Seit Russland in die Ukraine einmarschiert ist, rüsten viele Länder, vor allem europäische, wieder auf. Doch die Schweizer Rüstungsindustrie profitiert davon nicht unbedingt und einige Hersteller stecken in Schwierigkeiten. Es geht um die Neutralität, die immer mehr Kunden abschreckt.
Die Schweizer Rüstungsindustrie steht angesichts des internationalen Exportmarktes unter Druck. Aufgrund ihrer Neutralitätspolitik verbietet die Schweiz den Export von Waffen in Kriegsländer und deren Verbündete. Potenzielle Käufer zögern deshalb, ihre Produkte in der Schweiz zu kaufen, da sie im Konfliktfall Einschränkungen befürchten.
Der in Zürich ansässige Hersteller Rheinmetall hat beispielsweise beschlossen, einen Teil seiner Produktion nach Italien zu verlagern, um die Schweizer Beschränkungen für Rüstungsexporte zu umgehen. Betroffen sind daher zunächst die Zulieferer, deren Bestellungen zurückgehen.
„Wir wurden gebeten, Komponenten und die für ihre Herstellung erforderliche Technologie an einen ausländischen Hersteller zu übertragen. Dadurch wird die gesamte Wertschöpfungskette für uns auf Null reduziert“, bedauert Patrick Meyer, Inhaber des KMU Carbomill, Hersteller von Hochpräzisionsteilen für den Zivilbereich und Militär sowie Kunde von Rheinmetall.
Mehrere europäische Länder meiden die Schweiz
Deutschland hat kürzlich beschlossen, Schweizer Unternehmen vom Kauf von Tarnnetzen auszuschließen. Letztes Jahr waren es die Niederlande, die beschlossen haben, keine Schweizer Waffen und Munition mehr zu kaufen. Und ähnliche Diskussionen finden in Dänemark und Spanien statt.
„Deutschland, die Niederlande und Dänemark sind die drei wichtigsten Abnehmerländer der Schweiz. Letztes Jahr kauften sie fast 40 Prozent aller Schweizer Waffenexporte. Sie haben sich jedoch entschieden, nicht mehr in der Schweiz einzukaufen“, alarmiert Matthias Zoller, Generalsekretär des Dachkonzerns Swissmem.
>> Siehe auch: Rückgang der Schweizer Exporte von Kriegsmaterial im Jahr 2023
Vertrauen zurückgewinnen
Die Schweizer Exporte von Kriegsmaterial sind grundsätzlich volatil. Doch im vergangenen Jahr verzeichneten sie einen deutlichen Rückgang, während andere Länder, insbesondere europäische, stark aufrüsteten.
„Die Schweiz und die Schweizer Rüstungsindustrie müssen das Vertrauen im Ausland zurückgewinnen. Denn wenn die Kunden die Schweiz weiterhin meiden, wird es für die gesamte Rüstungsindustrie schwierig“, schätzt Giuseppe Chillari, Direktor des Militärfahrzeugherstellers MOWAG.
In Bern arbeitet das Parlament bereits an einer Lösung, um die Rahmenbedingungen für den Export zu lockern und gleichzeitig die Neutralität des Landes zu wahren.
Der Bundesrat will Waffenexporte in bestimmte Kriegsländer ermöglichen
Fernsehthema: Julien Guillaume
Webadaption: Raphaël Dubois
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