Die Investmentbranche zeigt sich gewohnt optimistisch, wenn es um mögliche Börsengänge und Übernahmen im Jahr 2025 geht.
Er rechnet mit acht bis zehn Neueinsteigern im deutschen Auswahlsegment „Prime Standard“, prognostiziert Jens Hecht, Partner beim Beratungsunternehmen Kirchhoff. Dies wäre eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. „Potenzielle Kandidaten sind das Energie-Start-up 1Komma5 und das Berliner Fintech Raisin.“
Experten der Wirtschaftskanzlei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton fügen Stada, Thyssenkrupp Marine Systems und den Rüstungskonzern KNDS hinzu. Darüber hinaus scheint ein Börsengang derzeit die wahrscheinlichste Option für den geplanten Bundesausstieg des Gashändlers Uniper zu sein. Sie halten auch einen Börsengang des deutschen Stromnetzgeschäfts des niederländischen Betreibers Tennet für möglich.
Investmentbanker und -berater begründen ihren Optimismus insbesondere mit dem positiven Börsenumfeld. Der deutsche Leitindex Dax hat kürzlich erstmals die 20.000-Punkte-Marke überschritten. Darüber hinaus erhoffen sich Experten von der künftigen Bundesregierung Entlastungen für Unternehmen und Verbraucher.
EINFÜHRUNGEN IN BÖRSE UND POLITIK
Lukrative Aktienverkäufe im Rahmen von Börsengängen würden Finanzinvestoren und Risikokapitalgebern frisches Geld bringen, die dann in etablierte Unternehmen oder Start-ups investieren könnten. Dies war in den letzten Monaten nicht der Fall. Für aufstrebende Technologieunternehmen ist die Zufuhr von frischem Kapital besonders wichtig, damit Deutschland in zukunftsträchtigen Bereichen wie künstlicher Intelligenz (KI) oder Quantencomputern mitreden kann.
Experten von Cleary Gottlieb prognostizieren auch aufgrund der vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump geplanten Deregulierung und drohender Einfuhrzölle eine Zunahme der Übernahmen deutscher Unternehmen in den USA. Dies gilt insbesondere für börsennotierte Unternehmen, die dank des amerikanischen Wachstums ihre Marktkapitalisierung steigern könnten.
Doch für ausländische Investoren gäbe es in Deutschland auch Gegenleistungen, betonen sie. „Insbesondere Unternehmen im produzierenden Gewerbe, insbesondere in der Automobilindustrie, der Chemiebranche sowie dem Maschinenbau, müssen sich neu orientieren, um die Trends der Digitalisierung und der Energiewende zu meistern.“ Andernfalls würden sie schnell selbst zu Buyout-Kandidaten werden. Sinkende Zinsen und die zunehmende Bereitschaft der Banken, mehr Kredite für Unternehmenskäufe zu gewähren, sind weitere Faktoren, die diese Art von Transaktionen begünstigen.
Laut einer „Handelsblatt“-Umfrage unter Branchenexperten könnte die Zahl der Übernahmen und Fusionen im Jahr 2025 um mindestens 20 Prozent steigen. Die Befragten rechnen mit rund 40 Deals im Wert von mehr als einer Milliarde Euro. Sowohl Unternehmen als auch Finanzinvestoren bereiten Transaktionen vor. Ein Grund dafür ist das Finanzierungsumfeld, das sich dank der niedrigeren Zinssätze der EZB verbessert hat und voraussichtlich auch weiterhin verbessern wird. Hinzu kommt die notwendige Transformation vieler Branchen aufgrund der Digitalisierung und hoher Energiekosten.
Erholung auf niedrigem Niveau
Allerdings spricht die Schwäche der Vergleichsbasis für optimistische Prognosen: Im vergangenen Jahr belief sich das Platzierungsvolumen der vier Börsengänge im Prime Standard auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro, rechnet das Beratungsunternehmen Kirchhoff vor. Das ist der zweitniedrigste Wert der letzten zehn Jahre. Etwa die Hälfte davon wurde für den Börsengang der Parfümkette Douglas ausgegeben.
„Das Jahr 2024 war auch bei Kapitalerhöhungen von Zurückhaltung geprägt“, betont das Beratungsunternehmen PwC in seiner Studie „Emissionsmarkt Deutschland“. Das Volumen soll im Vergleich zum bereits niedrigen Vorjahreswert um 80 % auf 569 Millionen Euro gesunken sein.
Die Firma Cleary Gottlieb erstellt eine ähnliche Einschätzung für Übernahme- und Fusionsoperationen. Einer relativ geringen Anzahl an Transaktionen stünden hier allerdings einige wenige Milliardendeals gegenüber, etwa die Übernahmen des Biotechnologieunternehmens Morphosys oder des Chemiekonzerns Covestro.
(Geschrieben von Thomas Seythal und Sabine Wollrab. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter [email protected] (für Politik und Wirtschaft) oder [email protected] (für Unternehmen und Märkte).
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