Entdecken Sie Hornuss, diesen wenig bekannten Schweizer Nationalsport – rts.ch

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Hornuss ist neben dem Hosenschwingen und dem Steinwerfen einer von drei authentischen Schweizer Nationalsportarten. Unsere Swissinfo-Kollegen stellen Ihnen diese 400-jährige Tradition vor, die es in der Westschweiz fast nicht gibt und die Jung und Alt, Männer und Frauen zusammenbringt.

Manchmal auch „Bauerngolf“ genannt, hat Hornuss mit seinem entfernten angelsächsischen Verwandten nur eine wirkliche Gemeinsamkeit: das Ziel, ein Objekt so weit wie möglich zu schicken. In diesem Fall wird anstelle eines Balls ein Plastikpuck – der „Honuss“ oder „Nouss“, der dieser Sportart ihren Namen gab – mithilfe einer flexiblen, peitschenähnlichen Stange geworfen.

Dieser wenig bekannte Sport hat jedoch eine lange Geschichte, die mehr als 400 Jahre zurückreicht und durch historische Quellen belegt wird. Wie erklärt von Historisches Wörterbuch der Schweiz (DHS) waren im frühen 17. Jahrhundert in der Zentralschweiz, vor allem im und um das Emmental, verschiedene Varianten eines Schlagspiels beliebt.

Die Gegner mussten diese Projektile – oft Knochen oder Wurzeln – mit einer Art Paddel stoppen, das sie hielten oder in die Luft warfen. „Die Bedeutung, die ursprünglich den Schlägen auf den Körper oder den Kopf beigemessen wurde, bringt Honuss mit antiken Kriegsspielen in Verbindung, bei denen die Paddel als Schutzschild dienten“, präzisiert das DHS.

Teilnehmer des Eidgenössischen Hornussfestes 1936 in Rüdtligen-Alchenflüh im Emmental. [KEYSTONE – STR]

Ein Landsport

Anfangs war es vor allem ein Spiel für Jungbauern, die sich im Spätsommer und Herbst versammelten, um auf gemähten Feldern gegen Bauern aus anderen Dörfern zu spielen. Diese Treffen ermöglichten es den Spielern offenbar, gegeneinander anzutreten und Nachbarschaftsstreitigkeiten beizulegen. „Trotz Versöhnungsversuchen scheint es nicht ungewöhnlich gewesen zu sein, dass es am Ende eines Spiels zu Auseinandersetzungen kam“, heißt es Schweiz Tourismus.

Heutzutage werden landwirtschaftliche Streitigkeiten auf andere Weise beigelegt, doch in den deutschsprachigen Kantonen, insbesondere in Bern, ist der Hornuss nach wie vor beliebt. In der Westschweiz gibt es nur einen Verein mit Sitz im Berner Jura. Der Bedarf an großen Spielfeldern beschränkt diesen Sport auf ländliche Gebiete.

>> Siehe ein Thema ab 12:45 Uhr zum Thema Hornuss (28. August 2022):

Hornuss: In der Westschweiz gibt es nur einen von 250 Vereinen im ganzen Land. / 12:45 Uhr / 2 Min. / 28. August 2022

Was ist Hornuss?

Kurz gesagt, bei Hornuss treten zwei Teams mit 16 bis 20 Spielern an, die abwechselnd schlagen und verteidigen. Zum Schlagen muss jedes Teammitglied einen auf einer erhöhten Rampe liegenden Plastikpuck mit einer drei Meter langen, peitschenförmigen Stange mit einem Holzblock am Ende so weit wie möglich in ein abgestecktes Feld werfen. Wenn der Puck in der Luft surrt, erinnert er ein wenig an eine Hornisse, die auf Deutsch in bestimmten Deutschschweizer Dialekten „Hornisse“ oder „Hornussi“ heißt.

In voller Aktion: Stefan Studer, der König des Eidgenössischen Hornussfestes, das letzten September in Höchstetten (BE) stattfand. [KEYSTONE - PETER KLAUNZER]
In voller Aktion: Stefan Studer, der König des Eidgenössischen Hornussfestes, das letzten September in Höchstetten (BE) stattfand. [KEYSTONE – PETER KLAUNZER]

Je weiter der Puck über die Mindestwertung von 100 Yards hinausgeht (manchmal erreicht er aber auch bis zu 300 Yards), desto mehr Punkte erhält das angreifende Team – allerdings nur, wenn der Puck direkt den Boden berührt. Weil die verteidigende Mannschaft versucht, es mithilfe von Holzpaletten abzufangen. Das Team mit den wenigsten Strafpunkten (also den meisten Interceptions) gewinnt. Der Hornuss bevorzugt somit defensive Teamarbeit gegenüber individuellen Fähigkeiten und spiegelt damit die Schweizer Eigenschaft wider, nicht bemerkt zu werden.

Nicht sicher

„Teamgeist, gegenseitige Hilfe und Mut sind die wesentlichen Voraussetzungen, um den herannahenden Puck sicher abzuwehren“, erklärt derBundesverband Hornussgegründet im Jahr 1902. Eine erfolgreiche Verteidigung „erfordert Verteidiger an der Spitze des Feldes, die schnell auf tief fliegende Objekte reagieren, während im hinteren Teil des Feldes gutes Sehvermögen, gutes Urteilsvermögen in der Flugbahn und Sprintfähigkeit erforderlich sind.“

Mit einem Gewicht von 78 Gramm (ein Golfball wiegt 46 Gramm), einem Durchmesser von 6 cm und einer Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h kann ein Puck großen Schaden anrichten. Glücklicherweise sind Verletzungen selten. Im Jahr 2016 meldete das Inselspital Bern die Behandlung von rund zwei Fällen pro Jahr. Wenn es jedoch zu Verletzungen kommt, sind diese oft schwerwiegend: gebrochener Kiefer, Wangenknochen, Nase und andere Teile des Gesichts oder Augenschäden.

Letztes Jahr starb ein 68-jähriger Schiedsrichter an seinen Verletzungen, nachdem er von einem Puck getroffen worden war. Eine Helmpflicht könnte einen großen Beitrag zur Verletzungsprävention leisten. Nach Angaben des Inselkrankenhauses trug tatsächlich keiner der an den Hornuss-Unfällen beteiligten Spieler Helme. Derzeit sind nur junge Leute dazu verpflichtet, ihren Kopf zu schützen, aber auch einige ältere Spieler entscheiden sich dafür.

Ein junger Spieler mit Helm, fotografiert während des Eidgenössischen Hornussfestes in Höchstetten (BE) am 23. August 2024. [KEYSTONE - PETER SCHNEIDER]
Ein junger Spieler mit Helm, fotografiert während des Eidgenössischen Hornussfestes in Höchstetten (BE) am 23. August 2024. [KEYSTONE – PETER SCHNEIDER]

„Frauen und Männer, jung und alt“

Im Gegensatz zu Ringen oder Steinwerfen, den beiden anderen Nationalsportarten, muss man beim Honuss nicht unbedingt wie ein Berg gebaut sein, um eine Chance zu haben. „Kraft, Größe, Beweglichkeit und intensives Training sind wichtige Faktoren für das Werfen großer Distanzen“, sagt der Bundesverband Hornuss.

Derzeit sind 156 Vereine über die ganze Schweiz verteilt (hauptsächlich im Kanton Bern) und rund 6.000 registriert, ein Zehntel davon sind Frauen. „Frauen und Männer, Jung und Alt, alle spielen in der gleichen Mannschaft“, erklärt der Verband. Nur in der ersten Liga finden wir ausschließlich männliche Mannschaften. Dieser Sport ist somit für möglichst viele Menschen zugänglich.

Hornuss ist kein Vorrecht der Männer, wie dieser im August 2002 in Reisen (LU) fotografierte Spieler zeigt. [KEYSTONE - URS FLUEELER]
Hornuss ist kein Vorrecht der Männer, wie dieser im August 2002 in Reisen (LU) fotografierte Spieler zeigt. [KEYSTONE – URS FLUEELER]

Das Eidgenössische Hornussfest findet alle drei Jahre statt, das nächste Mal im August 2027 im Emmental. Wer mitmachen möchte, hat noch Zeit, loszulegen…

Thomas Stephens, SWI swissinfo.ch

Adaption für RTSinfo: Didier Kottelat

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