Nr. 40 – 3. Oktober 2024
Teilt
Ja, Zürich ist durch ihn bunter geworden. Doch die Stadt verdankt ihm nicht nur ein paar schöne Blumenbeete, sondern auch Ideen, die von ökologisch bis gesellschaftspolitisch reichen.
1984 streute der gelernte Landschaftsgärtner Maurice Maggi auf seinen Spaziergängen durch die Stadt erstmals Blumensamen. Bald tauchten Malven an unerwarteten Orten auf, geheimnisvoll und zart. Wilde Aussaat, wilde Blumen, Maggi war ein Schweizer Pionier, vergleichbar mit Harald Nägeli mit seinen gesprühten Graffiti. Maggi tat dies vierzig Jahre lang; Nach den Malven streute er viele andere wilde Samen aus, von der Schafgarbe bis zum Wiesensalbei. Mittlerweile gibt es den internationalen Begriff „Guerilla Gardening“ und das etwas gezähmte, vielleicht gentrifizierte „Urban Gardening“.
Der sorgfältige Umgang mit der natürlichen Umgebung führte ihn von Wildblumen bis zum Kochen. Es sollte nachhaltig und saisonal sein und lokale Ressourcen nutzen, „nose to tail“. Was kann man mit Blumen und Kräutern in städtischen Gebieten nicht machen? Maggi war Koch in verschiedenen Restaurants, an der Stör, ebenfalls in Brooklyn, aber hauptsächlich in Zürich. Er hat eigenwillige Kochbücher geschrieben, „Essbare Stadt“ (2014), „Einfache Vielfalt“ (2016) und das Kinderkochbuch „Misch und Masch“ (2018). Doch sein Anliegen ging darüber hinaus und zielte auf eine schönere Umwelt für ein besseres Leben, eine lokale Ökologie in Gemeinden und Genossenschaften, denn: „Mobilität ist der Untergang der Menschen.“ Andererseits ging es darum, das ländliche Leben nicht nostalgisch, sondern zukunftsweisend in die Stadt zu bringen.
Maggi und seine Ideen gelangten bald an die Öffentlichkeit und erlangten sogar Bekanntheit. Er organisierte Führungen, hielt Vorträge und galt als Experte. Seine Ideen fanden sowohl bei Privatpersonen als auch bei der Stadt Zürich fruchtbaren Boden. Die Malven blühen, Wildkräuter wachsen über Privatanlagen und kommunalen Standardkästen. Es gibt noch viele versiegelte Böden. Zürich muss noch viel über Grün lernen, Maggi war genervt und hatte immer ganz konkrete Vorschläge, die er hartnäckig und teils trotzig vertrat.
Maurice Maggi starb letzte Woche im Alter von 69 Jahren, nachdem er lange Zeit an einer Autoimmunerkrankung gelitten hatte. Für November ist ein letztes Buch angekündigt: „Soup. Eine Liebeserklärung.“ Ein weiteres Vermächtnis für ein sinnvolleres Leben.
Stefan Howald