In St-Gingolph VS stehen die Steuerzahler unter Druck: Die Gemeinde verlangt Nachweise über die in den letzten sechs Jahren getätigten Zahlungen. Die Bürger sind wütend.
Ein Steuerstreit belastet die Walliser Gemeinde St-Gingolph. Ende 2024 wurden die Einwohner schriftlich aufgefordert, einen Nachweis über die Steuerzahlung der letzten sechs Jahre vorzulegen. Die Gemeindeverwaltung hatte zuvor festgestellt, dass viele Beträge entweder als offen gekennzeichnet oder unklar abgerechnet waren. Viele Bürger sind mittlerweile mit zum Teil erheblichen Zahlungserinnerungen konfrontiert.
Die offenen Beträge betreffen die Jahre 2018 bis 2023. Während manche Bürger nur ein paar hundert Franken zusätzlich zahlen müssen, wird anderen ein Betrag von mehreren Zehntausend Franken in Rechnung gestellt. „Seit Wochen stehen Menschen Schlange vor der Gemeindeverwaltung, um ihre Treue zu beweisen“, erklärte ein Anwohner dem „Walliser Bote“. Zu den Forderungen zählen auch bereits bezahlte Rechnungen, die in kommunalen Systemen jedoch als „offen“ gekennzeichnet sind. Andere Steuerbescheide wurden offenbar nie verschickt.
Bürger äußern heftige Kritik an der Stadtverwaltung. Ein Anwohner beschreibt die Situation als „Puppentheater“ und fragt: „Was passiert eigentlich in unserer Verwaltung?“ Der bisherige Gemeindepräsident Damien Roch, der bis Ende 2024 im Amt war, zeigt durchaus Verständnis für die Wut der Bewohner, verteidigt das Vorgehen aber: „Die nicht gezahlten Beträge müssen eingezogen werden.“
Verwaltungsfehler und Personalmangel
Roch führt die Fehler auf eine Kombination von Faktoren zurück. Die häufigen Wechsel in der Position des Kämmerers und der reduzierte Personalbestand der Gemeindeverwaltung hätten zu einem Informationsverlust geführt. „Mit 3,1 Vollzeitstellen ist die Verwaltung stark nachgefragt“, betont Roch. Die Unklarheiten in der Abrechnung wären bereits im Oktober 2024 aufgefallen, wir hätten aber bewusst abgewartet, um keinen Einfluss auf die Gemeinderatswahlen zu nehmen.
Roch erklärte weiter, dass er vor Ablauf seiner Amtszeit Schritte unternommen habe, um die Fehler zu beheben. Sein Nachfolger Gérald Derivaz kritisiert jedoch die Kommunikation mit den Bürgern: „Es wäre klug gewesen, den betroffenen Personen eine Erklärung beizufügen.“ Das derzeitige Verfahren erweckt den Eindruck mangelnder Professionalität.
Derivaz will die Prozesse innerhalb der Steuerverwaltung verbessern und offene Fragen schnell klären. Er bestätigt, dass die Probleme bei der Steuererhebung in St-Gingolph keine Einzelfälle seien: „Ich selbst habe mehrfach bis zu anderthalb Jahre nach Ablauf der Frist Steuerrechnungen erhalten.“