Die Währungshüter senken den Leitzins heute überraschend um 0.5 Prozentpunkte und eilen damit in Richtung Nullzins.
Autor:
Stefan Frühauf
12.12.2024, 16:14
Der Entscheid:
Die vierte Zinssenkung in diesem Jahr hat in ihrer Deutlichkeit überrascht. Die SNB hat zwar schon früh verlauten lassen, dass die Inflation stark zurückgehen werde und im Frühjahr vor den anderen Notenbanken den Leitzins gesenkt. Dass die Teuerung aber so rasch abnimmt, kam auch für die SNB unerwartet. Das zeigt sich daran, dass sie zuletzt die Inflationsprognose laufend nach unten korrigieren musste. Mit dem Entscheid heute geht der neue Nationalbank-Präsident Martin Schlegel in die Offensive: Der energische Zinsschritt soll die Wirtschaft ankurbeln und eine Rückkehr in den Bereich der Negativ-Inflation verhindern. Auch könnte er ein Signal sein, dass die SNB keine weitere Aufwertung des Schweizer Frankens toleriert.
Das Schreckgespenst Negativzinsen:
Negative Inflation oder Deflation könnte auch die gefürchteten Negativzinsen zurückbringen. Solche hat die Schweiz im Herbst 2022 hinter sich gelassen – nach über 8 Jahren mit negativen Zinsen. Dahin zurück will niemand mehr, auch nicht der Nationalbank-Präsident, wie er jüngst sagte. Gleichzeitig, so sagte er, würden Negativzinsen weiterhin zum Werkzeugkasten der SNB gehören. Der deutliche Zinsschritt heute
soll die Gefahr mindern, dass nicht erneut zu diesem Mittel gegriffen werden muss. Er mindert aber auch den Spielraum der Währungshüter für künftige Schritte.
Ein Weihnachtsgeschenk für Eigentümer und Mieter:
«Good News» ist der heutige SNB-Entscheid für Eigenheimbesitzer und für alle, die es werden möchten: Die starke Leitzinssenkung macht insbesondere die variablen Saron-Hypotheken günstiger. Bei den trägeren Festhypotheken dürfte der Effekt deutlich geringer ausfallen, denn bei ihnen sind Zinssenkungen bereits eingepreist. Auch die Mieter könnten profitieren: Nach dem der für die Miethöhe relevante Referenzzinssatz im Dezember noch knapp beibehalten wurde, wird dieser im März nun mit grösserer Wahrscheinlichkeit sinken – und damit auch wieder die Mieten. Die privaten Haushalte müssen sich hingegen auf noch tiefere Sparzinsen einstellen.
Etwas Luft für die Exportwirtschaft:
Sinkende Leitzinsen schwächen auch den Schweizer Franken gegenüber ausländischen Währungen. Das nimmt Druck von den Schweizer Exportfirmen, da ihre Produktpreise wieder wettbewerbsfähiger werden. Der starke Franken hat den Unternehmen zuletzt zugesetzt, bei vielen KMU sei eine Schmerzgrenze erreicht, schreibt etwa der Verband Swiss Mechanic heute. Entgegen kommt der Exportwirtschaft, dass die Europäische Zentralbank heute den Leitzins weniger stark senkt als die SNB. Ihr Zinsschritt beträgt lediglich 0.25 Prozentpunkte. Die Zinsdifferenz nimmt also zu. Das macht den Franken aus Zins-Sicht unattraktiver und wertet ihn im Vergleich zum Euro ab.
Das aktuelle Jahr startete die Schweiz mit einem Leitzins von 1.75 Prozent. Nach dem heutigen Riesen-Schritt liegt dieser noch bei 0.5 Prozent. Und es dürfte noch nicht vorbei sein: Märkte und Ökonomen rechnen damit, dass die Nationalbank die Zinsen weiter senkt – auf null Prozent bis spätestens Ende 2025.
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