Keine Garantie für Kratzer und Dellen – Kassenrutsch Espresso

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Jürg Kesseli sieht schwarze Dinge – zumindest wenn er auf sein Smartphone blickt: Das Display ist defekt. Sein Samsung Z Fold 4, ein High-End-Falthandy für stattliche 2000 Franken, zeigte schon nach kurzer Zeit Probleme. Erstens versagen die WLAN- und Bluetooth-Funktionen. Später lässt es sich nicht mehr vollständig öffnen. Und dann erscheint der große Bildschirm: „Wenn ich das Handy einschalte, wird es immer schwarz“, erklärt Jürg Kesseli.

Da die Garantiezeit noch läuft, schickt er es an Samsung. Das Reparaturzentrum weigert sich jedoch, das Gerät im Rahmen der Garantie zu reparieren. An dem Gerät seien „Spuren äußerer Einflüsse“ entdeckt worden. Eine Reparatur kostet 814 Franken.

Legende:

Mit der Berufung auf „äußere Einflüsse“ versucht Samsung, die Verantwortung für den Defekt abzustreiten.

SRF

Kaum zu glauben: Der Partner von Jürg Kesseli hat genau die gleiche Erfahrung. Selbst Ihr Z Fold 4 lässt sich nach einiger Zeit nicht mehr vollständig öffnen. Und auch Samsung lehnt die Garantie mit der Begründung „Spuren äußerer Einflüsse“ ab. „Kassenrutsch“ hat ihr Handy gesehen, es sieht absolut neu aus. Und es melden immer mehr Menschen, deren faltbare Handys defekt sind und Samsung die Garantie verweigert. Der angebliche Zusammenhang zwischen Kratzer und Defekt ist für Betroffene unverständlich.

Optischer Trick? Stark vergrößerte Fotos von Kratzern als Beweis

Samsung schickte Jürg Kesseli stark vergrößerte Fotos, auf denen Kratzer und Dellen als Beweis für die „äußere Einwirkung“ zu sehen waren. „Ohne Lupe kann man sie kaum mit den Augen sehen“, sagt Kesseli.

Samsung findet Spuren von „externer Einflussnahme“

Er beschwerte sich mehrmals beim Kundendienst. Doch Samsung bleibt hart: Die Garantie gilt nur, wenn ein Gerät ohne „äußere Einflüsse“ repariert wird. Und weiter: „Dies gilt unabhängig davon, ob der gerügte Fehler durch diesen äußeren Einfluss verursacht wurde oder nicht.“ Nicht nur Jürg Kesseli schüttelt den Kopf: „Das ist eine systematische Ablehnung der Garantie.“ Das ist nicht fair.“

Auch Frédéric Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Universität Bern, versteht die Argumentation nicht. „Wenn der Produktfehler nichts mit dem Kratzer oder der Delle zu tun hat, muss die Garantie greifen“, erklärt er. Samsung müsste nachweisen, dass der Defekt durch äußere Einflüsse verursacht wurde. Andernfalls ist eine Ablehnung der Gewährleistung nicht gerechtfertigt.

Verbraucherschutz: Abgelehnte Garantien sind ein großes Thema

Sara Stalder, Geschäftsführerin Verbraucherschutz, sieht das Problem nicht nur bei Samsung, sondern bei fast allen Smartphone-Herstellern. „Den Kunden wird gesagt, dass ein Fremdeinfluss vorliegt, dass sie für den Defekt verantwortlich sind, dass sie das Gerät falsch verwendet haben.“ Damit der Fehler beim Kunden passierte und kein Produktionsfehler war.

In der EU gibt es jedoch seit einiger Zeit eine Beweislastumkehr: Dort müssen Hersteller nachweisen, dass ein Mangel vom Anwender verursacht wurde und nicht umgekehrt. Dies ist in der Schweiz nicht der Fall. „Verbraucher müssen beweisen, dass es sich um einen Produktionsfehler handelt – ein Ding der Unmöglichkeit“, sagt Verbraucherschützerin Sara Stalder. Wer sich dagegen wehren möchte, dem bleibt nur der teure juristische Weg. „Aber die Hersteller wissen natürlich, dass in solchen Fällen kaum jemand vor Gericht geht“, sagt Professor Frédéric Krauskopf.

Nach dem Eingreifen von „Kassenrutsch“ kommt Bewegung: Samsung repariert nun das Handy von Jürg Kesseli im Rahmen der Garantie.

Aussage von Samsung


Öffne die Kiste
Box zuklappen

„Kassen Rush“ konfrontierte Samsung mit verschiedenen Fällen abgelehnter Garantien aufgrund „externer Spuren“ und stellte konkrete Fragen:

  • Wurden die betroffenen Geräte geöffnet und genauer untersucht?
  • Kann Samsung konkret nachweisen, dass der jeweilige Mangel mit den Kratzern und Dellen zusammenhängt?
  • Warum lehnt Samsung eine Garantie automatisch ab, auch wenn kein Zusammenhang zwischen dem Defekt und Kratzern oder Dellen besteht?

Samsung hat die Fragen nicht beantwortet und möchte sich auch nicht zur Kamera äußern. In einer schriftlichen Stellungnahme betonte das Unternehmen, dass die Geräte der Galaxy-Z-Serie strengen Tests unterzogen wurden. Und weiter:

„Kundenzufriedenheit hat für Samsung oberste Priorität und wir legen großen Wert auf das Feedback unserer Kunden zu ihren Erfahrungen.“ Jeder Fall, der uns zur Kenntnis gebracht wird, wird individuell geprüft, um zu versuchen, jedes Kundenproblem oder jede Kundenbeschwerde zu lösen. Unser Kundenservice ist über die gemeldeten Fälle informiert und steht im direkten Kontakt mit dem Kunden oder über den autorisierten Servicepartner. In jedem Einzelfall wird eine sorgfältige technische Untersuchung durchgeführt, um die Ursachen für jeden gemeldeten Schaden zu ermitteln.“

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