Eine Kita-Leiterin und eine Mitarbeiterin des Migrationsamtes werden zu Rettern. Der mutmaßliche Täter befindet sich in Polizeigewahrsam.
Es ist eine wahnsinnige Tat am Mittag, die aus einer Kita-Leiterin und einem Mitarbeiter des Migrationsamtes mutige Retter macht. Am Dienstagnachmittag hat ein junger Chinese in der Nähe einer Kindertagesstätte im Zürcher Kreis 11 plötzlich mehrere Kinder mit einer Stichwaffe angegriffen.
Bei der Messerattacke seien drei fünfjährige Jungen verletzt worden, schreibt die Stadtpolizei Zürich in einer Mitteilung. Einen der Jungen mussten die Rettungskräfte schwer verletzt ins Krankenhaus bringen, die beiden anderen erlitten mittelschwere Verletzungen.
Kurz nach 12 Uhr wurden die Polizeikräfte auf den Angriff auf der Berninastrasse aufmerksam gemacht. Anschließend riegelten schwerbewaffnete Polizisten den Tatort großflächig ab. Wenige hundert Meter vom Tatort entfernt durchsuchten schwerbewaffnete Einsatzkräfte wenig später ein Studentenwohnheim. Auch die Polizei lässt eine Drohne über das Gebiet fliegen.
Täter von Hortleiter und einem Helfer überwältigt
Über die Tat liegen derzeit nur wenige Informationen vor. Eine Erkenntnis ist, dass es ohne den mutigen Einsatz einer Frau und eines Mannes viel schlimmer hätte ausgehen können. In einer Stellungnahme schrieb die Stadtpolizei Zürich, dass nach ersten Erkenntnissen eine Mitarbeiterin der Kindertagesstätte mit mehreren Kindern auf dem Weg zur Mittags- und Nachmittagsbetreuung sei. Die Gruppe befand sich im Freien, als der junge Chinese plötzlich auf die Kinder zukam und sie mit einer Stichwaffe attackierte.
Dem Hortleiter gelang es zu reagieren. Gemeinsam mit einem Helfer konnte sie den Angreifer überwältigen und bis zum Eintreffen der Rettungskräfte festhalten.
Der Helfer ist ein Mitarbeiter des Migrationsamtes Zürich. Auf Anfrage bestätigt das Amt entsprechende Aussagen eines Augenzeugen. Er unterstütze den mutigen Hortleiter, schreibt ein Sprecher.
Das Migrationsamt ist im gleichen Gebäudekomplex wie die Kindertagesstätte untergebracht. Die Augenzeugin sagte der NZZ, sie habe zunächst Kinderschreie gehört. Später sah sie, wie der Mitarbeiter des Migrationsamts den Täter festhielt. Ein Messer fiel zu Boden.
In Aufnahmen, die am Dienstag von „Tele Züri“ und „Blick“ veröffentlicht wurden, ist zu sehen, wie der Mann im T-Shirt auf dem Verdächtigen kniet. Auf den gleichen Fotos ist auch ein weißes Stück Papier zu sehen, das auf dem Boden liegt. Augenzeugen berichten, dass der mutmaßliche Täter den Zettel fallen ließ.
Nach der Tat wurde der Tatverdächtige auf eine Polizeiwache gebracht, wo ihn die Ermittler verhörten. In den nächsten 48 Stunden muss die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob in seinem Fall beim zuständigen Zwangsmaßnahmengericht Untersuchungshaft beantragt wird.
Über das Motiv und den Hintergrund des Täters ist nicht viel bekannt. Ein terroristisches Motiv dürfte jedoch nicht im Vordergrund stehen; Die Polizei geht davon aus, dass es sich bei dem Täter um einen Einzeltäter handelte. Über die Identität des mutmaßlichen Täters ist lediglich bekannt, dass es sich um einen 23-jährigen Chinesen handelt. Es ist unklar, ob der Täter einen Bezug zum Hort oder zum Kindergarten hatte.
Berichten zufolge handelt es sich bei dem jungen Mann um einen Studenten. Die Behörden haben dies jedoch noch nicht bestätigt. Dies würde jedoch erklären, warum Rettungskräfte kurz nach dem Vorfall ein nahegelegenes Studentenwohnheim durchsuchten.
Zunahme von Messerangriffen in China
Den Ermittlern dürfte bei den nun laufenden Ermittlungen auch ein Phänomen im Herkunftsland des mutmaßlichen Täters am Herzen liegen. Die Behörden in China kämpfen seit einiger Zeit mit einer Zunahme von Messerangriffen in Bildungseinrichtungen. Obwohl die Sicherheitsvorkehrungen an Schulen in den letzten Jahren massiv erhöht wurden, kommt es immer wieder zu solchen Angriffen in Kindergärten, Schulen und Universitäten.
In den meisten Fällen werden die Angriffe mit Messern durchgeführt, gelegentlich jedoch auch mit chemischen Kampfstoffen oder Sprengstoffen. Es gibt hierzu keine offiziellen Statistiken. Laut Medienberichten zählte die NZZ zwischen 2010 und 2023 mindestens 32 solcher Angriffe.
In den meisten Fällen handelt es sich bei den Schützen in China nicht um Studenten, sondern um Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Die Täter leiden häufig an psychischen Erkrankungen. Bei Gewalttätern lösen sich persönliche Enttäuschungen, Frustrationen oder soziale Isolation in Form von Gewalt gegen die Schwächsten der Gesellschaft aus. Zu möglichen Tatgründen wollte sich die Polizei auf Anfrage der NZZ nicht weiter äußern. Dafür ist es noch viel zu früh.
Eltern von der Polizei befragt
Nach der Tat stürmten viele verängstigte Eltern in die Kita. Ein Vater erzählt der NZZ, dass die Eltern die Kinder zunächst nicht im Hort sehen durften. Später beginnt die Polizei mit der Befragung der Eltern. Eltern und Kinder dürfen den Tatort später am Nachmittag verlassen.
Die Behörden stellen mehrere Betreuungsteams zur Verfügung, die sich sowohl um die Kinder als auch um ihre Eltern kümmern. Auch der Hortleiter wird von der Polizei betreut und befragt. Für Angehörige wurde zudem eine Hotline unter 044 411 71 17 eingerichtet.
Für umfangreiche forensische Untersuchungen ziehen die Ermittler zudem Spezialisten des Forensischen Instituts und des Instituts für Rechtsmedizin Zürich hinzu. Nun übernimmt die Kantonspolizei Zürich die Ermittlungen. Dies ist häufig bei schweren Körperverletzungen der Fall.
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