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In Tschernobyl die bittere Erinnerung an die russische Besatzung

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Wer in Tschernobyl arbeitet, ist sich bewusst, dass er zur Sicherheit der Ukraine, aber auch der ganzen Welt beiträgt. Wer zurückgekehrt ist, fühlt sich wieder zu Hause. Seit Kriegsbeginn ist das einst von Touristen überfüllte Gebiet rund um das Kraftwerk wieder für Besucher gesperrt. Zutritt haben nur autorisierte Soldaten, Angestellte und Journalisten.

Eine dreistündige Fahrt trennt Kiew von Tschernobyl. Wir machen einen Umweg durch Boutcha, das seit dem schrecklichen Massaker vor zwei Jahren wieder aufgebaut wurde. In Andriivka und Borodianka stehen zerbombte Häuser wie Kriegsdenkmäler. Ein Banksy-Wandbild einer Turnerin hängt in der Nähe eines zerstörten Hauses. Auf dem zentralen Platz kreuzt ein von den Russen hinterlassenes klaffendes Loch die Vorderseite der Statue des Dichters Taras Schewtschenko.

Eine Mauer im sowjetischen Stil und ein militärischer Kontrollpunkt markieren den Eingang zur Tschernobyl-Zone. Die Straße, die wir nehmen, ist die einzige intakte der siebzehn in der Gegend. Wir sehen, wie die zerstörten Brücken wieder zusammengesetzt werden. Unser Ratgeber warnt: „Fotoverbot. Sicherheitsgründe.“

Beim Verlassen werden unsere Telefone und Kameras überprüft, da die Weitergabe bestimmter Bilder die Sicherheit der Ukrainer gefährden könnte.

Schutzkleidung und Geigerzähler

Wir passieren dichte Wälder. Zwischen den Bäumen tauchen heruntergekommene Arbeiterhäuser auf. Menschen stehen an den Fenstern. Auf der Straße gehen oder joggen Soldaten auf Urlaub, als ob Frieden herrschte. Tschernobyl ist die letzte noch bewohnte Stadt in der Sperrzone, die sich dreißig Kilometer rund um das Kraftwerk erstreckt. Nach dem Unfall von 1986 wurden 150.000 Menschen aus dem Gebiet evakuiert. Der Ort erfordert ständige Instandhaltung. Die Gefahr einer neuen Tragödie ist trotz der deutlichen Reduzierung der Strahlung nicht verschwunden.

Die Mitarbeiter wechseln sich alle zwei Wochen ab. Die meisten kommen aus Slavoutych, wohin sie am Ende ihrer Rotation zurückkehren. Vor der russischen Besetzung dauerte die Fahrt über Weißrussland 45 Minuten. Seit dem Krieg dauert die Fahrt sechs Stunden. Viertausendachthundert Menschen arbeiten in zehn Einheiten. Der geschlossene Bereich bietet Platz für eintausendfünfhundert. Das Strahlenuntersuchungslabor empfängt keine Touristen, wir werden aber gerne herumgeführt. Während des Besuchs werden mehrere Räume dunkel. Stromausfälle sind im Krieg keine Seltenheit. Generatoren übernehmen. Auch die von direkten Auseinandersetzungen verschonten Landesteile würden durch die Russen immer unbewohnbarer, sagen unsere Guides.

Schutzkleidung und Geigerzähler sind für die in den Einrichtungen anwesenden Pflicht. Von Taschenlampen beleuchtet beginnen wir unseren Rundgang im Keller, zwischen grellgrün gestrichenen Wänden und Aufklebern, die vor Strahlung warnen. Eine Etage höher sind die modernen und sterilen Alpha- und Gammastrahlen-Untersuchungsräume mit Maschinen und Computern mit EU-Logo ausgestattet.

Wir treffen einen dreißigjährigen Ingenieur, der vom Direktor als junges Talent des Labors vorgestellt wird. Er arbeitet zehn Stunden am Tag, liebt seinen Job sehr, auch wenn er p.a. ist

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