Nach einer mehrtägigen Soloreise ist auch eine Teilnahme von Noch-First-Lady Jill Biden geplant. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist eingeladen. Macron will vor den Feierlichkeiten Trump und Selenskyj empfangen. Unklar ist, ob es ein Dreiertreffen geben wird.
Aus Österreich reist Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) an. Papst Franziskus schlug die Einladung aus. Er wird nur wenige Tage später nach Korsika reisen. Mit etwa 40.000 Menschen wird zusätzlich am Seine-Ufer im Public-Viewing-Bereich gerechnet. Das Sicherheitsaufgebot ist enorm – ähnlich den Maßnahmen für die Eröffnungsfeier bei den Olympischen Spielen in Paris.
IMAGO/Christophe Petit-Tesson
Unwetterwarnung bringt Pläne durcheinander
Rund 6.000 Sicherheitskräfte sollen im Einsatz sein, hieß es von der Präfektur, darunter auch Scharfschützen auf den Dächern. Die Feierlichkeiten dauern das ganze Wochenende mit mehreren Etappen. Der Auftakt erfolgt am Samstag. Die ursprünglich auf dem Vorplatz der Kathedrale geplante Ansprache Macrons wird aufgrund von Unwetterwarnungen komplett ins Innere verlegt.
Nach dem Gottesdienst sollten Künstler und Künstlerinnen wie der chinesische Pianist Lang Lang, die in Benin geborene Sängerin Angelique Kidjo und die Opernsängerinnen Pretty Yende sowie Julie Fuchs auftreten. Aufgrund der Umplanungen wegen des Unwetters wurden ihre Auftritte am Freitag live vor der Kathedrale aufgenommen. Die Aufnahme soll während der Veranstaltung am Abend gezeigt werden. Die Messe am Sonntag wird mit 170 Bischöfen aus ganz Frankreich und Priestern aus allen Pariser Pfarreien gefeiert.
Erste Einblicke in renovierten Innenraum
Brandursache nicht geklärt
Bei dem Brand am 15. April 2019 wurden der gesamte Dachstuhl, der Spitzturm und ein Teil des oberen Gewölbes zerstört. Die Hauptstruktur und die beiden Glockentürme sowie zahlreiche Kunstwerke und die berühmten Rosettenfenster konnten gerettet werden. Die ersten zwei Jahre nach dem Brand wurde die Kathedrale vor allem abgesichert und aufwendig von giftigem Bleistaub gesäubert.
Erst 2021 wurde mit der Rekonstruktion der zerstörten Teile der Kathedrale begonnen. Für den Wiederaufbau des Dachstuhls, des Chorraums und des Spitzturms waren die Stämme von über 2.000 Eichenbäumen im Alter zwischen 100 und 200 Jahren notwendig. Für einen verbesserten Brandschutz wurde ein Nebelsystem installiert, das bei Brandgefahr Millionen Mikrotröpfchen Wasser freisetzen soll.
Bis heute ist die Brandursache nicht geklärt. Ermittler halten eine Missachtung des Rauchverbots während Renovierungsarbeiten oder einen Kurzschluss in Verbindung mit mangelndem Brandschutz für möglich. Die im Juni 2019 begonnenen Untersuchungen sind nach wie vor nicht abgeschlossen. Niemand habe heute Interesse daran, die wahre Ursache zu finden, zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) den Kunstjournalisten Didier Rykner.
TV-Hinweis
Der ORF berichtet am Sonntag ab 9.05 Uhr in ORF2 und ORF ON mit der ORF-Matinee „Notre-Dame Reborn“, der Sendung „Orientierung Spezial“ und der Liveübertragung des ersten Gottesdienstes von der Eröffnung – mehr dazu in tv.ORF.at.
„Schöner als vorher“
Umso größer war das Interesse an der Beseitigung der Schäden. 846 Mio. Euro wurden nach dem Brand von etwa 350.000 Spenderinnen und Spendern aus 150 Ländern gesammelt. Darunter waren auch Großspender wie der Chef des Luxuskonzerns LVMH, Bernard Arnault, mit 200 Mio. Euro und der Chef von Total, Patrick Pouvanne, mit 100 Mio. Euro. Von der Gesamtsumme sind sogar noch 143 Mio. Euro übrig geblieben, die nun für ohnehin schon vorher notwendig gewordene Renovierungsarbeiten etwa an den Strebepfeilern der Apsis verwendet werden sollen.
„Schöner als vorher“ sollte die Kathedrale aufgebaut werden und das innerhalb von fünf Jahren, verkündete Macron bereits am Tag nach dem verheerenden Brand vom 15. April 2019 den knapp bemessenen Zeitraum. Das wurde nicht nur aufgrund des politischen Willens ermöglicht.
Kritik an Zeitdruck
„Wenn man Geld ohne Ende hat und der Präsident dafür manche Regeln außer Kraft setzt, ist es auch leichter zu schaffen“, sagte die ehemalige Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner gegenüber der AFP. Beim Bau setzte man sich mit Sondergesetzen über zahlreiche bestehende Regeln hinweg, berichtete auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“).
Kritik gab es von mehreren Seiten auch an der Geschwindigkeit der Restaurierung. Zum einen seien keine umfassenden archäologischen Grabungen durchgeführt worden, hieß es in der „FAZ“. Gesucht wurde nur in einem Bereich von 20 Quadratmetern. Dabei wurde etwa ein Sarkophag aus dem 14. Jahrhundert gefunden. Auch die Dombau-Expertin Schock-Werner kritisierte im Interview mit der Deutschen Welle (DW) den Zeitdruck. Eigentlich sei das Gebäude noch zu feucht. Auch das frische Eichenholz hätte mehr Zeit zum Trocknen gebraucht.
Streit über moderne Kirchenfenster
Gerne hätte sich Macron mit einer architektonisch modernen Variante ein Denkmal gesetzt, etwa in Form eines von einem zeitgenössischen Architekten gestalteten Spitzturms. Doch die Charta von Venedig legt fest, dass zerstörte Denkmäler originalgetreu wieder aufgebaut und restauriert werden müssen. Einzig bei einigen Kirchenfenstern setzte sich Macron gegen Widerstand durch. In sechs Kapellen sollen voraussichtlich zeitgenössische Fenster eingesetzt werden.
Als oberster Bauherr der Renovierungsarbeiten ließ es sich Macron auch nicht nehmen, schon rund eine Woche vor der offiziellen Eröffnung das Innere der Kathedrale der Weltöffentlichkeit zu präsentieren – begleitet von einer Liveübertragung und Hunderten Handwerkern und Handwerkerinnen sowie Mäzenen.
Eintritt bleibt kostenlos
Ab kommender Woche wird die Kirche für Publikum geöffnet sein. Bis zu 15 Millionen Besucher und Besucherinnen werden künftig pro Jahr in der Kathedrale erwartet. Der Eintritt wird auch nach der Wiedereröffnung kostenlos bleiben. Die französische Kulturministerin Rachida Dati hatte vorgeschlagen, Eintrittsgeld einzuheben, um damit andere religiöse Bauwerke zu renovieren. In Frankreich ist der Staat trotz einer strengen Trennung von der Kirche als Eigentümer aller vor 1905 erbauten Kirchen und Klöster für deren Erhalt zuständig. Erzbischof Laurent Ulrich wehrte sich aber gegen Eintrittsgelder. Er wolle „alle mit offenen Armen“ empfangen.