Bundeshaushalt –
Die Schweiz plant mehr Geld für die Armee und weniger für die Armen
Der Finanzausschuss des Nationalrates will die für die internationale Zusammenarbeit vorgesehenen Mittel kürzen. Ehemalige Schwergewichte aus dem bürgerlichen Lager warnen.
Heute um 17:02 Uhr veröffentlicht.
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- Die Finanzkommission des Nationalrates will die Ausgaben für die Armee erhöhen.
- Auch die Landwirtschaft muss mehr Geld bekommen.
- Die Entwicklungshilfe muss um 250 Millionen Franken gekürzt werden.
- Ehemalige Parlamentarier warnen vor negativen Folgen für den Ruf der Schweiz.
Der fiskalpolitische Showdown wird im Dezember stattfinden. Das Parlament wird über den Bundeshaushalt für das kommende Jahr entscheiden. Die Finanzkommission des Nationalrates stellte ihre Vorschläge vor. Kommissionspräsidentin Sarah Wyss (PS) sagte gegenüber den Medien, dass Prioritäten gesetzt werden müssten. Für die Mehrheit sollten die Landesverteidigung und die Landwirtschaft im Vordergrund stehen.
Die Finanzkommission will im nächsten Jahr 530 Millionen Franken mehr für die Verteidigung ausgeben als der Bundesrat. Sie hält außerdem an ihrem Ziel fest, die Militärausgaben bis 2030 statt bis 2035 auf 1 % des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Dafür werden in den nächsten vier Jahren zusätzliche 4 Milliarden US-Dollar benötigt.
Allerdings verteilte die Kommission einen Teil der ursprünglich für 2025 geplanten Mehrausgaben von 660 Millionen Franken auf die Folgejahre, da sie sonst die Regeln der Schuldenbremse nicht hätte einhalten können. Sie hätte die Wachstumskurve angepasst, betonte Sarah Wyss zu diesem Thema. Höhere Einnahmen für die Armee, beispielsweise eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, stehen kurzfristig nicht auf der Agenda. Dies würde eine Volksabstimmung erfordern.
Zudem will das Komitee die Ausgaben für die Landwirtschaft um 46 Millionen Franken erhöhen. Der Großteil ist für Direktzahlungen vorgesehen. Laut dem Basler Nationalrat argumentierten Befürworter, dass diese Ausgaben im Gegensatz zu anderen in den letzten Jahren nicht gestiegen seien.
Ignazio Cassis wehrt sich vergeblich
Die Kommission will vor allem Einsparungen bei der Entwicklungshilfe erzielen. Sie will es um 250 Millionen Franken reduzieren. Darüber hinaus will sie die Ausgaben für Bundespersonal um 70 Millionen und jene für externe Dienste um 35 Millionen senken. Die Folgen für Bundesbedienstete sind noch nicht bekannt. Die Umsetzung obliegt dem Bundesrat. Weitere Kürzungen betreffen den Bereich Asyl. In diesem Bereich sind Einsparungen von über 100 Millionen Franken geplant. Aufgrund des Rückgangs der Zahl der Asylsuchenden hat der Bund jedoch kürzlich beschlossen, vorübergehende Asylzentren zu schliessen. Für Sarah Wyss würde das bereits eine Menge Geld sparen.
Bei den Ausgaben für die internationale Zusammenarbeit sendet das Parlament widersprüchliche Signale. Als im Herbst die Massnahmen und Mittel für die nächsten vier Jahre besprochen wurden, entschied sich der Ständerat gegen eine Kürzung. Der Nationalrat hat noch keinen Beschluss gefasst. Die Kommission befürwortet jedoch eine Kürzung um eine Milliarde, also 250 Millionen Franken pro Jahr.
Der Bundesrat beantragt dem Parlament für die nächsten vier Jahre Kredite im Umfang von 11,3 Milliarden Franken. Dies ist sicherlich ungefähr der gleiche Betrag wie für die aktuelle Periode. Aber für die Ukraine sind jetzt 1,5 Milliarden geplant. Die Länder des Südens hätten daher schon jetzt weniger Geld als zuvor, sagen Gegner von Haushaltskürzungen.
Auch Außenminister Ignazio Cassis (PLR) wehrt sich. Kürzungen von 250 Millionen Franken pro Jahr seien mit der aktuellen Strategie nicht vereinbar, sagte er den Ausschussmitgliedern. Die gesamte Entwicklungshilfe sollte neu organisiert werden. Doch die Vertreter der bürgerlichen Parteien, darunter auch des Zentrums, ließen sich nicht beirren. Auch PLR-Parlamentarier stellten sich gegen den Bundesrat.
Aufruf ehemaliger Schwergewichte
Auf der anderen Seite engagieren sich ehemalige bürgerliche Parlamentarier für die Entwicklungshilfe. „Wir sind sehr besorgt“, schrieben sie in einem Brief an ihre Amtskollegen. Der Brief, von dem wir eine Kopie erhalten haben, trägt die Unterschriften ehemaliger einflussreicher politischer Persönlichkeiten des Zentrums wie Urs Schwaller, Peter Bieri, Eugen David und Rosmarie Quadranti. Auch die ehemaligen PLR-Nationalberater Felix Gutzwiller und Claude Ruey unterzeichneten. In die Liste aufgenommen wurden Vertreter aus wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und religiösen Kreisen.
Kürzungen dieser Größenordnung würden das Ende erfolgreicher Projekte und die Schließung von Auslandsvertretungen in der Schweiz zur Folge haben, befürchten sie. Dies würde bedeuten, „mehr Menschen könnten an behandelbaren Krankheiten leiden, weniger Kinder würden zur Schule gehen und weniger junge Menschen könnten eine Ausbildung absolvieren“.
Diese Pläne würden den Ruf der Schweiz und ihre Sonderstellung in der Diplomatie gefährden. Das reiche kleine Land würde seinen internationalen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. In einer von Krisen zerrissenen Welt würden Kürzungen der humanitären Hilfe dazu führen, dass Menschen in großer Not ihre Überlebensmöglichkeiten verlieren. „Dies würde zu mehr Instabilität, Exil- und Migrationsbewegungen, auch in Richtung Schweiz, führen.“
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Charlotte Walser ist seit 2021 Teil des Bundeshaus-Teams der Tamedia-Redaktion. Die promovierte Philosophin ist seit 1995 als Journalistin tätig. Von 2010 bis 2020 war sie Bundeshaus-Korrespondentin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Sie hat auch für InfoSud und das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR gearbeitet.Weitere Informationen
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