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Warum die SVP „intern stark gespalten“ ist

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Fraktionschef Thomas Aeschi (Mitte im Bild) befand sich am Samstag mit seinem Nein zur Reform des EFAS, der „einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen“ der Krankenversicherung, in einer schlechten Verfassung.Bild: Schlussstein

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Die SVP legte in der Vergangenheit großen Wert auf Geschlossenheit und politische Kohärenz. Von nun an nehmen die internen Streitigkeiten zu. Blochers neoliberale Linie ist nicht mehr unumstritten.

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Bei den Wahlen vor einem Jahr war die SVP der große Gewinner. Er nutzte die geopolitischen Turbulenzen und die „wiederkehrenden Themen“ der Einwanderungs- und Asylpolitik. Doch seitdem kämpft die erfolgsverwöhnte populistische Partei darum, sich durchzusetzen. Die vier Abstimmungstermine in diesem Jahr waren und sind von Differenzen und internen Streitigkeiten begleitet.

Es entsteht ein Konflikt zwischen dem Wirtschaftsliberalismus von Christoph Blocher, mit dem sich die SVP von anderen Rechtspopulisten abgrenzte, und den Forderungen einer „sozialeren“ Partei. Die SVP dürfe „die untersten Einkommensschichten nicht vergessen“warnte beispielsweise der Walliser Nationalrat Jean-Luc Addor im NZZ.

Der Walliser Nationalrat Jean-Luc Addor will eine sozialere UDC.Bild: Schlussstein

Der neoliberale Trend wird heute durch den aus Zug stammenden Gruppenleiter Thomas Aeschi, den Zürcher Bankier Thomas Matter sowie Magdalena Martullo-Blocher vertreten. Allerdings besitzen sie nicht das „bäuerliche“ Charisma von Christoph Blocher, der es geschafft hatte, sich als „Anwalt der kleinen Leute“ zu positionieren, ein Talent, das seine Tochter Magdalena nicht erreichen konnte.

In diesen Bereichen zeigt sich die Spaltung der Udc

Kindergärten

Daher ist es für sie schwierig, die UDC in der Post-Blocher-Ära „auf einer Linie“ zu halten. „Dissidenten“ wie Addor, der in Wirklichkeit ein Mann der extremen Rechten ist, oder der Aargauer Nationalrat Benjamin Giezendanner treten daher aus dem Schatten. Letzteres drückt sich in der aus Sonntagszeitung seine Unterstützung für eine Erhöhung der Anzahl von Kinderkrippen im ländlichen Raum und Elektromobilität für alle.

Die Reaktion von Christoph Blocher war ein abruptes Nein, was nicht verwunderlich ist. In ihrer Blütezeit galt die Kinderbetreuung außerhalb des Familienkreises als eine Art „Tor zur Hölle“. Zu der Zeit, Die UDC idealisierte das traditionelle Familienmodell. Heutzutage melden jüngere Volksvertreter wie die Aargauer Nationalrätin Martina Bircher ihre Kinder selbstverständlich in einer Kinderkrippe an.

Sie seien keine „Linksabweichler“, sondern orientieren sich an den Bedürfnissen der aktuellen Gesellschaft, mit der Blocher, der am Freitag seinen 84. Geburtstag feierte, nur schwer zurechtkomme. Zu der Zeit, als er de facto der Führer war, hatte die UDC großen Wert auf ihre Einheit und ihre klare politische Linie gelegt. Heute wirkt es immer häufiger gespalten, manchmal sogar uneinig.

13. AHV-Rente

Im Parlament lehnte die UDC die Volksinitiative der Union syndicale fast vollständig ab (Jean-Luc Addor enthielt sich der Stimme) und die Delegiertenversammlung lehnte dies fast einstimmig ab. Aber die Anhänger der UDC unterstützten diese Stärkung der AVS fast. Laut der Vox-Analyse des Instituts GFS Bern haben 47 % die Initiative angenommen.

Energierecht

Bundesrat Albert Rösti kämpfte an der Delegiertenversammlung in Langenthal vergeblich für „sein“ Energiegesetz.Bild: Schlussstein

Die Partei hatte im Parlament mehrheitlich dem Bundesgesetz zur Stromversorgung aus erneuerbaren Energien zugestimmt. Doch dann begann der neoliberale Flügel, sich diesem „etatistischen“ Projekt zu widersetzen. Die Delegiertenversammlung stimmte mit „Nein“ und desavouierte damit ihren eigenen Bundesrat Albert Rösti.

Er machte einen guten Eindruck, doch namhafte Energiepolitiker wie der Solothurner Nationalrat Christian Imark und der Thurgauer Staatsrat Jakob Stark ignorierten den Slogan und setzten sich für dessen Übernahme ein. Bei der Abstimmung am 9. Juni hatten die „Dissidenten“ sicherlich nicht die Basis der UDC hinter sich, aber sie hatten die Unterstützung der Wähler.

BVG-Reform

Bei der Reform der betrieblichen Altersvorsorge (BVG) stimmten Fraktion und Abgeordnete zunächst für das Vorhaben. Die Befürworter hörten jedoch auf die Gewerkschaften und lehnten das Projekt am 22. September mit 70 zu 30 Prozent ab, wie aus einer Umfrage von Tamedia hervorgeht. Diese Ablehnung war noch ausgeprägter als die der gesamten Wählerschaft. Dies ist das erste Mal, dass die UDC einem so offensichtlichen Konflikt zwischen ihrer Elite und ihrer Basis gegenübersteht.

LÖSCHEN

Staatsrat Hannes Germann (rechts) sprach sich auf der Pressekonferenz des Ja-Ausschusses für eine Gesundheitsreform aus.Bild: Schlussstein

Doch mit der Gesundheitsreform EFAS, über die am 24. November abgestimmt wird, ist die SVP wirklich auf dem falschen Weg. Wieder einmal stimmte sie im Parlament mit überwältigender Mehrheit für „Ja“, und die Neoliberalen versuchten erneut, die Abstimmung zu beeinflussen. Doch im Gegensatz zum Energiegesetz scheiterten sie kläglich, weil namhafte Persönlichkeiten sich dem Vorhaben widersetzten.

Einer von ihnen ist der Schaffhauser Regierungsrat Hannes Germann. Er war letzte Woche nicht nur bei der Pressekonferenz des Ja-Komitees anwesend, sondern spielte auch die Rolle des „Tätschmeisters“. Sechs kantonale Gesundheitsdirektoren, darunter Natalie Rickli (Zürich), engagieren sich für EFAS und sogar Christoph Blocher hat sich für EFAS ausgesprochen.

Mehrere Teile großer Kantone hatten beschlossen, mit Ja zu stimmen, darunter auch die Zürcher UDC, die als Chefin der Nationalpartei gilt. Ihre Führung widerrief ihre Empfehlung, mit „Nein“ zu stimmen, und sprach sich für die Wahlfreiheit aus. Doch bei ihrer Sitzung am Samstag in Aarau stimmten die Delegierten mit 248 zu 90 Stimmen klar für Ja.

Parteivorsitzender Marcel Dettling musste zugeben, dass wir „intern stark gespalten“ seien. Eine solche Beobachtung wäre zur Zeit Christoph Blochers undenkbar gewesen. Ohne ihn scheint die UDC immer mehr zu einer „vulgären rechten europäischen populistischen Partei“ zu werden, wie PLR-Präsident Thierry Burkart in einem Interview mit CH-Media, Herausgeber von Watson, witzelte.

Seine Beobachtung, dass die SVP „in vielen Fragen immer mehr ins linke Lager ausschwenkt“, hält einer genaueren Betrachtung nicht stand. Das EFAS-Gesundheitsreformprojekt beispielsweise wird von der PS und den Gewerkschaften angefochten. Burkarts Bemerkung ist aus strategischen Gründen motiviert. Unter seiner Führung Die PLR ​​erlebt einen Rechtsruck, etwa in der AsylfrageDeshalb muss er sich von der UDC distanzieren.

Die Zentraldemokratische Union muss sich keine großen Sorgen machen. Er wurde für seine Ausländer-, Asyl- und Neutralitätspolitik gewählt. Doch ohne die „starke Hand“ von Christoph Blocher verwandelte sich die SVP in eine ganz normale Partei, mit internen Querelen und Orientierungskämpfen. Kurz gesagt, was sie nie sein wollte.

Übersetzt und angepasst von Noëline Flippe

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