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Xenongas beschleunigt die Besteigung des Everest

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Das Einatmen von Xenongas ermöglicht die Besteigung des Everest in sieben Tagen

Ein führender Anbieter kommerzieller Expeditionen bietet ein Angebot im Wert von 150.000 Euro an, um in Rekordzeit das „Dach der Welt“ zu erreichen. Revolutionär oder gefährlich?

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Heute um 19:26 Uhr veröffentlicht

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Es war ein Artikel in der Financial Times, mit dem alles begann. Der Titel lautet: „Wie besteigt man den Mount Everest in einer Woche?“ In den Stunden nach der Veröffentlichung gingen E-Mails an Lukas Furtenbach, Gründer und Leiter von Furtenbach Adventures, ein. Der 47-jährige Österreicher ist führend im Bereich eher anspruchsvoller Hochgebirgsexpeditionen und wird im Frühjahr ein innovatives Produkt auf den Markt bringen. Es bietet Kurztrips an. Programm: Abreise am Montag, Gipfel des Everest am Donnerstag, Rückkehr pünktlich zum Abendessen am Sonntagabend. Kosten: 150.000 Euro.

Traditionelle Expeditionen auf Gipfel über 8.000 Meter dauern gut zwei Monate. Dem Körper muss Zeit gegeben werden, sich an die extreme Höhe zu gewöhnen. Doch Lukas Furtenbach seinerseits setzt auf das stürmische Abenteuer, dank der Herstellung eines Gases, dessen genaue Zusammensetzung geheim bleibt. Vier Briten werden das Erlebnis im Mai erleben. Auf dem Weg zur schnellsten Nepal-Wanderung der Geschichte.

Eine vielseitige Reise

Lukas Furtenbach war Garnelenfischer in den USA, Hausmeister in Belize und Campingplatzverwalter in Mexiko. Er hat die höchsten Berge der Welt bestiegen. Heute ist er einer der wichtigsten Manager des Western Base Camp und Organisator von Expeditionen zur Eroberung des Everest. Er ist außerdem ein begnadeter Vermarkter, der erstklassige Dienstleistungen anbietet. Für die Verpflegung sorgt ein Sternekoch. Wein und Sauna stehen auf dem Programm, im Basislager auf rund 5.300 Metern Seehöhe.

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Der österreichische Bergsteiger hatte bereits vor einigen Jahren für Schlagzeilen gesorgt, indem er die Dauer von Expeditionen von zwei Monaten auf drei Wochen verkürzte. Der Schlüssel zu diesen sogenannten „Flash“-Aufstiegen sind hypoxische Zelte, in denen die Kunden etwa acht Wochen lang zu Hause schlafen. Die Zelte simulieren die extremen Bedingungen der höchsten Berge der Welt. Die drei Wochen am Everest sorgen für die restliche Akklimatisierung.

Ein geheim gehaltener Trank

Einen neuen Schritt geht der Tiroler Bergbegeisterte, indem er das Zeitlimit von drei auf nur eine Woche verkürzt. Es wurde eine mysteriöse Zutat hinzugefügt. Er führt seinen Klienten 30 Minuten lang eine Behandlung auf Gasbasis durch. Das Gemisch besteht insbesondere aus Sauerstoff und Xenon, einem Edelgas. Die restlichen Zutaten befinden sich im Safe. „Ich möchte der Konkurrenz keinen Gefallen tun. Die Tatsache, dass sie alles kopieren, was wir tun, stellt für mich ein echtes Problem dar.“

Die Agentur geht davon aus, dass sich zukünftige Kletterer wochenlang zu Hause in hypoxischen Zelten akklimatisieren werden. Die Anpassungsphase ist für jeden Menschen einzigartig. Sobald sich ein Wetterfenster öffnet, das den Gipfelversuch ermöglicht, erhalten sie unter ärztlicher Aufsicht eine Behandlung mit Xenon. Sie sind nun bereit, nach Kathmandu zu fliegen und von dort mit dem Hubschrauber ins Basislager zu fliegen, wo Sherpas auf sie warten.

Zwei Stunden später kann der Aufstieg beginnen, ohne traditionelle Akklimatisierung vor Ort. Zwischen Basislager und Gipfel sind drei Tage eingeplant, ein weiterer für den Abstieg. Sieben Tage nach ihrer Abreise kehrten die Himalayans nach Hause zurück.

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Auf seiner Website verspricht Lukas Furtenbach seinen Kunden „unbegrenzte Mengen Sauerstoff“. Die von ihm selbst entwickelten Sauerstoffregler liefern bis zu acht Liter Sauerstoff pro Minute. Es ist eine Menge. Diese außergewöhnliche Strömung nutzt er gelegentlich, um die schwierigen Passagen kurz vor dem Gipfel schneller zu überwinden.

Xenon, ein Dopingmittel

Die Xenonbehandlung ist daher einer der Schlüssel zu diesem rasanten Anstieg. Dieses Gas ist sehr teuer. Es ist eines der seltensten chemischen Elemente. Es wird in Lampen oder als Anästhesiegas verwendet. Berichten zufolge kostet die Xenon-Behandlung bis zu 5.000 US-Dollar pro Person.

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Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi sorgte Xenon für Schlagzeilen, weil die Russen es angeblich zum Doping nutzten. Es stimuliert die körpereigene Produktion von Erythropoietin (EPO). Dadurch werden vermehrt rote Blutkörperchen produziert, was eine bessere Sauerstoffversorgung des Körpers ermöglicht.

Da es sich beim Bergsteigen nicht um eine organisierte Sportart handelt, ist eine Behandlung in diesem Zusammenhang nicht als illegal im Sinne des Sportrechts anzusehen. Lukas Furtenbach will es aber gerade wegen seiner Wirkstoffe einsetzen, die auch dazu geführt haben, dass Xenon auf der Liste der Dopingmittel steht. Für den Österreicher sei die Behandlung „nur eine neue Form der Eingewöhnung und ein Gewinn an Sicherheit“.

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Wenige Studien

Ein auf Anästhesie spezialisierter Arzt, der sich auch für die Auswirkungen der Höhe interessiert, hält die Wirkung von Xenon auf die Akklimatisierung für „Spekulation“. Er wollte anonym bleiben. In eine Pressemitteilung zum Thema Xenon und Bergsteigen in der Höhe Vom 22. Januar empfiehlt die medizinische Kommission der Internationalen Union der Bergsteigerverbände (UIAA), der der Schweizer Alpen-Club (CAS) angehört, die Einhaltung der Akklimatisierungszeit an extreme Höhen, „eine anerkannte und sichere Methode, die sich bewährt hat.“ selbst.

Eine Position, die Lukas Furtenbach zur Reaktion brachte: „Wir werden nicht ernst genommen. Wir würden nicht das Risiko eingehen, unseren Kunden ein Produkt anzubieten, das unzuverlässig ist und ihrer Gesundheit schadet. Unsere Statistiken sind tadellos, wenn es um Sicherheit und Erfolg geht.“

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Vierzehn Meerschweinchen

Die Idee, Xenon zur Höhengewöhnung zu nutzen, kam von Michael Fries, leitender Anästhesiearzt am St. Vincent Hospital in Limburg, Deutschland. Nachdem er ein Radiointerview mit dem Österreicher gehört hatte, schlug er vor, die Methode auszuprobieren. Es ist geschafft, für Everest (8849 m) und Lhotse (8516 m).

Unter strenger Aufsicht nahmen 14 weitere am Spiel teil. Der Test erwies sich als schlüssig. Die Gesundheitsrisiken seien „extrem gering“ und die „Nebenwirkungen nahezu nicht vorhanden“, meint der Praktiker.

Wenn ein Arzt die Injektionen systematisch begleitet, bleiben Grauzonen: Wo und wann wird ihnen das Xenon verabreicht? Michael Fries sagt, dass die Vorbereitung etwa zwei Wochen dauert. Denn die Stimulation von EPO und damit die erhöhte Produktion roter Blutkörperchen erfolgt rückwirkend.

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Everest im Raumanzug?

Klassische Expeditionen basieren auf Akklimatisierungsrotationen. Bergsteiger steigen mehrmals in höhere Lager auf und kehren dann zum Basislager zurück. Um das „Dach der Welt“ zu erreichen, überqueren sie mehrmals den Khumbu-Gletscher. Es ist einer der gefährlichsten Orte bei der Besteigung des Everest auf nepalesischer Seite. Der Gletscher ist ständig in Bewegung: Es bilden sich Gletscherspalten und Eisblöcke brechen ab.

Wenn man dort eine Woche statt zwei Monate bleibt, ist man der Gefahr weniger ausgesetzt. Zudem will Lukas Furtenbach die Sauerstoffreserven in den Bergen verdoppeln. „Ich setze meine Kunden nicht dem Risiko aus, in drei Tagen auf 8.000 Meter zu klettern und keinen Sauerstoff mehr zu haben, weil dieser von einem Konkurrenzunternehmen gestohlen wurde.“

Letztendlich möchte Lukas Furtenbach dank Xenon eine Vielzahl schneller Expeditionen anbieten. „Aber dafür müssen wir die Erfahrungen vervielfachen“, betont er. Wir warten darauf, dass Forscher dies im Detail untersuchen. Dann werden wir die Methode demokratisieren. Bis dahin werden wir mit hypoxischen Zelten weitermachen.“

Der österreichische Bergsteiger veränderte die Landschaft der Everest-Expeditionen. Eine Abwechslung, die nicht jedem gefällt. Ein weiteres Projekt von Lukas Furtenbach verspricht bereits Kritik: die Besteigung der höchsten Gipfel im Raumanzug. Die Outfits wären völlig luftdicht, wie in den Druckkabinen von Flugzeugen.

Beschleunigter Versand könnte zur neuesten Modeerscheinung des großen Geldes werden. Allerdings gehören die vier Briten, die im kommenden Mai an diesem einzigartigen Erlebnis teilnehmen werden, nicht zu dieser Kategorie. Der zu zahlende Betrag ist nicht bekannt, wird aber unter dem angegebenen Preis von 150.000 Euro liegen.

Einer von ihnen ist Garth Miller, Pilot bei British Airways und ehemaliger Offizier der britischen Armee. Der Financial Times verrät er, was es für ihn bedeutet, den Everest zu besteigen: „Wenn es unmöglich ist, höher zu kommen, ist es möglich, schneller zu klettern.“

In der ersten Fassung des deutschen Textes wurde einem Schweizer Arzt das Wort zum Einsatz von Xenon erteilt. Auf seinen Antrag hin wurde die Vorladung zurückgezogen.

Aus dem Deutschen übersetzt von Emmanuelle Stevan

Samuel Waldis ist Redaktor in der Sportabteilung von Tamedia.Weitere Informationen

Christian Brüngger ist Journalist. Mit 23 Jahren stieg er in die Sportkolumne ein, reiste lange durch die (Sport-)Welt und saß nach der Geburt seines ersten Sohnes immer häufiger auf seinem Bürostuhl. Er schreibt gerne über die Grenze zwischen Sport und Gesellschaft. Studium der Geschichte und Filmwissenschaften in Zürich.Weitere Informationen

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