H5N1-Pandemie? So wird die Vogelgrippe auf Menschen übertragen

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Die Corona-Pandemie ist noch gar nicht so lange her, da droht bereits die nächste Infektionswelle: Die Vogelgrippe grassiert wieder – und aktuell bereitet sie in den USA große Sorgen. Seit Ende März verbreitet sich der Virustyp H5N1, dutzende Betriebe sind betroffen. In Milchproben wurden zum Teil hohe Viruslasten nachgewiesen. Wahrscheinlich seien die Kühe von Wildvögeln angesteckt worden, hieß es damals nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums.

Immer mehr Kühe in den USA weisen das H5N1-Virus auf.
Symbolfoto: IMAGO/Funke Foto Services

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Die Vogelgrippe wurde in diesem Zusammenhang auch bei mehreren Menschen festgestellt – eine Infektion von Mensch zu Mensch ist allerdings noch nicht vorgekommen.

Virologe Drosten befürchtet Vogelgrippe als neue Pandemie

Nun befürchten Experten aber, dass sich das Virus weiterentwickeln könnte, sodass künftig auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung denkbar werden könnte. Virologe Christian Drosten glaubt, dass sich die Vogelgrippe dann im schlimmsten Fall zur neuen Pandemie entwickeln könnte:

„So etwas hat es vorher noch nicht gegeben, solche extrem großen Ausbrüche bei Kühen – alle Fachleute sind besorgt.“

Christian Drosten

Virologe

Die Ausbreitung der Vogelgrippe unter Säugetieren könne auch „glimpflich ablaufen, das Virus braucht mehrere Schritte zur Anpassung, und vielleicht ist es vorher schon unter Kontrolle“, sagte Drosten weiter. „Aber es kann auch schon der Anlauf zu einer nächsten Pandemie sein, den wir hier live mitverfolgen.“

Die Vogelgrippe ist mit einer relativ hohen Sterblichkeit verbunden. Laut dem Helmholtz Zentrum München sind jüngere Menschen besonders stark betroffen. Die Hauptsymptome sind hohes Fieber, Husten, Atemnot und Halsschmerzen, mitunter auch Durchfall und Erbrechen.

Zuvor 50.000 Nerze in Spanien mit Vogelgrippe infiziert

Fälle von infizierten Menschen gab es über die Jahre immer mal wieder. Dem Robert-Koch-Institut zufolge hatten die erkrankten Personen engen Kontakt zu den infizierten Tieren. Für die Übertragung sei vermutlich eine große Virusmenge nötig, eine Infektion sei sehr selten.

So gab es in Spanien im Oktober 2022 einen Fall, der Forschende noch immer beschäftigt: 50.000 Nerze mussten getötet werden, sie hatten sich mit der Vogelgrippe infiziert. Zwar gab es bereits zuvor vereinzelte Fälle von infizierten Säugetieren. Dieses Ausmaß war jedoch neu. Die Forscher bezeichneten es damals als „ungewöhnliche Mutation“, die „Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit“ haben könnte.

Weiterlesen: Weltweit erster Todesfall mit Vogelgrippe-Virustyp H5N2: Welche Gefahr besteht?

Tom Peacock, Virologe am Imperial College in London, sagte diesbezüglich dem Magazin „Science“, der Fall in Spanien sei „unglaublich besorgniserregend“. Für ihn sei dies „ein klarer Mechanismus, wie eine H5-Pandemie starten“ könnte.

Auch in Deutschland kursierende Variante kann Kühe infizieren

Nun kommt die Sorge auf, dass auch die Übertragung bei Kühen weiter zunimmt. Die in Deutschland kursierende Variante des Vogelgrippe-Virus H5N1 kann ebenfalls Kühe infizieren. Das hat kürzlich ein erster Test am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems bei Greifswald ergeben.

Die Tiere seien über die Zitzen mit dem von einem Wildvogel stammenden Erreger infiziert worden, teilte das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit am Freitag mit. Das Virus habe sich im Euter vermehrt und die Milchkühe hätten eindeutige Krankheitssymptome wie starkem Milchbildungsrückgang, Veränderung der Milchkonsistenz und Fieber gezeigt.

Aktuell ist die Gefahr für den Menschen noch gering

Noch gebe es genetische Hürden, die eine sogenannte Zoonose, also die Übertragung vom Tier auf den Menschen, in den allermeisten Fällen verhindert: „Bisher hat kein Erreger durch hochpathogene Formen der von den Virus-Subtypen H5 und H7 hervorgerufenen Geflügelpest eine Pandemie induziert. Es ist daher unklar, unter welchen Umständen das möglich wäre und ob es überhaupt für diese Subtypen möglich ist“, erklärt Elke Reinking, Sprecherin des Friedrich-Löffler-Instituts, das als zentrale staatliche Einrichtung für die Gesundheit von Tieren in Deutschland zuständig ist.

Wie allerdings die Fälle der Nerze oder nun auch der Kühe zeigen, passt sich auch das Vogelgrippe-Virus an andere Lebensformen an. Eine ungehinderte Ausbreitung würde das aber vermutlich nicht zwingend bedeuten: „Bei Grippeviren ist das Hämagglutinin besonders wichtig für die Erkennung durch das Immunsystem“, erklärt eine Sprecherin des Robert Koch-Instituts auf Nachfrage des MDR.

Hämaglutinin ist ein Membranprotein und zuständig für die Bindung eines Virus an den Wirt, also in diesem Fall an den Menschen. Da Grippeviren zur gleichen Hämagluttinin-Gruppe gehörten, gebe es eine gewisse Kreuzimmunität zwischen den verschiedenen Stämmen. Wie genau der Mensch auf eine angepasste Vogelgrippe reagiert, ist allerdings im Voraus nicht zu sagen.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält die von der Vogelgrippe bei Kühen ausgehende Gefahr für Menschen derzeit noch für gering, mahnte aber alle Staaten zu erhöhter Aufmerksamkeit für mögliche Infektionen.

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