«Nationalbank kratzt an der Schwelle zum Nullzins»: So wird das Jahr 2025 – ein Trend überrascht alle
Der Rückgang der Inflation bewegt Mieten, Löhne und Zinsen. Vor allem eine Art von Hypotheken wird günstiger.
Es ist vielleicht der wichtigste wirtschaftliche Trend des Jahres 2024: Die zuvor überraschend hohe Inflation ist wieder überraschend schnell zurückgegangen. Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Sommer 2022 lag sie noch bei über 3 Prozent. Wie die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) in ihrer Prognose schreibt, ist davon nicht mehr viel übrig – und das wird das Jahr 2025 prägen.
Inflation wieder unter Kontrolle
Aber von vorne. Die Inflation wird sich laut KOF im Jahr 2024 nur noch auf 1,1 Prozent belaufen und 2025 auf noch 0,5 Prozent. Beim Bund rechnet das Staatssekretariat für Wirtschaft für 2025 noch mit einer jahresdurchschnittlichen Inflation von 0,3 Prozent – und damit mit noch nicht einmal halb so viel wie im Sommer (0,7 Prozent). Für 2026 sei wieder mit 0,7 Prozent zu rechnen, aber nicht wegen einer wieder anziehenden Inflation, sondern statistischer Effekte.
Es gibt Hinweise, dass es in den kommenden Monaten so gut wie gar keine Inflation gibt. Die KOF ergänzt, ihre Umfragen würden zeigen, dass in vielen Branchen die meisten Unternehmen in den nächsten drei Monaten gar keine Preiserhöhungen planen. Und laut Bundesamt für Statistik ist der Landesindex der Konsumentenpreise während der letzten 6 Monate gar nicht mehr gestiegen – zumindest im Durchschnitt blieb also alles gleich teuer.
Zinsen fallen und fallen
Dieser rasche Sieg über die Inflation hat nun weitreichende Folgen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) konnte noch 2024 eine schnelle Zinswende nach unten zu vollziehen. Der vorläufige letzte Schritt war, dass sie sich im Dezember zu einer Leitzinssenkung um einen halben Prozentpunkt entschloss. 2025 dürfte es weiter nach unten gehen.
In der KOF-Prognose heisst es, man gehe davon aus, dass die Nationalbank ihre Geldpolitik weiter lockern und den Leitzins im März 2025 erneut um einen Viertelprozentpunkt senken werde. Dann wäre sie bei einem Leitzins von 0,25 Prozent angekommen, weshalb die KOF schreibt: «Die Nationalbank kratzt an der Nullzinsschwelle.»
Einige Hypotheken werden günstiger
Die Inflation ist also stark gesunken und wird wohl weiter sinken. Das Gleiche gilt für den SNB-Leitzins – und dies zieht nun eine lange Kette von Konsequenzen hinter sich her.
Die Hypothekarzinsen würden sich auf einem tieferen Niveau einpendeln, so die KOF. Die Grossbank UBS hat dazu eine detaillierte Prognose veröffentlicht. Demnach koste ein Grossteil der neu abgeschlossenen Geldmarkthypotheken aktuell zwischen 1,1 und 1,6 Prozent. In einem Jahr würden es noch zwischen 0,8 und 1,3 Prozent sein.
Bei den Zehnjahres-Festhypotheken sind die Zinsen innerhalb eines Jahres schon um 0,8 Prozentpunkte gefallen. Doch nun tut sich laut UBS nicht mehr viel. Die Mehrheit dieser Hypotheken habe aktuell noch einen Zins zwischen 1,1 und 1,6 Prozent – und werde es auch in einem Jahr noch haben.
Mieten geraten unter Druck
Die tieferen Leitzinsen haben bereits dazu geführt, dass der durchschnittliche Zins auf alle ausstehenden Hypotheken bereits deutlich gesunken ist. Dennoch hat es im Dezember nicht ganz gereicht, um auch den darauf aufbauenden hypothekarische Referenzzinssatz zu senken. Aber im März 2025 werde es so weit sein, schreibt die KOF. Der Referenzzinssatz werde erstmals wieder sinken und viele Mietende hätten dann Anspruch auf eine Senkung. Auch das Seco rechnet für 2025 mit einem sinkenden Referenzzinssatz.
Die Raiffeisenbank sagt gar, das durchschnittliche Zinsniveau aller laufenden Hypotheken könne 2025 so weit sinken, dass der Referenzzinssatz nächstes Jahr zwei Mal gesenkt wird. Damit dies tatsächlich geschieht, müsste die SNB nicht nur an der Nulllinie kratzen, sondern darauf landen. Laut Raiffeisen wird es so kommen: Die SNB werde nach dem März noch eine zweite Senkung vornehmen und 2025 einen Leitzins von 0 Prozent haben.
Löhne: Doppelte Überraschung für die Sozialpartner
Die Inflation hat in den letzten Jahren auch die Sozialpartner zwei Mal überrascht. In den Jahren 2022 und 2023 stiegen die Konsumentenpreise viel schneller als es Arbeitgeber und Gewerkschaften in den damaligen Lohnverhandlungen erwartet hatten. So stiegen die nominalen Löhne weniger stark als Preise – und die realen Löhne fielen in beiden Jahren, wie die KOF schreibt. Die Menschen konnten sich also mit dem Lohn weniger Waren und Dienstleistungen kaufen als zuvor.
Nun läuft quasi das umgekehrte Spiel: Die Sozialpartner sind vom raschen Rückgang der Inflation überrascht worden. In den Lohnverhandlungen gingen sie von einer zu hohen Inflation aus. Die realen Löhne werden deshalb 2024 um etwas mehr als 1 Prozent steigen und 2025 um deutlich mehr als 1 Prozent. Den Arbeitnehmenden hilft es auch, dass sie in den kommenden Jahren knapp sind auf dem Arbeitsmarkt. Die demografische Alterung hat eine Wende herbeigeführt: Neu gehen jedes Jahr mehr Arbeitnehmende in Rente, als dass neue hinzukommen.
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