Im Alter von 32 Jahren erklomm Marco Campanella im „Eden Roc“ in Ascona die höchste Stufe, die der Gastronomieführer hierzulande bietet. Dies veredelt auch die Gastronomie dieses Landesteils.
Man konnte die Sensation nur ahnen: Wenn Gault-Millau wenige Wochen vor Bekanntgabe seiner Bewertungen den Ort der offiziellen Preisverleihung mit der Bitte um größte Diskretion bekannt gibt, wissen Kenner, dass dort jemand geehrt wird. Dieses Mal wurden wir nach Ascona eingeladen, wo sich die drei höchstbezahlten Restaurants des Tessins befinden: 18 Punkte verbuchen die Top-Restaurants in den Fünf-Sterne-Hotels „Eden Roc“, „Giardino“, deren Küchenchef bald Rolf Fliegauf sein wird Rückkehr in seine Heimat Deutschland nach 18 Jahren und „Castello del Brine“.
Das Gebet war – Tush! – zum noblen „Eden Roc“, dessen „La Brezza“ der 32-jährige Marco Campanella führt, ein deutscher Gastwirtssohn mit italienischen Wurzeln, der vor zwölf Jahren in die Schweiz kam. Ihm gelingt das Kunststück, in zwei Landesteilen zwei Michelin-Sterne und 18 Gault-Millau-Punkte zu halten – unter anderem im Schwesterhotel „Tschuggen Grand“ in Arosa, seinem Arbeitsplatz im Winter.
Die Suche nach den Superstars
Und nun wird Campanella nicht nur, wie in der Einladung angekündigt, zum „Koch des Jahres 2025 der Schweiz“ gekürt, sondern in Ascona auch auf 19 Punkte hochgestuft. Dies ist ein historischer Moment für das Tessin, denn es ist das erste Mal, dass jemand an der höchsten Weihe dieses Landes teilnimmt (die Höchstpunktzahl von 20 gilt in fast allen Ländern als unerreichbar).
So trifft sich am Montag die erschreckend männerlastige Elite der heimischen Industrie auf dem Steg und im Garten des „Eden Roc“ direkt am See, um gemeinsam mit anderen, die selbst nichts davon wussten, den „Koch des Jahres“ zu feiern 19. Punkt bis zum Schluss hätte sein müssen. Das etwas in die Jahre gekommene Hotel beginnt derzeit mit einer millionenschweren Renovierung und empfängt daher derzeit nur Gäste im „Marina Restaurant“, auch bei der Preisverleihung.
Urs Heller, Leiter des zur Ringier-Gruppe gehörenden Gault-Millau Schweiz, lobt unter anderem die „unglaublichen Saucen“ von Campanella und dessen Virtuosität bei der Kreation veganer Alternativen. Schon seit fünf Jahren sei man auf der Suche nach „Switzerland’s next Superstar“, sagt Heller – was darauf hindeutet, dass im Rahmen der eigenen Marketingmaschinerie auch junge Stars entstehen.
Doch das soll die Leistung von Campanella und seiner Frau Nicole Schneider, die als Gastgeberin fungiert, nicht schmälern. Seine „Finger Food Collection“ ist geradezu legendär – kleine Schätze, die man ganz einfach ohne Besteck pflücken kann – zum Beispiel legt er Aal in Coca-Cola und ist ein großer Ravioli-Liebhaber. Als Gault-Millau ihn letztes Jahr zum Tessiner „Aufsteiger des Jahres“ kürte, lobten die Tester neben seiner Genialität auch seine „grenzenlose harte Arbeit“. Vielleicht auch als Erinnerung an die Generation Z, dass der Erfolg niemandem in den Schoß fällt.
Mit der Auszeichnung wird nicht nur der sympathische Koch geehrt, der seine kleine Tochter auf dem Arm trägt und bei der Entgegennahme mit den Tränen kämpft. Sie adelt auch sein Team – und einen ganzen Kanton. Als Sehnsuchtsort vieler Deutschschweizer mag dieser seinen Reiz aus formidablen Risottos und charmanten Grotti beziehen, die bis auf ein paar edle Varianten keine Punkte und Sterne suchen. Als Anziehungspunkt für gut betuchte Gäste bietet das Tessin auch eine ansprechende Spitzengastronomie; Bei einer etwas geringeren Bevölkerungszahl als die Stadt Zürich weist sie auf dem 16-Punkte-Niveau immer noch die gleiche Anzahl an Restaurants auf. Das ist natürlich nicht das Maß aller Dinge, aber es ist ein gewisser Hinweis darauf, wie kreativ und anspruchsvoll in einer Region gekocht wird.
Die „Osteria dell‘ Enoteca“ in Losone, die dieses Jahr bereits in der NZZ-Restaurantkritik „Tisch oder Theke“ gelobt wurde, rückt in die 16-Punkte-Region vor, wo sich Jacopo Rovetini am Herd und das Wirtspaar großartig schlagen Arbeit. Anhand eines Besuchs ist es für uns weniger offensichtlich, dass das „Principe Leopoldo“ in Lugano eine ebenso hohe Bewertung genießt. Wir freuen uns, dass Gault-Millau nun auf die vom prachtvollen Inselgarten geprägte Küche des Tessins Joao Antunes in der „Villa Emden“ auf Brissago aufmerksam geworden ist und ihn sogar als „Entdeckung des Jahres“ auszeichnet “. Vielleicht entdecken die Tester nächstes Jahr auch die „Osteria Bisnona“ in Contone, wo Kira Ghidoni und ihr Team mit zeitgemäßer regionaler Küche überzeugen.
A star rises over Schaffhausen
Wenn es um Auszeichnungen in der restlichen Schweiz geht, ist es ein bisschen wie bei der letzten Radweltmeisterschaft in Zürich: Es gibt mittlerweile so viele Kategorien, dass man schnell den Überblick verliert. Der Kreis der bestbezahlten Köche des Landes, die nun mit Marco Campanella wieder ein Septett bilden, ist noch überschaubar: Franck Giovannini in Crissier (VD), Tanja Grandits und Peter Knogl in Basel, Heiko Nieder in Zürich, Andreas Caminada in Fürstenau ( GR) und Philippe Chevrier in Satigny (GE). Am Vorabend der Preisverleihung versammelten sie sich traditionell an einem Tisch, um sich vom „Koch des Jahres“ an seinem Arbeitsplatz bekochen zu lassen. Die Begeisterung über seine Leistung sei einhellig gewesen, sagt Heller in einem persönlichen Gespräch. Und Caminada, wo Campanella vor zehn Jahren arbeitete und viel lernte, bestätigt dies.
42 Bosse wurden in der Neuauflage, die diese Woche in den Handel kommt, um mindestens einen Punkt herabgestuft, aber auch rund 100 wurden aufgewertet. Unter den 880 gelisteten Adressen sind knapp 100 neue, etwa „The Counter“ im Zürcher Hauptbahnhof, das der „Brasserie Süd“ angegliedert ist. Mitja Birlo, der letztes Jahr seinen Arbeitsplatz von Vals an die Limmat verlegt hat, kommt auf 18 Punkte. Für das gastronomisch etwas düstere Winterthur holt Alexander Bindig im formidablen „Trübli“ schließlich wieder 16 Punkte und Michael Dobler im „Rosa Pulver“ 15 Punkte.
Zwei neu gestaltete Hotelrestaurants in Zürich erhielten ebenfalls 15 Punkte und sorgten in der Stadt für Aufsehen: das „Marguita“, mit dem sich das „Baur au Lac“ eigentlich vom Fine Dining verabschieden will, und das „Savoy Brasserie & Bar“. “ des „Mandarin Oriental“, das in unserer Rezension in diesem Frühjahr nicht gut abgeschnitten hat. Das Gourmetrestaurant des Hauses am Paradeplatz, das italienisch geprägte „Orsini“, bekommt nur einen Punkt mehr.
So oder so scheint die Kette „Mandarin Oriental“ einer der Favoriten von Gault-Millau zu sein: Das „Savoy“ wird zum „Hotel des Jahres“ gekürt und im Luzerner Pendant erhielt Chefkoch Gilad Peled 17 Punkte, die höchste jemals vergebene Note in die Stadt der Lichter. Dominik Hartmann klettert verdientermaßen einen Punkt höher; Sein veganes „Magdalena“ im schweizerischen Rickenbach kann auch Fleischliebhaber wie den Autor dieser Zeilen begeistern, wie die NZZ-Restaurantkritik vom letzten Oktober zeigt.
Der wichtige Titel „Gastgeberin des Jahres“ geht an Ines Triebenbacher in der Zürcher „Igniv“-Filiale. Schließlich bleibt der Leserschaft ein Stern nicht vorenthalten, der über dem Munot zu stehen scheint: An der Landesgrenze gegenüber dem Tessin, im Schaffhauser „Sommerlust“, findet Gault-Millau seine deutsch-schweizerischen „Entdeckungen des Jahres“. Es handelt sich um Dan Rodriguez-Zaugg und Alejandro Perez Polo, die bereits in Barcelona im „Disfrutar“, einem der höchstbezahlten Restaurants der Welt, zusammengearbeitet haben.
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