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2 Visionen von Immobilien

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In den letzten zwei Jahren und als Reaktion auf einen starken Zinsanstieg sind die Wohnimmobilienpreise in Frankreich um 6,4 % gesunken, während sie in der Schweiz um 1,5 % gestiegen sind. Dieser Unterschied ist nicht spezifisch für Frankreich, da andere Immobilienmärkte stärker korrigiert haben, beispielsweise der amerikanische oder der deutsche. Andererseits ist die Widerstandsfähigkeit der Schweizer Preise sehr ausgeprägt.

In der Schweiz ist die Immobilienquote eine der niedrigsten in Europa. Im Jahr 2023 besaßen nur 36,8 % der Haushalte ein Eigenheim, verglichen mit 65 % in Frankreich. Drei Faktoren erklären diesen Unterschied. Erstens stellen die hohen Immobilienkosten ein erhebliches Hindernis dar. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis in großen Schweizer Städten gehört zu den höchsten auf dem Kontinent (15.523 CHF in Genf und 16.676 CHF in Zürich) und liegt 78 % über dem Durchschnittspreis in Paris (9.282 Euro oder 8.700 CHF). In den letzten 15 Jahren haben sich die Durchschnittspreise jedes Jahr um mehr als 6 % verändert. Der Anteil der Haushalte, die über ein ausreichendes Bruttoeinkommen für den Erwerb einer Immobilie verfügen, ist innerhalb eines Jahrzehnts von 45 % auf 18 % gesunken.

Zweitens ist die Bautätigkeit schleppend und das Wohnungsdefizit sehr groß. Die Zahl der beantragten Baugenehmigungen lag 25 % über der erteilten Zahl, dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Das bereits erhebliche Wohnungsdefizit steigt jedes Jahr um weitere 10.000 neue Wohnungen, was teilweise auf strenge Vorschriften und einen Anstieg der Baukosten zurückzuführen ist (+16 % in den letzten fünf Jahren). Die Leerstandsquote liegt derzeit auf einem historischen Tiefstand (1 %).

Drittens sind die Bedingungen für den Zugang zu Finanzierungen in der Schweiz viel strenger als in Frankreich. Schweizer Banken verlangen eine Eigenbeteiligung von mindestens 20 % des Immobilienwertes, wovon 10 % aus Eigenkapital stammen müssen. Darüber hinaus basiert das Schweizer Finanzsystem auf Hypotheken, bei denen ein Teil des Kapitals eine unbefristete Schuld bleibt, im Gegensatz zu französischen Darlehen, bei denen das Kapital über die Laufzeit des Darlehens vollständig amortisiert wird. Die Finanzierungsmodalitäten selbst unterscheiden sich zwischen den beiden Ländern erheblich. In Frankreich werden Immobilienkredite in der Regel über einen festen Zeitraum von 15 bis 25 Jahren zurückgezahlt, häufig zu einem festen Zinssatz. In der Schweiz hingegen sind rund 70 % der Hypotheken variabel verzinst, was die Kreditnehmer den Schwankungen an den Finanzmärkten aussetzt.

Auch der Mietmarkt in der Schweiz unterscheidet sich stark von jenem in Frankreich. In der Schweiz sind die Mieten höher: Die mittlere Miete beträgt 1412 CHF im Vergleich zu rund 700 Euro in Frankreich. Darüber hinaus ist dieser Markt stark reguliert, wobei die Mieten oft an den Referenzhypothekenzins (1,75 %) gekoppelt sind, was die Mietprämie für Investoren schützt, während eine Mietpreisbindung nur in bestimmten sogenannten Gebieten angewendet wird. ist in Frankreich angespannt und zielt meist darauf ab, ihr Niveau zu begrenzen.

Die Immobilienbesteuerung stellt einen wesentlichen Unterschied zwischen Frankreich und der Schweiz dar. In der Schweiz müssen Eigentümer ein fiktives Einkommen, den sogenannten „Mietwert“, angeben, das der theoretischen Miete entspricht, die sie erhalten könnten, wenn sie ihre Immobilie vermieten würden, und die auch im Falle einer Privatbeschäftigung steuerpflichtig ist. Bei der Besteuerung von Immobiliengewinnen gilt eine spezifische, von den Kantonen erhobene Steuer, deren Sätze je nach Haltedauer sinken. So können Verkäufe in den ersten fünf Jahren mit bis zu 40 % besteuert werden, nach 15 bis 20 Jahren können Gewinne je nach Kanton teilweise oder vollständig steuerfrei sein. Darüber hinaus kann die Steuer aufgeschoben oder gestrichen werden, wenn der Erlös aus dem Verkauf eines Hauptwohnsitzes in ein anderes Hauptvermögen reinvestiert wird.

In Frankreich ist das Steuersystem für Eigennutzer vorteilhafter. Hauptwohnsitze sind bei ihrem Weiterverkauf von der Kapitalertragssteuer befreit, während Zweitwohnsitze mit 19 % zuzüglich 17,2 % Sozialversicherungsbeiträgen besteuert werden, mit progressiven Befreiungen nach sechs Jahren des Besitzes (22 Jahre für die Einkommensteuer und 30 Jahre für die Sozialversicherungsbeiträge). ). Allerdings erhebt Frankreich von allen Eigentümern eine jährliche Grundsteuer, die es in der Schweiz nicht gibt. Insgesamt bevorzugt die Schweiz eine langfristige Beteiligung mit progressiven kantonalen Befreiungen, während Frankreich eine vorteilhafte Sofortbesteuerung, insbesondere für Hauptwohnsitze, bevorzugt.

Auch Regulierung und Stadtplanung spielen eine Schlüsselrolle bei den Unterschieden zwischen den beiden Märkten. In der Schweiz sind rund 60 % des Territoriums unbebaubar, was auf strenge Richtlinien zum Schutz der Naturräume und auf die Weber-Initiative zurückzuführen ist, die den Zweitwohnungsanteil pro Gemeinde auf 20 % begrenzt, um Spekulationen vorzubeugen. Im Vergleich dazu gibt es in Frankreich weniger ähnliche Beschränkungen, was eine größere Flexibilität bei Immobilienprojekten ermöglicht.

Schließlich zeigen die jüngsten Trends eine unterschiedliche Dynamik. Seit 2010 sind die Immobilienpreise in der Schweiz durchschnittlich um 6 % pro Jahr gestiegen, verglichen mit 3 % in Frankreich. In der Schweiz sind die Hypothekenzinsen mit 1,5 % für 10-jährige Laufzeiten Ende 2024 historisch niedrig geblieben, verglichen mit 3 % in Frankreich, also dem Doppelten. Auch der ökologische Wandel hat Auswirkungen, insbesondere in der Schweiz. Im Jahr 2022 waren 45 % der Schweizer Wohngebäude mit nachhaltigen Heizsystemen ausgestattet, in Frankreich waren es 28 %.

Der Schweizer Markt hebt sich daher vom französischen Markt durch überlegene Leistung, erhöhte Stabilität und optimierten Schutz der Mietprämie ab. Andererseits wird der Zugang zum Erwerb durch restriktivere Finanzierungsbedingungen und eine weniger attraktive Besteuerung erschwert.

Artikel verfasst von Arthur Jurus, Leiter Investment Office Private Bank ODDO BHF Schweiz

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