CDU gewinnt Grünen-Politikerin: Melis Sekmen ändert Parteizugehörigkeit

-

Solche Manöver sind selten in der deutschen Politik: Eine Grünen-Politikerin wechselt in die Unionsfraktion. Der letzte Fall dieser Art ist fast dreissig Jahre her.

Von Grün zu Schwarz: Die Abgeordnete Melis Sekmen wechselt zu der CDU.

Imago

Ein solcher Wechsel ist selten. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen aus Mannheim ändert ihre Parteizugehörigkeit und geht zur CDU. Einen vergleichbaren Wechsel gab es letztmals im Jahr 1996. Damals zog es die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld von den Grünen zur Union. Lengsfeld sass von 1990 bis 2005 für die CDU im Bundestag.

Die auf der Bundesbühne eher unbekannte Politikerin machte den Schritt in einem Video auf Instagram öffentlich. Dort erklärt die 30-jährige Volkswirtin, die selbst einen türkischen Migrationshintergrund hat, dass es ihr wichtig sei, «Menschen nach ihrem Tun und nicht nach ihrer Herkunft zu beurteilen». Übersetzt heisst das wohl, dass Sekmen mit der Identitätspolitik der grünen Partei wenig anfangen kann. Dann fällt der Satz: «Genau diesen Geist habe ich im neuen Grundsatzprogramm der CDU wiedergefunden.»

Darüber habe sie mit dem Vorsitzenden der Christlichdemokraten gesprochen: «Ich habe Friedrich Merz kennengelernt, wir hatten ein sehr gutes Gespräch, und wir waren uns schnell einig, dass wir das Grundsatzprogramm mit Leben füllen wollen.» Bereits an diesem Dienstag wird Sekmen in der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag erwartet.

Der CDU-Chef Merz ist erfreut über die Ex-Grüne

Merz wiederum sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Mit ihrer Familiengeschichte und ihren Themen verbindet Frau Sekmen vieles, wofür auch die CDU steht. Wir machen Politik für die fleissigen Menschen in unserem Land.» Sekmens Vater ist als Jugendlicher aus der Türkei nach Deutschland eingewandert.

Den Christlichdemokraten dürfte der Wechsel einige Wochen vor den drei Landtagswahlen im Osten Deutschlands als nützliches Wahlkampfgeschenk erscheinen. In der Vergangenheit hatte Merz die Grünen als «Hauptgegner» in der Regierung bezeichnet. Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der CDU-Wähler eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene ablehnen würde.

Seit 2019 war Sekmen in einer für die Grünen typischen Doppelspitze die Fraktionsvorsitzende ihrer Partei in Mannheim. Seit 2021 ist Sekmen im Deutschen Bundestag vertreten und dort sowohl ordentliches Mitglied und Obfrau im Wirtschaftsausschuss als auch stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss.

Sekmen enthielt sich bei Abstimmung über politischen Islam

In einem Papier, das in CDU-Kreisen kursiert, begründet Sekmen ihren Abschied schriftlich. Dort heisst es: «Politik muss den Mut haben, unbequeme Realitäten zu benennen, auch wenn es nicht in die eigene politische Erzählung passt.» Diese Stimmen müssten stärker aus der Mitte und nicht von «den extremen Rändern» kommen.

Sekman schreibt ausserdem, dass sie sich vorstellen könne, «dass einige überrascht sind, vielleicht auch enttäuscht sein werden». Für sie sei der Parteiwechsel jedoch «ein Schritt nach vorne».

Einen Hinweis auf die innere Distanz zur grünen Partei gab es bei einer namentlichen Abstimmung am 6. Juni 2024. Sämtliche anwesenden Grünen stimmten mit Ja, als es darum ging, einen Antrag zur Bekämpfung des politischen Islam abzulehnen. Die grüne Partei ist bekanntermassen zurückhaltend, wenn es um Massnahmen gegen den radikalen Islam geht. Nur eine grüne Parlamentarierin enthielt sich: Sekmen.

-

PREV 6. Etappe der Tour de France – Groenewegen sprintet in Dijon zum Sieg – Sport
NEXT Freunde, Familie und Nachbarn schwingen sich für die jährliche Tradition des Canada Day aufs Fahrrad