirkungen für die Schweiz», schreibt ein Skyguide-Sprecher.
Hinzu kämen weitere Störfaktoren. Etwa, dass bei anderen europäischen Flugsicherungen eine grosse Anzahl Fluglotsen fehlten. Und das immer unberechenbarer werdende Wetter.
Skyguide betont, ihre wichtigste Aufgabe sei es, die Sicherheit des Luftverkehrs sicherzustellen. Sie versuche zwar, so weit wie möglich der Nachfrage nach mehr Kapazität nachzukommen. Aber: «Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld, in dem es gilt, kommerzielle Interessen gegenüber der Sicherheit im Luftraum abzuwägen.»
Fakt ist: Die Swiss, Skyguide und der Flughafen Zürich sind aneinander gefesselt. Zusammen stellen sie den Anschluss der Schweiz an das weltweite Flugnetz sicher. Eigentlich befinden sich die drei Firmen in einem engen Austausch. Dass die Swiss nun aber den Gang an die Öffentlichkeit wagt und Kritik übt, zeigt, wie gross die Frustration seitens der Airline sein muss.
Aber wie sehen eigentlich Skyguide und der Flughafen die Zusammenarbeit mit der Swiss? Skyguide gibt sich versöhnlich: «Grundsätzlich wollen alle Flughafenpartner das Gleiche.» Die Zusammenarbeit funktioniere sehr gut. Es seien vielmehr langwierige politische Prozesse, die kurzfristige Lösungen verhinderten.
Der Flughafen Zürich gibt sich distanzierter. Er pflege mit der Swiss einen «regelmässigen und respektvollen» Austausch.
Als Passagier kann man sich nur wünschen, dass sich die drei zusammenraufen. Denn sonst kann man noch lange warten – aufs Gepäck und auf den Flug.
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