Kaltluft aus Skandinavien macht ihn möglich

Kaltluft aus Skandinavien macht ihn möglich
Kaltluft aus Skandinavien macht ihn möglich
-

Wo es am Mittwoch überall schneit

In den Bergen liegt zur Zeit so wenig Schnee wie noch selten. Auch im Mittelland ist der erste Neuschnee noch nicht gefallen. Doch nun kommt die Kälte aus Skandinavien.

Der Skilift Tristeli in St.Margrethenberg im ersten Schnee, im Hintergrund die Churfirsten.

Bild: Gian Ehrenzeller / KEYSTONE

Erstmals war vergangene Woche vom Mittelland aus ein Hauch des weissen Zaubers zu sehen, nachdem sich der Nebel gelichtet hatte. Am 12. November gab es erstmals Neuschnee bis etwa auf 700 Meter runter. Da hat sich wohl der eine oder andere daran erinnert, dass er noch mit Sommerpneus unterwegs ist oder seine Ski noch nicht zum Service gebracht hat.

Den ersten Schnee verbinden die meisten Schweizerinnen und Schweizer nämlich mit dem Beginn des Winters. Allerdings vor allem dann, wenn er bis vor unsere Haustüren fällt. Noch ist es nicht so weit. Im Schweizer Mittelland gab es bis heute noch keinen messbaren Schnee, wie die Schneemessstationen von Meteo Schweiz zeigen.

Jetzt kommt der Schnee – und starke Windböen

Doch nun werden auch wir Flachländer bald den Schnee vom Auto wischen. «In der Nacht auf Mittwoch erreicht uns mit Pauken und Trompeten eine Kaltfront aus Nordwesten», sagt der Meteorologe Felix Blumer von SRF Meteo. Diese bringt nicht nur einen massiven Temperatursturz, sondern auch im Flachland Windböen um 80 Kilometer pro Stunde, an exponierten Orten bis 100 Kilometer pro Stunde. In den Bergen sind gar Orkanböen vorprogrammiert. Die Spitzenwerte dürften dort in der Grössenordnung von 170 Kilometern pro Stunde liegen.

Danach befinden wir uns am südlichen Rand eines grossen Kaltluftkörpers über Skandinavien. In der zweiten Wochenhälfte dürften die Temperaturen in der Nacht auch im Mittelland unter dem Gefrierpunkt liegen, meist im Bereich um minus 3 Grad. Am Nachmittag wird es wärmer: Im Mittelland kann mit Werten zwischen 2 und 5 Grad gerechnet werden.

«Schon am Mittwoch dürfte es deshalb im Flachland stellenweise weiss werden», sagt der SRF-Meteorologe. Am Donnerstag und Freitag ist immer wieder Schneefall möglich, besonders in der Nacht von Donnerstag auf Freitag. Mit dem Schnee vor unserer Haustüre wird es dann aber wieder vorbei sein. Schon im Laufe des kommenden Wochenendes erreicht uns voraussichtlich deutlich mildere Luft.

Schnee vor Mitte November wird seltener

Dass es bis Mitte November in tiefen Lagen Neuschnee gibt, kommt nur ab und zu vor. «Im Flachland gibt es etwa in jedem vierten Jahr Schnee vor Mitte November.» Allerdings ist die Statistik nicht ganz treffsicher. Fällt tagsüber oder in der Nacht Schnee, ist noch nicht sicher, dass dieser Schnee auch tatsächlich gemessen wird. Dies, weil der Neuschnee bis zur Messung am nächsten Morgen um 7 Uhr bereits wieder geschmolzen sein kann.

Blumer nennt aktuell das Beispiel St.Gallen: Dort wurde am Donnerstagmorgen ein Zentimeter Schnee gemessen. Das ist erstmalig seit 2017. Davor war früher Neuschnee häufiger. Fast jedes Jahr gab es vor Mitte November den ersten messbaren Schnee in St.Gallen. 2012 wurden sogar schon am 29. Oktober insgesamt 33 Zentimeter Schnee gemessen. Auch in den Jahren zuvor gab es an dieser Messstation jeweils den ersten Schnee bereits im Oktober.

Der Neuschnee kommt somit später. In den Bergen ist die Situation nun sogar prekär. «Natürlicher Schnee liegt nur marginal», sagt Blumer. «Der Schneefall war vergangene Woche zu gering für eine richtige Schneeauflage.»

Das bestätigt Christoph Marty vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos. Bis auf 1500 Meter ist die Schneehöhe in den Skigebieten momentan leicht unterdurchschnittlich. «Über 2000 Meter ist die Situation aber aussergewöhnlich», sagt Marty. So wenig Schnee gibt es erst zum dritten Mal, seit Messungen gemacht werden.

Grund für den fehlenden Schnee ist zum ersten die Trockenheit. Der Oktober war extrem trocken wie auch die erste Hälfte des Novembers mit seinen vielen Sonnenstunden über der Nebeldecke. Der zweite Grund ist der Klimawandel. Wegen der Erwärmung schmilzt Neuschnee tendenziell schneller weg. So ist zwar diesen September und Oktober bereits Schnee bis 1500 Meter gefallen. Der war aber bald wieder weg. Früher sei solcher Schnee länger geblieben, sagt Marty. Dieser habe dann jeweils in den höchsten Skigebieten für eine Basis gesorgt.

Kühe werden in St.Margrethenberg am 14. November vom Schnee überrascht.

Bild: Gian Ehrenzeller / KEYSTONE

Nun erwartet der SLF-Forscher diese Woche relativ viel Schnee in hohen Lagen. Dieser wird dort wahrscheinlich liegen bleiben. «Weiter unten, um die 1500 Meter, wird er aber schnell wieder weg sein.»

«In einer Höhenlage von 1500 Metern kann von einem Schneezuwachs von rund 40 Zentimetern bis zu einem Meter ausgegangen werden», ergänzt Blumer. Wie viel am Schluss liegenbleibt, ist nicht nur von der Wärme, sondern auch vom Wind abhängig. Durch den erwarteten stürmischen Wind aus westlichen Richtungen kann der Schnee stark verfrachtet werden, womit gewisse Gebiete dann doch aper bleiben.

Skigebiete eröffnen bald

Das Skigebiet Davos wird trotz des knappen Schnees bereits am Donnerstag erste Pisten eröffnen. Möglich ist das, weil es in der vergangenen Woche genug kalt war, um Kunstschnee zu produzieren. Vor allem in der Nacht. Engelberg ist bereits am 26. Oktober in die Skisaison gestartet, allerdings nur auf dem Gletscher. Nun sind dort die Schneekanonen in den oberen Lagen in Betrieb. Laax startet am 30. November. «Wir konnten letzte Woche mit der Beschneiung starten. Ob der Saisonstart wie geplant stattfinden kann, wird sich in den kommenden zwei Wochen zeigen. Entscheidend sind die Temperaturen und die Wetterbedingungen», sagt Martina Calonder von der «Weisse Arena Gruppe» in Laax.

Auch das Pizolgebiet konnte mit der technischen Beschneiung starten. Das sei das perfekte Timing für ein Schneesportgebiet in der Höhenlage des Pizol, das bis auf eine Höhe von 2250 Metern reicht, sagt Jürg Schustereit von der Pizolbahnen AG. Am 7. Dezember erfolgt der Start mit dem Skibetrieb in Wangs. Bei guten Schnee- und Witterungsverhältnissen sei ein vorgezogener Wochenendbetrieb denkbar.

Die Skiregion Adelboden-Lenk plant den durchgehenden Winterbetrieb am 7. Dezember. «Wir arbeiten unter Hochdruck am Saisonstart», sagt Stefanie Inniger von den Bergbahnen Adelboden-Lenk. Das Teilgebiet Elsigen-Metsch öffnet wenn möglich auch vor dem 7. Dezember. Andere Teilgebiete wie Tschentenalp, Engstligenalp und Lenk Betelberg planen ab dem 21. Dezember den Skibetrieb. «Anfang letzter Woche konnten wir ein erstes Mal unsere Schneeanlage in Betrieb nehmen und in den oberen Bereichen des Skigebiets eine erste, kleine Schneeschicht produzieren und unsere Schneeanlage final testen», sagt Inniger.

Natur macht Skikanonen eigentlich obsolet

«Eigentlich bräuchte es ab Mittwoch in den Skigebieten keine Schneekanonen mehr, denn Frau Holle übernimmt den Job», sagt der Meteorologe Blumer. «Allerdings ergibt es Sinn, die Schneekanonen weiterlaufen zu lassen, sodass Richtung Festtage sicher genügend Schnee liegt.» Nach den aktuellen Prognosemodellen dürfte es schon gegen Ende dieses Monats wieder milder werden, auch wenn Tauwetter in einer Höhe von mehr als 1500 Metern eigentlich nicht zu erwarten ist.

Wegen des angesagten Schnees wird das Lawinenforschungsinstitut diese Woche erstmals ein Lawinen-Bulletin publizieren. Das macht das SLF nur, wenn tatsächlich irgendwo eine Gefahr vorhanden ist. Eine höhere Gefahrenstufe wird es nach Christoph Marty am Alpennordhang geben. Im Engadin und im Wallis rechnet der Lawinenexperte dagegen nicht damit.

-

PREV Er wieder: Malick Fofana rettet Lyon ganz am Ende des Spiels in Lille, Thomas Meunier geht verletzt
NEXT Terrifier 3 dominiert Halloween in Neapel