Stand: 04.12.2024, 17:27 Uhr
Von: Jakob Böllhoff
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867. Profispiel, erster Platzverweis. Die Bayern und ihr Torwart müssen sich nun fragen, ob diese Rote Karte Zufall ist oder Symptom eines Problems. Ein Kommentar.
Frankfurt am Main – Manuel Neuer sah leicht überfordert aus. Rote Karte, Platzverweis – was muss man da tun? Muss man überhaupt etwas tun? Kommt womöglich ein großer, aus dem Kölner Keller gesteuerter Greifarm aus dem Himmel, um einen vom Platz zu befördern? Oder setzt einem der Schiedsrichter eine Büßermütze auf und begleitet einen in die nächste Ecke, in der man sich ordnungsgemäß schämen kann?
Manuel Neuer, die Torwartlegende des FC Bayern München, schien jedenfalls erst einmal auf Zeit zu spielen, als er im Pokalspiel gegen Leverkusen am Dienstagabend vom Platz gestellt wurde nach seiner Rambo-Aktion gegen Jeremie Frimpong. Er stand ein bisschen in der Gegend herum, legte halbherzig Beschwerde ein bei Schiedsrichter Harm Osmers, ehe er sich doch gemächlichen Schrittes von dannen machte. Hilft ja nix. Niemand würde kommen. Nichts würde sich ändern.
Neuer entschuldigt sich: „Es tut mir leid“
867. Profispiel, erster Platzverweis. Hätte er das also auch mal erlebt. Neuer trat später relativ (Relation zu sich selbst) kleinlaut in der Mixed Zone auf. „Es tut mir leid“, sagte er, meinte es aber nicht in Richtung Frimpong, den er im Stile eines Kleinbusses überfahren hatte, sondern in Richtung seiner Teamkollegen, die er, wenn man so will, im Stich gelassen hatte.
Den abstrusen Vorwurf an den flinken Niederländer, den er zuvor im TV-Interview geäußert hatte – „er läuft in mich rein und versucht, das dankend anzunehmen“ – äußerte Neuer kein zweites Mal. Zum Glück. War ja so schon alles unangenehm genug.
Neuer wird nicht jünger
Die Bayern und ihr Torwart müssen sich nun fragen, ob diese Rote Karte Zufall ist oder Symptom eines Problems. Zum riskanten Spielstil des Trainers Vincent Kompany passt es ganz hervorragend, dass er hinter seiner hoch stehenden Abwehr einen Keeper weiß, der als „Manu, der Libero“ in die Fußballgeschichte eingehen wird. Nicht ganz so praktisch daran ist, dass dieser Keeper der Geschichte längst näher ist als der Zukunft. Neuer wird Ende März 39 Jahre alt. Das muss nichts heißen für einen Torwart. Es muss aber auch nicht nichts heißen.
Wie immer also: Die Wahrheit liegt auf dem Platz. Dort, wo sich Neuer im Champions-League-Spiel in Birmingham bei einem seiner ikonischen Ausflüge aufs freie Feld verirrte und so die Niederlage verschuldete. Dort, wo er nun gegen Leverkusen in den armen Frimpong krachte, sodass dieser in tausend Stücke zu zerspringen drohte. Zu spät, einen Moment nur. Aber im Fußball kann ein Moment eine ganze Welt bedeuten.
Im Sommer 2025 läuft Manuel Neuers Vertrag aus. Der FC Bayern weiß, was zu tun ist.