Die akademische Welt ist von einem echten Drama betroffen: dem Veröffentlichungsrausch, besser bekannt als „Veröffentlichen oder untergehen“. Dieses Phänomen ist nicht neu, hat aber ein alarmierendes neues Ausmaß angenommen, wie in dem Artikel „Alienation among Management Scholars“ hervorgehoben wird, der in der Revue française de gestion von Danny Miller und Isabelle Le Breton-Miller veröffentlicht wurde.
Denken Sie daran, dass Danny Miller von der American Academy of Management als einer der einflussreichsten Forscher der letzten 30 Jahre ausgezeichnet wurde. Seine gemeinsam mit Isabelle Le Breton-Miller unterzeichnete Warnung ist umso bemerkenswerter, als sie auf eine unmittelbare Gefahr aufmerksam macht: die Erosion der Innovation.
Ihre Analyse ist eindeutig: Die ständige Suche nach Veröffentlichungen entfremdet Forscher. Um den Erwartungen der renommiertesten Fachzeitschriften gerecht zu werden, sind sie zunehmend gezwungen, Artikel zu verfassen, die sie von ihrer ursprünglichen Leidenschaft für die Forschung distanzieren. Forscher, die einst kreativ und leidenschaftlich waren, sehen sich gezwungen, starren Verfahren zu folgen, denen es an jeglicher Kreativität mangelt. Es entsteht eine Dissonanz zwischen Leidenschaft und Verpflichtung, die wachsende Frustration schürt.
Miller und Le Breton-Miller identifizieren vier Hauptursachen für diese akademische Entfremdung:
1. Sinnlosigkeit: Forscher haben das Gefühl, dass ihre Arbeit weder persönliche noch gesellschaftliche Auswirkungen hat.
2. Ohnmacht: Der Veröffentlichungsprozess entgeht ihnen, die auferlegten Revisionen entleeren ihre Forschung ihrer Substanz.
3. Selbststrangulierung: Die Anpassung der eigenen Arbeit an die Anforderungen von Zeitschriften distanziert Forscher von ihren wahren Interessen.
4. Isolation: Wettbewerb und strenge Veröffentlichungsstandards erzeugen ein tiefes Gefühl der Isolation.
Die Auswirkungen auf die Unternehmen sind gravierend: Innovation und Wettbewerbsfähigkeit sind heute in Gefahr. Demotivierte Forscher produzieren weniger neue Ideen und die Qualität der Arbeit leidet. Forschungsthemen werden aufgrund ihres Publikationspotenzials ausgewählt, was zu Lasten der Erforschung neuer Wege geht. Von Zeitschriften auferlegte Überarbeitungen verfälschen häufig die Originalarbeit, fragmentieren die Forschung und zerstreuen die Bemühungen. Am Ende der Kette erben Unternehmen Ergebnisse, die nicht mehr nützlich sind.
Miller und Le Breton-Miller glauben, dass Unternehmen eine Rolle spielen können und müssen, um dieser Entfremdung entgegenzuwirken. Durch den Aufbau relevanter Partnerschaften, die Überarbeitung der Kriterien für die Förderung von Forschern und die Ermutigung akademischer Institutionen, sich von „publish or perish“ zu befreien, können sie die Motivation der Forscher wiederherstellen und damit Innovationen fördern. Die Herausforderung ist groß: Die Managementforschung neu auszurichten, damit sie wieder zu einem echten Fortschrittsmotor wird und nicht nur eine entfremdende Übung.
Führungskräfte, Manager, Entscheidungsträger: Werden Sie diesen Hilferuf von jenseits des Atlantiks hören können?
Quelle: LE BRETON-MILLER, I., MILLER, D. (2021). Entfremdung unter ManagementwissenschaftlernFrench Management Review, Bd. 47, nein. 294, S. 53-75.