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Zwischen überzogenen Ambitionen und Skandalen bröckelt das Projekt für die Stadt der Zukunft „Neom“ – rts.ch

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Als Stadt der Zukunft konzipiert, versprach „Neom“, eine architektonische und technologische Revolution im Herzen der saudischen Wüste zu verkörpern. Doch das hochmoderne Stadtprojekt häuft Rückschläge, darunter den Rücktritt seines CEO Ende 2024 unter dem Vorwurf der Misswirtschaft. Ein Abschied, der eine Reihe von Rückschlägen krönt.

Im Mittelpunkt dieses Projekts steht eine grandiose Vision: zwei parallele, 500 Meter hohe Wolkenkratzer, die zu einer einzigartigen linearen Stadt verbunden sind. Im Inneren ein neues Konzept: eine auf mehreren vertikalen Ebenen organisierte Stadt. Die Bewohner konnten in übereinander angeordneten Räumen leben, arbeiten und spielen, umgeben von hängenden Gärten und vertikalen Bauernhöfen, und das alles in einer üppigen städtischen Umgebung mitten in der Wüste.

Unter dieser Stadt würde ein ultraschnelles Transportnetz die beiden Enden in 20 Minuten verbinden. Und an der Oberfläche? Keine Autos, alles ist für Fußgänger und U-Bahn ausgelegt. Doch das auf 500 Milliarden US-Dollar geschätzte Projekt musste drastisch reduziert werden. Bis 2030 wird voraussichtlich nur ein 2,4 Kilometer langer Abschnitt fertiggestellt sein, verglichen mit den ursprünglich geplanten 170 Kilometern. Und statt 9 Millionen Einwohnern sollen dort nur 300.000 Menschen leben.

Das Herzstück dieses Projekts: zwei parallele, 500 Meter hohe Wolkenkratzer, die zu einer einzigartigen linearen Stadt verbunden sind. [AFP]

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Finanzielle Schwierigkeiten

Die Abwärtskorrektur des Projekts ist größtenteils auf finanzielle Zwänge zurückzuführen. Der Preis für ein Barrel Öl bleibt unter den 98 US-Dollar, die zum Ausgleich des Haushalts erforderlich sind, und ausländische Investoren zögern, sich zu engagieren.

Noch wichtiger ist, dass das Projekt von Vorwürfen wegen Menschenrechtsverletzungen überschattet wird. Laut dem Wall Street JournalUnter den 100.000 Arbeitern, die auf diesem mitten in der Wüste verlorenen Gelände mobilisiert wurden, gab es Fälle von Gruppenvergewaltigung, versuchtem Mord und Drogenhandel. Die Behörden sprechen von „Marginalvorfällen“.

In einem 79-seitigen Bericht mit dem Titel „Stirb zuerst, und ich bezahle dich später“ beschreibt die NGO Human Rights Watch detailliert die Arbeitsbedingungen, die manchmal Zwangsarbeit ähneln, insbesondere auf den Websites von Vision Plan. 2030, das ehrgeizige Reformprojekt von Mohammed bin Salman, Kronprinz und faktischer Führer des Landes.

Synthetisches Bild des für das NEOM-Projekt vorgestellten Lebensraums. [NEOM/AFP]

Andere Prioritäten

Doch für die Initiatoren des Projekts scheint noch nicht alles verloren. Im vergangenen Oktober erblickte der erste Teil von Neom das Licht der Welt: Sindalah, ein luxuriöser Badeort am Roten Meer. Wir sind weit entfernt von der versprochenen futuristischen Stadt, sondern eher im Bereich des High-End-Tourismus.

Saudi-Arabien bereitet außerdem die Fußballweltmeisterschaft 2034 und die Weltausstellung 2030 vor. Daher setzt das Königreich stärker auf konkrete Infrastruktur: Stadien, Flughäfen.

Zu diesen Projekten gehört das Neom-Stadion, eine Anlage mit 46.000 Sitzplätzen, die 350 Meter über dem Boden zwischen zwei Wolkenkratzern liegt. Kronprinz Mohammed Ben Salman scheint verstanden zu haben, dass Realismus nun Vorrang vor Science-Fiction-Träumen haben muss.

Computergeneriertes Bild der beiden riesigen parallelen Wolkenkratzer. [NEOM/AFP – -]

Radiothema: Pascal Wassmer

Artikelwebsite: Hélène Krähenbühl

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