Dax unter dem Einfluss der Politik – Die französischen Wahlen sorgen für Aufsehen

Dax unter dem Einfluss der Politik – Die französischen Wahlen sorgen für Aufsehen
Dax unter dem Einfluss der Politik – Die französischen Wahlen sorgen für Aufsehen
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FRANKFURT (dpa-AFX) – Nächste Woche beginnt für den Dax nicht nur eine neue Handelswoche, sondern auch die zweite Jahreshälfte. Der Fokus liegt daher nicht nur auf den nächsten Sitzungen, sondern auch auf den mittelfristigen Aussichten. Dies gilt umso mehr, als mehrere Termine vorgesehen sind, deren Bedeutung weit über das Zeitgeschehen hinausgeht. Erstens die französischen Wahlen an diesem Wochenende.

Das Sprichwort, dass politische Geldbörsen kurze Beine haben, könnte sich dieses Mal als unzutreffend erweisen. Tatsächlich hat der Wandel in der politischen Landschaft, den die Umfragen zeigen, eine Tragweite, die weit über Frankreich hinausgeht.

„Die Rassemblement National (RN), eine populistische und rechtsextreme Partei unter der Führung von Marine Le Pen, liegt in den Umfragen klar vorne, während sich gleichzeitig ein starkes linkes Bündnis bildete“, beschreibt Edgar Walk, Chefökonom bei Metzler, um die Situation zu erklären. „Beide Lager wollen Reformen rückgängig machen und mehr Sozialhilfe verteilen, was das aktuelle Defizit von rund 5,0 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf besorgniserregende 9,0 % erhöhen könnte.“

Dies würde an den Finanzmärkten nicht ohne Echo bleiben. Die Schwäche des französischen Aktienmarktes und die Entwicklung des Anleihenmarktes haben uns bereits einen Vorgeschmack gegeben. „Der Spread zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen hat sich ausgeweitet, was das wachsende Misstrauen der Anleger widerspiegelt“, sagt Walk. „Das sind – mit mehr als 50 % französischen Staatsanleihen – hauptsächlich ausländische Gläubiger, die ihre Anleihen bei schlechten Nachrichten schneller abstoßen als inländische Gläubiger.“ Daher wären Marktstörungen möglich.

Walk setzt auf das Vetorecht des französischen Präsidenten, um übermäßige Ausgaben zu vermeiden. Aber es gibt nicht viel zu gewinnen. „Die Wahlsieger werden die befürchtete Ausweitung des Defizits wahrscheinlich nicht durchsetzen können, aber auch die notwendigen Sparmaßnahmen werden sie nicht umsetzen können“, warnt der Ökonom.

Doch nicht nur die Wahlen in unseren Nachbarn sorgen für Unruhe. Auch die US-Präsidentschaftswahlen stehen vor der Tür. Zumal es nach dem jüngsten Fernsehduell nicht mehr nur um „Biden oder Trump“ geht. Tatsächlich sind Experten nach dem Auftritt des amtierenden US-Präsidenten, der zahlreiche Fragen zu seinem Gesundheitszustand aufgeworfen hat, davon überzeugt, dass ein kurzfristiger Wechsel des demokratischen Kandidaten nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Aber das würde den US-Wahlkampf verunsichern, was im Allgemeinen nicht gut für die Aktienmärkte ist.

Anleger nutzten diese Unsicherheiten, um von den stark gestiegenen US-Technologiewerten zu profitieren. Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Brokerhaus RoboMarkets, sieht in der Entwicklung des amerikanischen Halbleiterherstellers Micron ein Warnsignal. „Noch immer starke Umsätze und Gewinne sowie nach Angaben des Unternehmens ausverkaufte Speicherchips reichten den Anlegern nicht aus, die die Aktien verkauften“, sagt Molnar. „Wenn gute Nachrichten nicht mehr an der Börse ankommen, ist der Markt überkauft.“

Die Warnzeichen für den Dax sind daher alles andere als gut. „Nach einem Anstieg von neun Prozent im ersten Halbjahr und einer bisher leichten Korrektur könnte es für den Markt schwierig werden, dem Sommertief zu entkommen“, prognostizierte Molnar. „Zumal auch an der Wall Street die Schilder ausnahmsweise käuflich sind.“

Hinzu kommen Warnsignale aus der Volkswirtschaft. Ökonomen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sehen im aktuellen Ifo-Geschäftsklimaindex keinen einzigen Ausrutscher, sondern ein schlechtes Omen. „Bereits im Mai hatte das Geschäftsklima einen leichten Rückgang erlitten, zudem stagniert die Lagekomponente und die Erwartungen haben sich erneut verschlechtert“, heißt es in einer aktuellen Einschätzung. Dies dürfte auch in den kommenden Monaten spürbar sein. „Es ist wahrscheinlich, dass die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal nahezu stagniert und auch für das dritte Quartal die Vorstellungskraft für bessere Zeiten fehlt“, fügt die LBBW hinzu.

Auf grafischer Ebene hat das alles Spuren hinterlassen. „Mit seinem doppelten Verkaufssignal ist der Dax gerade in eine Konsolidierungsphase und eine Konsolidierungsspanne eingetreten“, bemerkte der technische Analyst Marcel Mussler. Anleger sollten sich daher bestmöglich auf einen richtungslosen Ausschlag vorbereiten, wobei Mussler eine Handelsspanne zwischen 17.626 und 18.567 Punkten nennt. Ein Durchbruch über oder unter einem dieser Niveaus wird für das weitere Geschehen entscheidend sein, auch wenn der technische Analyst einen Anstieg für unwahrscheinlich hält.

Die Anfang dieser Woche veröffentlichten Inflationsdaten könnten auch den Ton für die kommende Woche bestimmen. „Grundsätzlich bleibt der Inflationstrend in Deutschland und im Euroraum allgemein rückläufig, was der EZB zusätzlichen Spielraum für eine Senkung ihrer Leitzinsen im Laufe dieses Jahres geben dürfte“, sagte er Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck.

Auch von den USA kamen wichtige Impulse. Auf dem Programm stehen der ISM-Einkaufsmanagerindex für Juni und das Protokoll der letzten Notenbanksitzung. Es wird erwartet, dass sie auf Hinweise auf die künftige US-Geldpolitik untersucht werden, ebenso wie der wichtigste Wochenendindikator, der Stellenbericht vom Juni. Sollte es zu der erhofften Abschwächung kommen, könnten die Hoffnungen auf sinkende Zinsen wieder aufleben – und damit die eher düsteren Aussichten für die Aktienmärkte aufhellen./mf/tih/mis

— Par Michael Fuchs, dpa-AFX —

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