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Der Iran greift Israel mit fast 200 Raketen an

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Der Iran hat Israel massiv angegriffen. Nach ersten Schätzungen der israelischen Armee wurden am Dienstagabend rund 180 Raketen abgefeuert. Die iranischen Revolutionsgarden sagten, der Angriff sei eine Vergeltung für die Ermordung des Hamas-Außenministers Ismail Haniya, des Hisbollah-Generalsekretärs Hassan Nasrallah und eines iranischen Generals gewesen, teilte das Staatsfernsehen mit. Nach ersten Angaben gab es im Westjordanland einen Todesopfer und in Tel Aviv zwei Verletzte.

Nach Angaben der israelischen Armee trafen mehrere Projektile das Zentrum und andere Orte in Israel. Ein Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur berichtete, in Tel Aviv seien heftige Explosionen zu hören gewesen. US-Präsident Joe Biden befahl dem US-Militär, Israel zu unterstützen und iranische Raketen abzuschießen.

Nach etwa einer Stunde gab es am Abend Entwarnung. Menschen in ganz Israel dürften die Schutzräume und Bunker wieder verlassen, teilte das Militär mit. Ein Sprecher fügte hinzu, dass es derzeit keine Hinweise auf weitere Bedrohungen aus dem Iran gebe.

„Dieser Angriff wird Konsequenzen haben“, warnte der Sprecher der israelischen Armee, Daniel Hagari, anschließend. Dafür gibt es bereits Pläne.

Tote im Westjordanland, zwei Verletzte in Tel Aviv

Bei dem Raketenangriff kam palästinensischen Quellen zufolge im Westjordanland ein Mann ums Leben. Der 38-jährige Palästinenser sei in Jericho durch Raketensplitter getötet worden, teilten der palästinensische Zivilschutz und lokale Medien mit. Die getötete Person stammte ursprünglich aus dem Gazastreifen.

In der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv wurden nach Angaben des Rettungsdienstes Magen David Adom bei dem Angriff zwei Menschen durch Granatsplitter leicht verletzt. Mehrere andere wurden wegen leichterer Verletzungen nach einem Sturz oder wegen akuter Angstzustände behandelt.

Kurz vor dem Raketenangriff waren bei einem Schuss- und Messerangriff im Süden Tel Avivs mehrere Menschen getötet worden. Nach Angaben der Polizei wurden bei dem Angriff in Jaffa, einem überwiegend arabisch geprägten Viertel, mindestens sechs Menschen getötet. Bei den Todesopfern handelt es sich demnach um Zivilisten.

Iran droht mit „verheerenden Angriffen“

Nach eigenen Angaben beschoss die Luftwaffe der Revolutionsgarden wichtige militärische Ziele in Israel. Gleichzeitig drohten die Revolutionsgarden mit weiteren „verheerenden und zerstörerischen Angriffen“, falls Israel auf den iranischen Angriff reagieren sollte.

Nach dem Raketenangriff forderte UN-Generalsekretär António Guterres die Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf: „Das muss aufhören.“ Wir brauchen unbedingt einen Waffenstillstand“, schrieb Guterres auf Plattform X.

Die US-Regierung warnte vor einem Angriff

Die US-Regierung hatte zuvor vor einem „unmittelbar bevorstehenden“ Raketenangriff Irans auf Israel gewarnt. Ein solcher direkter Angriff hätte schwerwiegende Folgen für Iran, heißt es in einer Erklärung eines Regierungsvertreters, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Nachdem die israelischen Behörden vor dem Raketenangriff gewarnt hatten, befahlen sie den Menschen im Raum Tel Aviv, in der Nähe von Notunterkünften zu bleiben.

Der iranische Angriff könnte groß angelegt sein, warnte Armeesprecher Daniel Hagari vor dem Angriff. Die Luftverteidigungssysteme sind vollständig vorbereitet und Flugzeuge der israelischen Luftwaffe patrouillieren am Himmel. Verteidigungsminister Joav Galant besprach die Lage am Abend mit Generalstabschef Herzi Halevi und hochrangigen Beamten.

Im April führten die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) zum ersten Mal in der Geschichte der Islamischen Republik einen direkten Angriff auf Israel durch. Die Luftwaffe der IRGC feuerte mehr als 300 Drohnen, Raketen und Marschflugkörper auf ihren Erzfeind ab. Der Angriff konnte erfolgreich abgewehrt werden. Iran reagierte damit auf die Tötung hochrangiger Generäle, die zuvor bei einem mutmaßlichen israelischen Angriff in Syrien getötet worden waren.

Zuletzt wurden Irans Verbündete deutlich geschwächt

Israels Militär und Geheimdienste hatten die Verbündeten Irans in der Region zuletzt deutlich geschwächt. Ende Juli wurde der ausländische Chef der islamistischen Hamas in Teheran getötet. Die iranische Führung schwor daraufhin Rache. Am vergangenen Freitag wurde Nasrallah, der Chef der libanesischen schiitischen Organisation Hisbollah, einem weiteren wichtigen Verbündeten Teherans, getötet. Zuvor hatten explodierende Funkempfänger, sogenannte Pager, Hunderte Hisbollah-Funktionäre verletzt und mehrere getötet. Seitdem ist unklar, ob und wie die iranische Militärführung reagieren wird.

Am Dienstag unternahm das israelische Militär einen weiteren Schritt: Zum ersten Mal seit fast zwei Jahrzehnten rückten israelische Bodentruppen wieder in den Libanon ein. Rund ein Jahr nach Beginn des Gaza-Krieges verlagerte sich der Schwerpunkt der Kämpfe in Richtung des nördlichen Nachbarlandes. Die Armee sprach von „begrenzten“ Angriffen nahe der Grenze auf Ziele der schiitischen Hisbollah, die eng mit dem Iran verbündet ist.

Lagerfeuer in Beirut

Nach dem iranischen Raketenangriff brach in der libanesischen Hauptstadt Beirut lauter Jubel aus. Augenzeugen berichteten, dass aus dem Vorort Haret Hreik, wo Israel Hisbollah-Chef Nasrallah tötete, Freudenschüsse zu hören waren. Klatschen und Jubeln war auch im Zentrum von Beirut zu hören, wo viele Familien, die durch die israelischen Angriffe im Land vertrieben wurden, derzeit auf den Straßen und öffentlichen Plätzen ausharren.

Seit der Revolution von 1979 gelten die USA und Israel als Erzfeinde der Islamischen Republik. Mit dem Ausbruch des Gaza-Krieges vor knapp einem Jahr bestand mehrfach die Gefahr, dass sich der Schattenkonflikt zu einem Flächenbrand ausweiten würde. Die iranischen Revolutionsgarden sind die Elite-Streitkräfte des Landes und gelten als deutlich mächtiger als die reguläre Armee.

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