Euro im Plus nach Frankreich-Wahl: Potentieller Stillstand beruhigt Märkte

Euro im Plus nach Frankreich-Wahl: Potentieller Stillstand beruhigt Märkte
Euro im Plus nach Frankreich-Wahl: Potentieller Stillstand beruhigt Märkte
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Für eine absolute Mehrheit im französischen Parlament könnte es für das rechtspopulistische RN knapp werden. Unter den Finanzmarkt-Akteuren herrschte Erleichterung darüber, dass das ausgabenfreudige Linksbündnis nicht noch mehr Stimmen gewonnen hat.

Nach der ersten Runde der Parlamentswahlen liegt das Mitte-Bündnis des Staatspräsidenten Macron zurück.

Teresa Suárez / EPA

Nach dem weniger deutlich als erwartet ausgefallenen Sieg des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) in der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen haben die Aktienmärkte mit einem Plus eröffnet. Auch die europäische Gemeinschaftswährung Euro legte gegenüber dem Dollar und dem Franken zu.

Gegenüber dem Dollar kletterte die europäische Gemeinschaftswährung über die Marke von 1,0750 Dollar. Auch gegenüber dem Franken gewann der Euro. Am Montag um 11 Uhr wurden für einen Euro 0,9695 Franken bezahlt, nach 0,9628 Franken am Freitagabend.

Am Montagmorgen eröffneten zudem die europäischen Börsen freundlich. Deutliche Gewinne verzeichnete bis um 11 Uhr der französische Börsen-Leitindex CAC-40 mit einem Plus von 1,5 Prozent. In den vergangenen Wochen hatte das Barometer deutlich nachgegeben. Besonders stark legten die Aktien von französischen Banken zu, die Titel von Société Générale lagen mit 4,9 Prozent im Plus. Die Papiere von Crédit Agricole gewannen 4,2 Prozent.

Sieg des RN bei Parlamentswahlen

Am Sonntag hatte das RN mit 33,2 Prozent der Stimmen einen Sieg erzielt. Das linke Bündnis Nouveau Front Populaire («Neue Volksfront») landete auf dem zweiten Platz mit 28 Prozent der Stimmen. Das Mitte-Bündnis des amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron erhielt indessen lediglich 20,8 Prozent der Stimmen.

Das RN könnte damit im Parlament mit 230 bis 280 Sitzen zur stärksten Kraft werden. Für die absolute Mehrheit von 289 Sitzen könnte es aber nicht reichen. Präsident Macrons Lager und die linke Neue Volksfront haben bekanntgegeben, in der zweiten Runde der Parlamentswahlen am 7. Juli eine absolute Mehrheit des RN verhindern zu wollen. Die beiden Bündnisse kündigten an, in den Wahlkreisen, in denen ihre Kandidaten auf dem dritten Platz gelandet sind, zugunsten des besser platzierten Kandidaten der anderen Seite zurückzutreten. Dies soll eine absolute Mehrheit des RN am kommenden Sonntag verhindern.

Indessen ist nicht sicher, dass dies immer funktioniert. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire etwa hat sich laut der Nachrichtenagentur Bloomberg kritisch dazu geäussert, Kandidaten der Neuen Volksfront im zweiten Wahlgang der Parlamentswahlen zu unterstützen. Die zu dem Bündnis zählende linkspopulistische Partei «La France insoumise» von Jean-Luc Mélenchon sei «eine Gefahr für die Nation», sagte er. Man wähle nicht eine Gefahr, um eine andere zu verhindern.

Die Anlageexperten der UBS weisen darauf hin, dass Kandidaten ein Ergebnis von 12,5 Prozent der Stimmen brauchen, um am zweiten Wahlgang in ihrem Wahlkreis teilzunehmen. Bis Dienstagabend müssen die Kandidaten bekanntgeben, ob sie dies beabsichtigen oder ob sie sich zurückziehen und sich für einen anderen Kandidaten einsetzen.

Würde das RN die absolute Mehrheit erreichen, müsste Präsident Macron wohl einen Premierminister der Oppositionspartei ernennen. Als Top-Kandidat hierfür gilt RN-Chef Jordan Bardella, ein Protégé der starken Frau in der Partei, Marine Le Pen. Träte dies ein, könnte Frankreich in Zukunft in der Aussenpolitik weniger zuverlässig agieren und einen kritischeren Kurs gegenüber Brüssel verfolgen. Die Analytiker der UBS kommentierten, es sei zwar üblich, dass ein Vertreter der stärksten Partei hier zum Zuge komme, doch es bestehe keine rechtliche Verpflichtung dazu.

Frankreichs hohe Schulden im Fokus

Unter den Finanzmarkt-Akteuren herrschte indessen auch Erleichterung darüber, dass das ausgabenfreudige Linksbündnis Nouveau Front Populaire («Neue Volksfront») nicht noch mehr Stimmen gewonnen hat. Sorgen über die Entwicklung der französischen Staatsfinanzen hatten im Vorfeld der Wahl zu einem Vertrauensverlust bei Investoren gesorgt. Allerdings gibt es auch die Befürchtung, das RN könnte die Ausgaben des stark verschuldeten Staats weiter nach oben schrauben.

Beobachter rechnen indessen nicht mit einem weiteren deutlichen Erstarken des Euro, der in den Wochen vor der Wahl deutlich gegenüber dem Franken nachgegeben hatte. Macron hatte die Parlamentswahlen nach dem Sieg des RN bei den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni dieses Jahres vorgezogen und damit Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst.

In der vergangenen Woche hatte der Risikoaufschlag von zehnjährigen französischen Staatsanleihen gegenüber ihren deutschen Pendants mehr als 0,8 Prozentpunkte erreicht. Dies war der höchste Stand seit den französischen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2017, als es ebenfalls Unsicherheit über den Wahlausgang gegeben hatte. Am Montagmorgen ging der Risikoaufschlag auf 0,75 Prozentpunkte zurück.

Stillstand in der Politik hätte auch ihr Gutes

Gemäss den derzeitigen Prognosen könnte in der zweiten Runde der Parlamentswahlen am kommenden Sonntag kein Bündnis eine absolute Mehrheit erreichen. Es besteht also auch die Möglichkeit, dass die derzeitige Regierung im Amt bleibt oder dass eine sogenannte Technokratenregierung eingesetzt wird.

Die Analytiker der UBS gehen davon aus, dass es in der zweiten Wahlrunde viele Stichwahlen mit drei und nicht nur zwei Kandidaten geben wird. Folglich dürfte «vermutlich keine Partei die absolute Mehrheit erzielen», teilen sie mit.

Die Ökonomen der Bank J. Safra Sarasin haben in einer Analyse die Möglichkeit eines Parlaments ohne klare Mehrheitsverhältnisse als das beste Szenario für die Finanzmärkte bezeichnet. Obwohl dies zu Stillstand im Land führen dürfte, würde wahrscheinlich immerhin die Reform der Altersvorsorge nicht zurückgeschraubt. Zudem könnten wohl weder die Links- noch die Rechtspopulisten ihre angekündigten Ausgabenprogramme in die Tat umsetzen. Dies würde die Staatsfinanzen Frankreichs nicht noch weiter verschlechtern und die Kurse der französischen Staatsanleihen unterstützen. Dies würde auch das Risiko von Herabstufungen Frankreichs durch die Rating-Agenturen verringern.

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