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Geschichte eines tragischen Tages in Zürich

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Muriel Furrer ist diesen Freitag, 27. September 2024, im Universitätsspital Zürich gestorben.Bild: getty

Die Schweizerin Muriel Furrer kam am Freitag, einen Tag nach ihrem Sturz, beim Junioren-Straßenrennen der Weltmeisterschaft ums Leben. Ein Rückblick auf einen schwierigen Tag in Zürich.

28.09.2024, 07:0328.09.2024, 15:46

Muriel Furrer befand sich am Freitagmorgen in Zürich immer noch in einem „sehr kritischen“ Zustand, nachdem sie am Tag zuvor unter noch ungeklärten Umständen gestürzt war – ein Sturz, der ein schweres Kopftrauma verursachte und die Ärzte zu einer Operation der jungen Radfahrerin zwang. Es herrschte also eine ähnliche Besorgnis wie in Chur im Juni 2023, einen Tag nach dem Unfall von Gino Mäder bei der Tour de Suisse.

Die Ereignisse behaupteten, in Absprache mit Muriel Furrers Familie wurde die Sportlerin logischerweise in den Hintergrund gedrängt. Als Beweis für diese Ausnahmesituation wurde den Paracyclisten die Mixed-Zone entzogen und Swiss Cycling stellte jegliche offizielle Kommunikation ein.

Der Start zum stets sehr brisanten Hoffnungslauf der Männer erfolgte dennoch wie ursprünglich geplant kurz nach Mittag. Dort erlangte der Sport wirklich seine Stärke zurück, denn die Läufer lieferten sich von den ersten Kilometern dieser Weltmeisterschaft an einen harten Kampf.

Aber die Axt fiel genau während der Tortur. Es war noch nicht 15 Uhr, als der Tod von Muriel Furrer bekannt gegeben wurde. Die befürchtete Nachricht sorgte im Ankunftsbereich unweit des Utoquai in Zürich für Stille. Der Ansager schwieg und die Läufer überquerten zum zweiten Mal an diesem Tag lautlos die Ziellinie, obwohl der Sechsläutenplatz voller Menschen war. Vielleicht hatten sie gerade verstanden, dass sie bei diesem Rennen nicht mit dem Headset ausgestattet waren und wer, wenn sie es gehabt hätten, von ihrer Sportleitung sicherlich nicht gewarnt worden wäre.

Die Tortur ging bei Regen und einem noch dunkleren Himmel weiter. In dieser apokalyptischen Umgebung kam ein Licht vom Schweizer Jan Christen. Von seinen Teamkollegen zurück an die Spitze gebracht, griff er 50 Kilometer vor dem Ziel an und begann ein Solo-Abenteuer. Für uns Follower schien dies eine Hommage an seinen Landsmann zu sein.

Der Aargauer distanzierte seine Verfolger und schien auch im Laufe der Kilometer nicht nachzulassen. Er nutzte seine Kenntnis des Geländes und seinen Spritzer, um die Lücken zu vergrößern. Wir dachten, seine Nummer im Pogacar-Stil könnte bis zum Ende reichen.

Die Verfolgergruppe kehrte jedoch unter der Führung des Belgiers Jarno Widar zurück und der weniger schneidige Läufer des VAE-Teams Emirates wurde 10 Kilometer vor dem Ziel erneut gesehen. Jan Christen entschied sich schließlich für die Schokoladenmedaille. Dennoch war er am Freitag mit Abstand der stärkste Mann. Normalerweise hätten wir seine Grinta und sein hemmungsloses Radfahren erkannt, aber seine Strategie wurde heftig angegriffen. Wenn er darauf gewartet hätte, dass der Italiener Giulio Pellizzari mit ihm zusammenarbeitet, oder seine Offensive um eine Runde verzögert hätte, wäre Christen heute der hoffnungsvolle Weltmeister im Straßenradsport. Doch all dies schien nach dem Verlust eines angehenden Champions zwecklos.

Es war Zeit für eine Hommage. Das Gesicht von Muriel Furrer erschien auf der riesigen Leinwand neben dem Podium und am Rande der protokollarischen Zeremonie wurde eine Schweigeminute eingelegt, die zu Ehren des Siegers des Tages organisiert wurde: des Deutschen Niklas Behrens.

Eine Schweigeminute zum Gedenken an Muriel Furrer unter traurigem Himmel. Bild: getty

Das Rennen war zu Ende, eine für 17 Uhr geplante, aber um einige Minuten verzögerte Pressekonferenz rundete diesen dramatischen Tag für den Schweizer und internationalen Radsport ab. Im Pressezentrum nahmen Peter van den Abeele, Sportdirektor der International Cycling Union (UCI), und Olivier Senn, General Manager des Zürcher WM-Organisationskomitees, Platz. Sie drückten ihre Trauer aus und baten um eine Schweigeminute.

Die beiden Männer erinnerten dann daran, dass die Weltmeisterschaften auf Wunsch der Familie fortgesetzt würden. Dennoch sind die Flaggen auf Halbmast gesetzt und die außersportlichen Feierlichkeiten – insbesondere eine für Samstagabend geplante Gala – sind abgesagt. Peter van den Abeele und Olivier Senn blieben bezüglich der Umstände des Unfalls ausweichend und vertagten sich auf die laufenden Ermittlungen der örtlichen Behörden. Am Ende des Tages blieben viele Fragen zum Sturz des 18-jährigen Zürchers offen.

Sicher ist nur, dass der Schmerz für Olivier Senn, Co-Direktor der Tour de Suisse, noch größer ist. Er hat den tragischen Unfall von Gino Mäder vor nunmehr über 15 Monaten miterlebt. „Es ist jetzt Muriel Furrer. Ich kann nicht leugnen, dass die Gedanken ähnlich sind“, erklärte der trauernde Anführer am Ende eines anstrengenden Tages.

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