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Georg Fischer fokussiert – Analyse zur Neuausrichtung

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DieseAnalyse zur Neuausrichtung

Georg Fischer fokussiert

Die Industriegruppe will sich auf Rohrleitungssysteme konzentrieren und die übrigen Aktivitäten abstossen.

Publiziert heute um 15:06 Uhr

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Also doch. «Die langjährigen Wünsche der Investoren nach einer klaren Fokussierung werden nun erfüllt», bringt es Walter Bamert, Analyst der Zürcher Kantonalbank, auf den Punkt. Die Industriegruppe Georg Fischer richtet sich neu aus. Künftig will sie sich ausschliesslich auf das Geschäft mit Rohrleitungssystemen konzentrieren, auf die Divisionen GF Piping Systems und GF Building Flow Solutions.

Die am Mittwoch publizierte Meldung hat die Investorengemeinde jubeln und den Aktienkurs bis am Nachmittag 15% in die Höhe schiessen lassen.

Die zwei anderen Divisionen, GF Machining Solutions und GF Casting Solutions, sollen aus dem Konzernverbund ausscheiden. Für Erstere hat die Industriegruppe bereits eine Vereinbarung getroffen: Der Anbieter von Maschinen zur Herstellung von Präzisionsteilen und Werkzeugen sowie für den Formenbau wird von der United Grinding Group übernommen. Der Wert der Transaktion wird mit 630 bis 650 Mio. Fr. angegeben. Der genaue Betrag hänge vom Ebitda des kommenden Jahres ab. Analysten bezeichnen ihn als angemessen.

«Hochwertige Transaktion»

Die United Grinding Group ist ein in der Schweiz ansässiger globaler Marktführer für Schleiftechnologie, dessen Mehrheitsaktionär die Beteiligungsgesellschaft Patinex von Martin und Rosmarie Ebner ist. Am Webcast zur Vereinbarung und zur Neuausrichtung sprach CEO Andreas Müller von einer «high-quality transaction». Der Abschluss wird im ersten oder zweiten Quartal des nächsten Jahres erwartet.

Gemäss Informationen, die FuW vorliegen, hat die Investmentbank Lazard die Schaffhauser Industriegruppe beraten. Deren Finanzchef Mads Joergensen erwartet aus der Devestition einen einmaligen Buchgewinn von 150 bis 200 Mio. Fr.

Für GF Casting Solutions werden strategische Optionen geprüft. Bis es so weit ist – angestrebt ist auch da ein Abschluss im kommenden Jahr –, wird die auf Leichtmetallguss und additive Fertigung (3-D-Druck) spezialisierte Division mit Kunden aus dem Automobil- und dem Luftfahrtsektor als nicht fortgeführtes Geschäft bilanziert.

Andreas Müller schätzt die Chancen auf einen «qualitativ guten Abschluss» gegenüber FuW als intakt ein. GF Casting Solutions sei als führender Player anerkannt, sei regional gut positioniert, habe ein breites Kunden- und ein attraktives Produktportfolio. Eine Veräusserung zu einem Ausverkaufspreis werde es nicht geben.

Uponor wirkt als Katalysator

Gemäss dem CEO ist eine Fokussierung auf die Rohrleitungsaktivitäten erst durch die Übernahme von Uponor im vergangenen Jahr überhaupt möglich geworden. Diese sei der «Katalysator für die strategische Neuausrichtung» gewesen. Druck von aussen wegen der momentan noch strapazierten Bilanz – der Uponor-Deal wurde fremdfinanziert – habe es in keiner Weise gegeben, ergänzt CFO Joergensen.

Die Konzentration auf Lösungen für den sicheren Transport von Wasser, anderen Flüssigkeiten und Gasen wird das Gesicht von Georg Fischer stark verändern und auch ein Stück Tradition abschneiden – GF war 1802 als Kupferschmelzerei und Entwicklungsstätte für neue Legierungen, also als Giessereibetrieb, gegründet worden.

Vor allem aber wird sie GF zu einem robusteren, wachstumskräftigeren und profitableren Unternehmen machen, das in Relation zu Umsatz und Ergebnis auch mehr freien Cashflow generieren wird. Die ertragsschwächeren und zyklischeren Divisionen GF Machining Solutions und GF Casting Solutions haben die Entwicklung in der Vergangenheit meist gebremst.

In der künftigen Aufstellung bietet GF Piping Systems Lösungen für Industrie und Infrastruktur an, während sich GF Building Flow Solutions, die überwiegend aus den Aktivitäten der übernommenen Uponor besteht, auf solche für das Baugewerbe fokussiert. Dabei ergeben sich gemäss dem Management viele Chancen.

Im Zuge des Klimawandels wird die Erneuerung alter, durch hohe Wasserverluste geprägter Infrastruktur immer dringlicher. Die fortschreitende Verstädterung verlangt eine verlässliche und effiziente Wasser- und Energieverteilung. Die geforderte Verbesserung der Gebäudeeffizienz bedingt bessere Heiz- und Kühllösungen. Auch die rasche Entwicklung wichtiger Industrien erhöht den Wasserverbrauch und erfordert innovative Lösungen für das Flüssigkeitsmanagement. Die Kühlung von Datenzentren ist ein Beispiel.

Marktführerschaft als Ziel

Vor diesem Hintergrund strebt Georg Fischer die Marktführerschaft im weltweiten Flüssigkeitshandling an. Bis 2030 sollen rund 5 Mrd. Fr. umgesetzt werden. Auf dem Weg dahin will die Gruppe auch weiter akquirieren, wobei die ursprüngliche Stossrichtung von Grössenordnungen zwischen 50 und 200 Mio. Fr. beibehalten werden soll.

Infrage kommen dabei gemäss dem CEO sowohl regional begründete Zukäufe als auch solche in angrenzenden Gebieten. Als Beispiel verweist er in dem Zusammenhang auf spezialisierte Anwendungen im Technologiesegment (Datenzentren, Halbleiterproduktion etc.).

Die Finanzierung sei dabei kein Problem, betont er. Zum einen, weil die gemeldete Devestition von Machining Solutions und der geplante Verkauf von Casting Solutions die Bilanz entlasten werden, zum anderen, weil das Geschäft mit Rohrleitungssystemen höhere Ergebnisse und damit mehr freien Cashflow abwirft.

Der fragliche Markt ist stark zerstückelt; er umfasst viele kleine, erfolgreiche Unternehmen. Deshalb seien Akquisitionen nicht einfach, räumt der CEO ein. «Als fokussierter Konzern gewinnen wir als Käufer aber an Attraktivität, etwa für Nachfolgelösungen», sagt er weiter.

Was die mit Krediten von insgesamt 1,6 Mrd. Fr. für die Uponor-Übernahme belastete Bilanz betrifft: Sie wird durch den Verkauf von GF Machining Solutions an United Grinding Group nicht nur entlastet, die Schulden werden auch umstrukturiert. Geplant ist die Ausgabe von zwei Anleihen über je 400 bis 500 Mio. Fr. (2024 und 2025). Alles in allem soll die Zinsbelastung gemäss CFO Joergensen dadurch um 20 bis 25 Mio. Fr. sinken.

Ausblick für 2024 gesenkt

Die Neuausrichtung des Konzerns wird eine Höherbewertung nach sich ziehen. Eine solche braucht Zeit. Mit dem jüngsten Kurssprung ist es in der Meinung von FuW noch nicht getan. Sie entspricht eher einem Ausgleich der Unterbewertung auf Basis der bisherigen Struktur. Die Aktien gelten deshalb weiterhin als kaufenswert, verlangen angesichts der vielfältigen Herausforderung aber Geduld.

GF ist derzeit einigem Gegenwind ausgesetzt: in der (europäischen) Bauwirtschaft, in der (europäischen) Automobilwirtschaft und auch wegen der allgemeinen Investitionszurückhaltung. Von diesem schwierigen Marktumfeld sind alle Divisionen mehr oder weniger betroffen.

Als Folge davon hat das Management den Ausblick für 2024 gesenkt: Mit einer organischen Umsatzentwicklung auf Vorjahresniveau wird eine adjustierte Ebit-Marge von rund 9% statt wie bisher von 10 bis 12% erwartet. Auch das ist immer noch ansehnlich.

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Christian Braun ist Redaktor im Ressort Unternehmen und beschäftigt sich dort vor allem mit Gesellschaften und Branchen des Industriesektors.Mehr Infos

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