Der Energiekonzern Axpo hat heute über die Zukunft seines Atomkraftwerks Beznau informiert. CEO Christoph Brand erläutert die Überlegungen zum definitiven Ende des weltweit ältesten AWK am Netz.
Christoph Brand
Geschäftsführer Axpo
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Personen-Box-Saugnäpfe
Seit Mai 2020 führt Christoph Brand das Energieunternehmen Axpo. Zuvor war der Konzern interimistisch von Verwaltungsrats-Präsident Thomas Sieber geleitet worden, nachdem Andrew Walo das Unternehmen verlassen hatte.
Vor seinem Antritt bei Axpo hatte der Ökonom mehrere CEO-Posten bei digital ausgerichteten Unternehmen wie TX Markets, Adcubum, Sunrise oder Bluewin inne.
SRF News: Ursprünglich sollte das AKW bereits 2029 abgeschaltet werden. Warum wird es nun 2033?
Christoph Brand: Wir haben in den letzten zwölf Monaten eine sehr umfassende Analyse gemacht. Technische, regulatorische, personelle und wirtschaftliche Aspekte wurden geprüft. Es ist uns gelungen, den Betrieb des Atomkraftwerks noch weiter zu fahren. Ausgehend von geplanten 60 Jahren Betrieb sind nun 64 Jahre möglich.
Dann ist aber 2033 endgültig Schluss?
Dann ist Schluss.
Er war einer der komplexesten Entscheide, den ich je zu fällen hatte.
Wäre ein Weiterbetrieb darüber hinaus technisch möglich oder zu teuer gewesen?
Diese Frage kann nicht auf einzelne Aspekte isoliert werden, also nur die Technik oder die Wirtschaftlichkeit anschauen. Es ist eine überaus komplexe Gemengelage all dieser Dimensionen. Er war einer der komplexesten Entscheide, den ich je zu fällen beziehungsweise beim Verwaltungsrat zu beantragen hatte.
Es hat definitiv mit dem Alter der Anlage zu tun. Aber das Atomkraftwerk ist und bleibt sicher bis 2033.
Aber hat letztlich schon das Alter der Anlagen dazu geführt, dass man nur noch begrenzt investieren kann?
Natürlich. Seit der Inbetriebnahme wurden zweieinhalb Milliarden Franken investiert. Nun kommen noch 350 Millionen Franken dazu. Für gewisse Komponenten gibt es heute keine Lieferanten mehr. Und es gibt eine Komponente, die bei keinem Atomkraftwerk ersetzt werden kann: der Reaktordruckbehälter. Es gibt also eine Komponente, die irgendeinmal nicht mehr mit den nötigen Sicherheitsreserven betrieben werden kann. Es hat definitiv mit dem Alter der Anlage zu tun. Aber das Atomkraftwerk ist und bleibt sicher bis 2033.
Kritische Stimmen werden vorwerfen, Sie hätten das AKW noch länger weiterbetreiben müssen wegen möglicher Stromknappheit. Was antworten Sie?
Es wird auch Kritikerinnen und Kritiker geben, die die jetzigen 64 Jahre für 13 Jahre zu viel halten und das Werk aus Sicherheitsbedenken schon morgen abstellten möchten. Aber ich glaube, dass es unsere Experten und Mitarbeitenden in der Atomenergieeinfach am besten wissen. Dies zusammen mit den Experten beim Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi als Regulator, der letztlich entscheidet. Wir haben alles getan, was wir können, um unseren Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Wir fühlen uns mit dem Entscheid wohl: Aber ja: Es fehlen dann drei Terawattstunden Winterstrom pro Jahr. Zum Glück gibt es technische Alternativen für einen Ersatz, nur müssen wir dazu auch bauen können.
Ökonomisch bleibt es für ein Unternehmen ein Ding der Unmöglichkeit, das finanzielle Risiko für ein neues Atomkraftwerk auf sich zu nehmen.
Inwiefern könnte ein neues Atomkraftwerk an die Stelle von Beznau treten?
Technisch ist das natürlich möglich. Voraussetzung wäre aber, dass die Bevölkerung das will. Ein Atomkraftwerk ist aus unserer Optik nicht denkbar, wenn beispielsweise 50.1 Prozent der Bevölkerung den Gegenvorschlag zur «Blackout»-Initiative annehmen würden. Dazu bräuchte es einen grösseren gesellschaftlichen Konsens wie beispielsweise in Finnland oder Schweden. Dazu bräuchte es auch eine sehr umfassende Planung. Vor Ende der 2040er-Jahre erscheint uns das aufgrund der bestehenden politischen Prozesse sehr schwierig. Ökonomisch bleibt es für ein Unternehmen ein Ding der Unmöglichkeit, das finanzielle Risiko für ein neues Atomkraftwerk auf sich zu nehmen.
Das Gespräch führte Matthias Heim.