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Hansi Flicks Erfolgsgeheimnis – die Wiederbelebung des FC Barcelona

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Die Unstimmigkeiten der letzten Saison sind vergessen, trotz vieler Verletzungen spielt Barça unter dem neuen Trainer Hansi Flick inspirierenden Fußball. Es werden bereits Vergleiche mit den großen Zeiten des Kultclubs gezogen.

Er gab dem FC Barcelona eine klare Handschrift: Hansi Flick.

David Aliaga / Imago

Vor ein paar Tagen sagte Hansi Flick einen scheinbar banalen Satz: „Es ist sehr schön, Barça-Trainer zu sein.“ Der Deutsche, der seit diesem Sommer beim renommierten katalanischen Klub angestellt ist, lobte die Qualität seiner Spieler, ihre Leidenschaft und Lernbereitschaft. Eigenschaften, die man von einem Spitzenverein mit nachgewiesener Exzellenz in Fußballphilosophie, Talentausbildung und Arbeitsmethodik erwarten kann. Dennoch sorgte Flicks Satz für Schlagzeilen in den Medien.

Denn sein Vorgänger Xavi Hernández vertrat ein völlig anderes Amtsverständnis. Der Ex-Spielmacher, ein Veteran des Vereins, bezeichnete seinen Job beim FC Barcelona als eine tägliche Tortur, der er sich nur unterzog, weil er den Verein so sehr liebte.

„Barça-Trainer zu sein ist unangenehm, grausam“, sagte der Katalane, er sprach von „häufiger Respektlosigkeit“, „fehlender Anerkennung“ oder „schrecklicher Abnutzung“ und prophezeite seinem damals noch namentlich nicht genannten Nachfolger: „Es ist unmöglich, es zu genießen.“

Flick gewinnt und genießt

Nun, bisher scheint Flick genau das zu tun: Spaß zu haben. Vor dem Champions-League-Duell am Dienstag mit den Berner Young Boys prasseln Lobeshymnen auf ihn ein. Die Madrider Zeitung „As“ nannte ihn den „Mann der Stunde“, und die „Mundo Deportivo“ in Barcelona schrieb über das „Flick-Team“ und spielte dabei auf Barças größte Teams an, Johan Cruyffs „Dream Team“ und das „Pep-Team“. “. Das Team von Josep Guardiola.

Der Europapokal-Auftakt vor zwei Wochen in Monaco ging mit 1:2 verloren, doch ein früher Platzverweis war ein Vorwand. Mit der nächsten Gala in La Liga wurde jedes noch so kleine Meckern wieder verstummt.

Dort lieferte Flicks Combo unvergessliche Auftritte ab. Der letztjährige Drittplatzierte Girona gewann mit 4:1, der aktuelle Vierte Villarreal siegte mit 5:1 und Aufsteiger Valladolid wurde mit 7:0 besiegt, dem höchsten Sieg seit 2016. Vor dem Spiel am späten Samstagabend (nach Redaktionsschluss) bei Osasuna, Barcelona hatte insgesamt sieben Spiele mit einem Torverhältnis von 23:5 gewonnen und ließ Titelverteidiger Real Madrid vier Punkte hinter sich.

Der kurpfälzische Flick scheint in Katalonien schnell ein ähnliches Wohlfühlbiotop geschaffen zu haben, wie es seinem FC Bayern vor vier Jahren zum historischen Titelsextett verholfen hat. Die Mannschaft hat einen klaren Stil, ohne sich in ein Korsett zu zwingen; Ihr Fußball hat einen hohen Wiedererkennungswert, ohne eintönig zu wirken.

Barça agiert freier und fröhlicher als unter Xavi, spielerischer im positiven Sinne und dennoch stets bissig im hohen Pressing, zielstrebig auf dem Weg zum Tor und scharfsinnig darin, die Räume zwischen den gegnerischen Linien zu finden. Erfolge, Stimmung und Selbstvertrauen verstärken sich gegenseitig – in einem von Streit und Schulden geplagten Verein gibt der Fußball endlich wieder den Ton an. „Es herrscht eine tolle Atmosphäre, in der sich die Spieler weiterentwickeln können“, beobachtet Flick, „das ist die Basis.“ Jeder fühlt sich zu Hause.“

Hansi hat Glück – aber genau das hat er nicht. Als sich Kapitän und Torhüter Marc-André ter Stegen am vergangenen Wochenende einen Patellasehnenriss zuzog, war der achte Leistungsträger bereits mit einer Langzeitverletzung gemeldet. Manchmal sind die frisch aufgestiegenen Nachwuchskräfte aus der eigenen Jugend schon wieder unpässlich.

Zweifellos müssen die Ehrungen für Flick als vorläufig betrachtet werden, da Barças Saison letztendlich von medizinischen Berichten abhängen wird. Es ist denkbar, dass man angesichts des dichten Kaders und des intensiven Offensivstils des Trainers irgendwann mal abschalten muss. Andererseits: Wenn Flick das alles schon ohne die Hälfte der Startelf geschafft hat – wie wird es sein, wenn alle zurückkommen?

Dann, so hofft man im Verein, gewinnt Barça vielleicht ein weiteres wichtiges Europapokalspiel mit 4:0 oder 8:2. Entsprechende Niederlagen mussten sie einstecken, 2019 gegen Liverpool und 2020 gegen die Bayern. Verantwortlich dafür waren die deutschen Trainer Jürgen Klopp und Flick, seither wird Joan Laporta ein Faible für deren Arbeit nachgesagt.

Seit 2021 ist Laporta wieder Präsident des Klubs, den er zu Guardiolas Zeiten leitete. An der Deutschen Schule beeindruckte ihn vor allem die Kombination aus Offensivkonzept und Intensität. Vor allem Flicks Bayern wirkten wie eine perfekt geölte Maschine.

Nun holt sich der Trainer von Barcelona mit dem 36-jährigen Angreifer Robert Lewandowski eine ebenso beeindruckende Rückkehr wie einst bei den Münchnern. Die „besten Neun des letzten Jahrzehnts“ (Flick) erzielen im Schnitt ein Tor pro Spiel, und mit dem 17-jährigen Jahrhunderttalent Lamine Yamal und dem unermüdlichen Brasilianer Raphinha bildet er ein teuflisches Sturmtrio.

Lewandowski war von Xavi auf eine interne Streikliste gesetzt worden – Gerüchten zufolge war dies der Moment, in dem Laporta beschloss, den Trainer zu entlassen. Der Präsident wusste, dass es bei einer Milliarde Euro Schulden keinen adäquaten Ersatz geben würde.

In diesen Jahren gehören die finanziellen Engpässe ebenso zu Barça wie Hymne und Trikots. Wenig wird Flick so positiv zugeschrieben wie sein kreativer Pragmatismus. Ilkay Gündogan wurde in der ersten Saisonwoche spontan entlassen, allein im Mittelfeld gibt es derzeit fünf Verletzte. Doch Flick improvisiert immer wieder mit Spielern des Nachwuchsinternats La Masia. „Er sucht keine Ausreden und arbeitet mit dem, was er hat“, sagt Laporta. „La Masia ist ein Schatz“, sagt Flick.

Das größte Kompliment: „Der neue Guardiola“

Solche Worte sind Musik in den Ohren der Fans – egal, in welcher Sprache sie präsentiert werden. Flick spricht derzeit nur Englisch, und das nicht nur, weil viele Katalanen kein Spanisch sprechen, sondern er „verbindet“ sich trotzdem mit den Medien und Fans. Seine Objektivität hebt sich positiv von den anstrengenden und oft polarisierenden Pressekonferenzen der redseligen Vereinslegende Xavi ab.

Bei seinen Auftritten beherrscht der Deutsche die Kunst, keine Baustellen zu eröffnen und verführt dennoch mit angenehmen Details. Am Freitag gab er einem Reporter eine Stange Halsbonbons, nachdem der Reporter ihm zuvor damit bei einem anhaltenden Hustenanfall geholfen hatte.

Anspruchsvoll auf dem Trainingsplatz, unprätentiös im Umgang: So präsentierte sich Flick bisher in Barcelona. „Wir haben vom ersten Tag an gesehen, dass er ein Weltklasse-Trainer ist“, sagt Verteidiger Jules Koundé, während die Zeitung „Sport“ bereits in einem Leitartikel schrieb: „Laporta hat seinen neuen Guardiola.“ Seit er 2009 ein Titelsextett gewann, ist er der Goldstandard im Barça-Kosmos. Als erster und einziger Trainer Europas bis Hansi Flick.

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